Nur noch 4 Tage Schule: „Eine Bankrotterklärung!“ – Kritik am neuen Modell des Bildungsministeriums

11. Juli 2022 | Bildung und Wissenschaft | 4 Kommentare

Sachsen-Anhalt erprobt als erstes Bundesland das neue sogenannte 4+1 Projekt an Schulen – Ein Modellprojekt zur Unterrichtsorganisation bei welchem Schülerinnen und Schüler nur noch an 4 Tagen in der Woche zur Schule kommen müssen. Doch in der Politik und den Lehrergewerkschaften spricht man bereits von einer „Bankrotterklärung“ des Bildungsministeriums.

Dieses erklärte jüngst, dass mit dem neuen Modellprojekt, welches zunächst nur an 12 Sekundar- und Gemeinschaftsschulen im Land getestet wird, mehr Flexibilität bei der Unterrichtsplanung und -Unterrichtsdurchführung geschaffen werden soll. An vier Tagen in der Woche soll demnach regulärer Präsenzunterricht stattfinden, während der fünfte Tag für individuell planbare praxisnahe, digitale, hybride oder Phasen des selbst organisierten Lernens genutzt werden soll.

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) sieht genau diese Idee jedoch als große Gefahr. Schließlich müsse ein solcher Distanzlerntag eigentlich extrem gut vorbereitet, durchgeführt und nachbereitet werden, um ihn sinnvoll in den Unterrichtsalltag einzubetten. In der Praxis würde der spontan eingeführte Wochentag demnach entweder wertvolle Zeit vergeuden oder aber deutlich mehr Aufwand für die ohnehin belasteten Lehrkräfte bedeuten. Der Verbandspräsident des Deutschen Lehrerverbandes sprach zudem von einem „Sparmodell“, welches dem Ministerium in erster Linie nur helfen solle, die Unterrichtsausfallstatistik zu schönen.

Und auch seitens der Politik wird inzwischen immer mehr Kritik, sowohl an der Idee wie auch dem Vorgehen des Bildungsministeriums laut. So erklärte etwa Katja Pähle, die Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecherin der SPD, dass der Landtagsbeschluss, der auch von ihrer Partei mitgetragen wurde, lediglich Unterrichtsorganisation in der Schule, und nicht etwa die Verlagerung aus der Schule vorsah. „Ziel des Beschlusses war eigentlich, für den Unterricht zeitliche Freiräume für die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern zu schaffen und gleichzeitig die Lehrkräfte nicht mit mehr Unterricht zu belasten.“ Sie forderte daher CDU-Bildungsministerin Feußner auf, zu ihrem eigenen Vorschlag zu stehen und die Verantwortung nicht auf die Fraktionen abzuschieben. Schließlich sei er innerhalb der Koalition nicht abgestimmt worden.

Auch die Links-Fraktion gab sich über das aktuelle Geschehen erzürnt. So sei von den Regierungskoalitionen lediglich von dem inneren Organisationsmodell einer 80 + 10 Minuten Teilung des Unterrichts die Rede gewesen, zu keinem Zeitpunkt aber eine 4-Tage-Woche erwähnt worden.

In einer Mitteilung zu diesem Thema kritisierte die Fraktion außerdem, dass es der CDU schlich darum ginge, die Schulpflicht aufzuweichen und die Schülerinnen und Schülern der Sekundar- und Gemeinschaftsschulen für einen Tag aus der Verantwortung durch die Schulen zu entlassen.

„Man muss sich aber fragen, warum diese „Innovation“ nur für Sekundar- und
Gemeinschaftsschulen so wichtig ist, dass sie möglichst schnell in den Regelbetrieb überführt werden soll, und für Gymnasien nicht.“, so die Fraktion weiter. – Die Begründung fände sich in der Unterrichtsversorgung, die bei Gymnasien weiterhin im Schnitt bei fast 100 Prozent liegt und bei Sekundar- und G­emeinschaftsschulen im kommenden Schuljahr offiziell weit unter 90 Prozentliegen wird!

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