Neue Studie zeigt: Gefühlte Macht entscheidet über Liebesglück

28. Juni 2021 | Bildung und Wissenschaft, Soziales, Vermischtes | Ein Kommentar
Männer und Frauen sind in Beziehungen besonders zufrieden, wenn beide das Gefühl haben, die ihnen wichtigen Entscheidungen treffen zu können. Dabei geht es weniger um die tatsächliche, objektive Macht, sondern um die persönliche Wahrnehmung der Situation. Das zeigt eine neue Studie von Forschenden der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und der Universität Bamberg, die in der Fachzeitschrift „Journal of Social and Personal Relationships“ veröffentlicht wurde. Im Rahmen der Studie hat das Team 181 heterosexuelle Paare zu Macht und Beziehungszufriedenheit befragt.

Macht hat, wer Menschen beeinflussen kann und den Einflussversuchen anderer erfolgreich widersteht. „Das klingt nach Ellenbogengesellschaft oder nach Geschäftsleben. Doch Macht spielt auch in romantischen Beziehungen eine Rolle: Das Gefühl, Entscheidungen etwa in der Ehe bestimmen zu können, hat einen entscheidenden Einfluss auf die erlebte Qualität der Beziehung.“, erklärt Robert Körner vom Institut für Psychologie der MLU. Frühere Studien zeigen, dass in Paarbeziehungen trotzdem nur selten ein Machtgleichgewicht herrscht. Meist hatten die Männer mehr Einfluss auf Entscheidungen als Frauen.

Die traditionellen Geschlechterrollen haben sich jedoch verändert. „Insbesondere in westlichen Gesellschaften sind Liebesbeziehungen gleichberechtigter geworden.“, sagt Körner. Gemeinsam mit der Persönlichkeitsforscherin Prof. Dr. Astrid Schütz von der Universität Bamberg ist er der Frage nachgegangen, welchen Einfluss Macht und Machtempfinden bei Paaren haben. Hierfür befragten sie 181 heterosexuelle Paare, die bereits mindestens einen Monat zusammenlebten. Die Befragten waren zwischen 18 und 71 Jahre alt und im Durchschnitt seit acht Jahren in einer Beziehung. Das Team untersuchte, wie tatsächliche und wahrgenommene Macht verschiedene Aspekte von Beziehungen – etwa Zufriedenheit und Engagement – beeinflussen und welche Effekte sie auf die Beziehungsqualität haben. Erfragt wurden unter anderem die Bewunderung für den Partner oder die Partnerin, das Vertrauen, die Zufriedenheit mit dem Sex, Gefühle von Unterdrückung und Einschränkung sowie Engagement und Bereitschaft, in die Beziehung zu investieren. „Darüber hinaus haben wir die Machtbalance berechnet, um zu untersuchen, inwieweit die Ausprägungen innerhalb der Paargemeinschaft ähnlich waren.“, so Körner weiter.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Männer nach wie vor mehr positionelle Macht besitzen – basierend auf höherem Einkommen und höherem Bildungsstand. Auch das Bedürfnis, Entscheidungen generell zu treffen, war bei den Männern im Durchschnitt stärker ausgeprägt. Interessanterweise zeigen die beiden Faktoren jedoch keinen Einfluss auf die erlebte Beziehungsqualität. Gleiches gilt für die Machtbalance: Selbst wenn sich Männer und Frauen innerhalb der Paargemeinschaft bezüglich der gemessenen Parameter stark ähnelten, konnte kein Zusammenhang zur Beziehungsqualität festgestellt werden. „Das Ergebnis hat uns selbst überrascht, da bisherige Untersuchungen häufig einen direkten Zusammenhang zwischen Machtgleichgewicht und beziehungsbezogenen Ergebnissen nahegelegt haben.“, sagt Körner.

Am glücklichsten mit ihrer Beziehung waren jene Paare, bei denen beide Partner über ein hohes Maß an persönlichem Machtgefühl berichteten. „Offenbar sind vor allem die subjektiv erlebte Macht und das Gefühl, frei handeln zu können, für die Beziehungsqualität bedeutsam.“, schlussfolgert Körner. Bei den meisten dieser Paare gaben beide Geschlechter an, bei wichtigen Entscheidungen ihre Bedürfnisse durchsetzen zu können. Laut Psychologin Schütz ist das nicht zwingend ein Widerspruch: „Möglicherweise erstreckt sich der jeweilige Einfluss auf verschiedene Aspekte der Beziehung. Sie möchte vielleicht entscheiden, wohin es in den Urlaub geht, während er das Lokal für das Abendessen aussucht. Zu beachten ist dabei, dass unsere Stichprobe relativ zufriedene Paare umfasste, was effektives Verhandeln begünstigt. In anderen Partnerschaften bestehen hier durchaus Konfliktpotenziale.“ Wichtig sei jedoch offensichtlich, dass beide Beteiligte über Aspekte entscheiden, die ihnen wichtig sind.

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