Blätter für den Hustinettenbär

13. Januar 2020 | Bildung und Wissenschaft | Keine Kommentare

Der abgebildete, exotisch aussehende Zweig schmückte ein festliches Blumengesteck. Aus der einheimischen Flora schien er nicht zu stammen. Im Wohnzimmer platziert entströmte dem Gebinde alsbald ein an Krankenhaus erinnernder Geruch. Rasch war dieser Zweig als Verursacher identifiziert. Beim Zerreiben eines Blattstückes verstärkte sich der Duft erheblich. Nicht unangenehm, vielmehr befreiend für die leicht verschnupfte Nase. Damit hat der Zweig aber auch seine Herkunft verraten. Die Pflanze stammt von einem fernen Kontinent. Sie und ihre zahlreichen Verwandten bilden ätherische Öle, mit denen sie sich vor Vegetarier-Attacken schützen. Aber in Jahrmillionen währender Isolation erschlossen sich Spezialisten diese dürftige Nahrungsquelle, nötigt sie aber, energiesparend, faul und schläfrig in den Bäumen rumzuhängen. Sie tolerieren sogar die hohen Cyanid-Gehalte der Blätter. Hilflos sind sie allerdings den häufigen desaströsen Waldbränden ausgeliefert. Die ätherischen Öle ihrer Wohn- und Futterbäume lassen diese während der Hitzeperioden wie Zunder brennen. Oft genug werden sie den possierlichen Beutlern zu tödlichen Fallen.
1,8Cineol, alpha-Pinen, antioxidative Gerbstoffe sind die medizinisch wirksamen Bestandteile der ätherischen Öle. Eine vorsichtige Dosierung ist angeraten.
Einige der duftenden zu den Myrtaceen zählenden Baumarten versuchte man auch in Europa zu kultivieren. Das misslang aber meist wegen mangelnder Frostresistenz. Die Art, zu der Zweig gehört, erwies sich als hinreichend frostresistent. Die Pflanze ziert seit dem 19. Jhdt britische Gärten und Parkanlagen und gelangte von dort zu uns. Auffällig ist die „Verschiedenblättrigkeit“ (Heterophylie) der graugrünen, ledrigen Blätter. Bei jüngeren Exemplaren sind die Blätter mehr rundlich, bei alten dagegen länglich oval. Die Pflanze wächst sehr schnell und entwickelt einen geraden Stamm. Die Blüten entwickeln rote, gelbe oder weiße Blütenblätter. Der Baum braucht relativ viel Wasser und bevorzugt kalkarmes Wasser wie Regenwasser.
Welchen Baum suchen wir? Wo kommt er natürlicherweise vor? Wer frisst seine Blätter ohne Reue?

(H.J. Ferenz)

Auflösung des letzten Pflanzenrätsels („Stern von Bethlehem gleich Weihnachtsstern?“): Geldbaum, Crassula ovata)

Gesucht war der Pfennig- oder Geldbaum. Mit der Einführung der europäischen Währung hätte unsere Pflanze aus der Familie der Dickblattgewächse (Crassulacea) umbenannt werden müssen in Centbaum, um weiterhin als finanzieller Glücksbringer zu gelten. Als solcher wird sie nämlich gern symbolträchtig als Gast- oder Geburtstaggeschenk überreicht. Dickblatt, Elefantenbaum oder Speckeiche sind weitere volkstümliche Namen der Pflanze, die Wohlstand bringen soll.
Der Pfennigbaum ist pflegeleicht, ungiftig und ziert bei uns helle Wohnzimmer. Die sukkulente Pflanze ist ursprünglich in Südafrika zu Hause, wo sie in Gesellschaft von anderen Sukkulenten wie Aloe oder Euphorbia auf kargen, felsigen Untergründen gedeiht. Ihr natürliches Verbreitungsgebiet in sind die südafrikanischen Provinzen Ostkap und KwaZulu-Natal. Sie liebt frostfreie Standorte. Da sie nicht winterhart ist, eignet sie sich nicht für eine reine Gartenkultur. Aber in den warmen Sommermonaten gefällt es ihr auf dem Balkon oder auf der Terrasse. Bei fallenden Temperaturen im Herbst holt man sie wieder ins Haus.

Bei guter Pflege entwickelt sich innerhalb weniger Jahre aus einer kleinen Pflanze ein bis zu 1m hoher Baum mit dickem Stamm und kräftigen Ästen. Dieses Dickenwachstum ist vor allem deshalb wichtig, weil der stark verzweigte Strauch ansonsten seine zahlreichen, sehr dicken Blätter nicht mehr tragen kann
Mein mit mir gealtertes Exemplar hat mich in diesem Winter mit einer filigranen Blütenpracht überrascht. Darauf muss man lange warten. Denn die hübschen rosafarbenen oder weißen, sternförmigen Blüten werden erst ab einem Alter von rund zehn Jahren ausgebildet. Ein deutlicher Temperaturunterschied zwischen den Sommer- und Wintermonaten ist dafür vonnöten. Im südafrikanischen Winter entstehen nach erfolgter Befruchtung Kapselfrüchte mit vielen winzigen Samen. Auch bei uns liegt die Blütezeit in den Wintermonaten. Die Fruchtausbildung bleibt allerdings aus, da im Winter die Insekten zur Bestäubung fehlen.
Ihren Ruf als Glückspflanze verdankt die zu erratende Pflanze wahrscheinlich vor allem der Tatsache, dass sie sich sehr leicht über Kopf- und Blattstecklinge vermehren lässt und nahezu alle eingepflanzten Ästchen anwurzeln. Sie kann bei guter Pflege viele Jahrzehnte alt und sehr umfangreich werden.
(H.J.F.)

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