Nach drei Jahren Beratung: Land beschließt neues Hochschulgesetz

7. Mai 2020 | Bildung und Wissenschaft | Ein Kommentar

Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat heute das neue Hochschulgesetz beschlossen. Die Kernpunkte: mehr Ausgründungen, mehr Autonomie und mehr Mitsprache aller Hochschul-Gruppen.  Ein wichtiger Punkt des neuen Hochschulgesetzes ist die Ausweitung der wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten. Künftig sollen Hochschulen, deren wissenschaftliches Personal und interessierte Partner aus der Wirtschaft leichter gemeinsame Unternehmen gründen oder sich an diesen beteiligen können.

Hochschulen können Unternehmensgründungen künftig mit eigenen Mitteln fördern sowie Gründerinnen und Gründern Zugang zu Laboren, Bibliotheken oder der IT-Infrastruktur ermöglichen. Professoren und Professorinnen können sich nun für einen gewissen Zeitraum beurlauben lassen, um Gründungen zu begleiten und so den Wissens- und Technologietransfer voranzubringen.
Neben der Ausweitung der wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten sieht das jetzt beschlossene Hochschulgesetz weitere Neuerungen vor:

Mehr Autonomie und weniger Bürokratie bei Berufungen

Um Professuren noch schneller besetzen zu können, wurde das Berufungsrecht nunmehr vollständig auf die Hochschulen übertragen; eine Zustimmung des Wissenschaftsministeriums zum konkreten Berufungsvorschlag ist künftig nicht mehr erforderlich. Ebenso können Hochschulen jetzt schneller und flexibler auf Abwerbe-Angebote für ihre Professorinnen und Professoren durch andere Hochschulen reagieren.

Mehr Mitbestimmung für alle Hochschulmitglieder
Das neue Gesetz soll die Mitwirkungsrechte aller Hochschulmitglieder in den akademischen Gremien stärken. Der Senat, in dem die Hochschullehrer/-innen die Mehrheit der Sitze und Stimmen haben, kann über Planungen zu Hochschulstruktur und -entwicklung sowie Zielvereinbarungen und Wirtschaftsplanung künftig nicht nur mitberaten, sondern auch wieder mitentscheiden.

Neue Wege zum Doktorgrad
Studierende von Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW, früher Fachhochschulen) können künftig auf unterschiedlichen Wegen den Doktorgrad anstreben: Zum einen über HAW-Professoren und Professorinnen, die in eine Fakultät einer Universität kooptiert werden und so die „eigenen“ Doktoranden betreuen können. Zum anderen kann das Wissenschaftsministerium besonders forschungsstarken HAW-Fachbereichen ein eigenes Promotionsrecht verleihen.

Verbesserung der Gleichstellung von Frauen und Männern
Ein weiteres wichtiges Ziel des neuen Gesetzes ist die Verbesserung der Gleichstellung von Frauen und Männern an Hochschulen. Dafür soll die Besetzung von Gremien und Kommissionen nach dem Grundsatz der paritätischen Repräsentanz erfolgen. Bei der Berücksichtigung von Berufungsvoraussetzungen können künftig auch Zeiten von Kindererziehung und Pflege Beachtung finden. Darüber hinaus erhalten die Gleichstellungsbeauftragten der Fachbereiche ein aktives Stimmrecht in den Berufungskommissionen.

Berechenbare Karrierewege
Das neue Gesetz schreibt die Tenure-Track-Professur ausdrücklich fest und erweitert das Verfahren um eine Beförderungsoption. Die Professur richtet sich an junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der frühen Karrierephase und sieht nach erfolgreicher Bewährung den unmittelbaren Übergang in eine Lebenszeitprofessur vor. Dadurch sollen  wissenschaftliche Karrierewege an Sachsen-Anhalts Hochschulen planbarer und berechenbarer werden.

Langzeitstudiengebühren werden abgeschafft
Bislang mussten Studierende ab dem fünften Semester nach Überschreiten der Regelstudienzeit eine Gebühr von 500 Euro pro Semester zahlen. Dass die Gebühren nun abgeschafft werden, trage auch dem Umstand Rechnung, dass viele Studierende zur Finanzierung des Lebensunterhaltes arbeiten und sich das Studium dadurch verlängert, sagte Wirtschaftsminister Armin Willingmann.

Auch Corona schrieb am neuen Gesetz mit 

Die Verhandlungen zum Hochschulgesetz innerhalb der Koalition haben insgesamt mehr als drei Jahre gedauert. „Bis zuletzt haben wir als Koalition an dem Gesetzentwurf gearbeitet. Dadurch konnten viele Anregungen und Hinweise des Anhörungsverfahrens noch berücksichtigt werden. Selbst in der letzten Ausschusssitzung am 23. April 2020 haben wir noch Änderungen in Reaktion auf die Corona-Pandemie vorgenommen. Künftig wird es möglich sein, Gremiensitzungen an Hochschulen auch digital abzuhalten.

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