Redakteur hat eine Schere im Kopf – und erinnert sich an Geheimtinte

3. Februar 2020 | Bildung und Wissenschaft | Ein Kommentar

Auch wenn eine Zensur nicht stattfindet: unser Autor hat bei dem Anblick unserer „Pflanze der Woche“ eine Schere im Kopf. Die Schere steigt ihm mitsamt unangenehmer Kindheitserinnerungen im heimischen Garten aus dem Unterbewusstsein auf.  Welches Kind wollte schon damals gerne im Garten helfen – was ja zumeist Frondienste waren, wie Wege sauber machen, Laub harken oder Rasen mähen. So ist das eben: Kinder mögen so manches nicht, worauf Erwachsene stehen. Oliven zum Beispiel nicht, weil die bitter sind. Bei der Tätigkeit mit der Schere, die von Vaterns kräftiger Hand geführt wurde (siehe rechts im Bild), fielen unzählige kleine Ästchen an. Die mussten wir mit bloßen Händen aufsammeln, in einen schweren Drahtkorb wuchten, den wir dann quer durch den Garten auf den Komposthaufen zerrten. Überhaupt: wie schwierig Gartenarbeit damals noch war: An Elektroscheren war noch nicht zu denken, und die Körbe waren aus dickem Draht, so schwer wie die verzinkte Blechgießkanne, die wir Kinder kaum heben konnten. Immer nach dem Zweige aufsammeln bekam unser Autor einen brennenden Hautausschlag: der damals jedoch nicht als Allergie oder Überempfindlichkeit auf unsere gesuchte Pflanze gewertet wurde. Allergien waren damals ohnehin nicht so populär wie heute.  Im Winter schmückten unsere Pflanze auch diese wunderhübschen dunklen, schwarzen Beeren, die in Rispen teils hingen, teils standen.

Sie reiften im Winter, und boten den daheim gebliebenen Vögeln reichlich Nahrung. Wir Kinder durften die Beeren nicht essen, wurden ausdrücklich vor deren Giftigkeit gewarnt. Großvater aber zeigte uns, wie man aus den Beeren Tinte machen konnte. Es war eine richtige „Zaubertinte“: die Beeren zerdrückte er in kleine Schnapsgläschen, goss ein wenig Wasser drauf. Dann gab er in das eine Glas etwas Backnatron, in das andere Zitronensäure aus diesen gelben Plastikzitronenflaschen, die es damals zu kaufen gab.  Wir Kinder staunten nicht schlecht: die eine Flüssigkeit war dunkelblau, die andere leuchtend rot. Opa gab uns Zahnstocher, zeigte uns, wie man mit damit und der Flüssigkeit auf Papier malen konnte: wie mit einer richtigen Tinte. Der Hammer kam aber erst: die Geheimtinte. Opa malte mit einer Backpulverlösung etwas auf Papier, ließ es eintrocknen. Nichts zu sehen! Dann nahm er etwas von der roten Tinte, und strich sie mit seinem Taschentuch da drüber: die vordem geheime Botschaft leuchtete blau vor rosa Hintergrund auf ! Natürlich haben wir geschworen, das Rezept niemals keinem weiter zu erzählen. Niemals, Ehrenwort! Bis heute.

OK, liebe Leser, und jetzt kommen, wie immer, die Fragen:


1.  Um was für eine Pflanze dreht es sich hier?

2. Was hat es mit diesem Hautausschlag auf sich?

3. Was hat die Pflanze mit bitteren Oliven gemein?

4. Was ist in den Beeren für ein „Zaubertinten-Farbstoff „enthalten?

5. Wie kommt es zu diesen geheimnisvollen Farbwechseln?

(C.-H.)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Fürs Heubett ungeeignet, aber schön“): der Wiesenpippau, Crepis biennis.

Gork vom Ork vermutete richtig. Beschrieben war der Wiesen-Pippau Crepis bennis (Familie: Korbblütengewächse Asteraceae, Unterfamilie: Cichorioideae, Gattung: Pippau Crepis). Man findet diese Pflanze recht häufig. Der Gattungsname Crepis kommt aus dem Lateinischen von crepida = Schuhsohle, Halbsandale. Dies bezieht sich auf die Form der Blätter. Pippau kommt aus dem Slawischen (polnisch pepewa) und ist eine Bezeichnung für den Löwenzahn. Der Artname kommt ebenfalls aus dem Lateinischen: biennis = zweijährig. Im Heu ist der Pippau unbeliebt, da die verholzten unteren Stängelteile pieksen.

(Hans Ferenz)

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Archiv: alle „Pflanzen der Woche“ von 2016-2020

 

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