Massengrab aus Halberstadt belegt neue Facette jungsteinzeitlicher Gewalt

26. Juni 2018 | Bildung und Wissenschaft | Keine Kommentare

Eine kürzlich im Online-Journal „Nature Communications“ vorgestellte Studie gibt Kenntnisse darüber, dass im Harzvorland vor ca. 7.000 Jahren eine Gruppe von jüngeren und ortsfremden Erwachsenen gezielt zu Tode gebracht wurde.

Das Zeitalter der ersten Bauernkulturen brachte nicht nur Ackerbau und Viehzucht nach Mitteleuropa, sondern auch die Anlage fester Siedlungen und ausgewiesener Bestattungsplätze.
Zu Beginn der Jungsteinzeit in unserer Gegend, wurden Tote in der Regel sorgfältig in eigenen Gräbern beigesetzt, mit verschiedenen Grabbeigaben ausgestattet und ihre Körper zumeist in angehockter Seitenlage arrangiert. Diese Bestattungsart zeugte wie die Brandbestattung von Fürsorge der Hinterbliebenen für die Verstorbenen.

Seit den 1980er Jahren sind jedoch auch einige wenige Massengräber und andere Fundstellen aus Deutschland, wie beispielsweise Talheim und Wiederstedt bekannt geworden, die aus dieser Kultur stammen und sich von der regelhaft angelegten Bestattung unterscheiden. In den meisten Fällen weisen diese noch erhaltenen menschlichen Skelettreste deutliche Spuren tödlicher Schädelverletzungen auf.

Im Jahr 2013 wurde durch ein Grabungsteam des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt ein neues Massengrab in Halberstadt entdeckt. Datierungen belegen, dass das Grab in den selben Zeithorizont fällt, wie die bereits bekannten Massaker aus anderen Teilen Deutschlands und Österreichs. Neu ist jedoch die Verteilung der Schädelverletzungen an den Skeletten aus Halberstadt. Diese unterscheiden sich deutlich von denen anderer Fundorte.

Anthropologe und Archäologe Christian Meyer dokumentierte gemeinsam mit seinen Kollegen, dass die tödlichen Schläge nahezu ausschließlich auf einen bestimmten Bereich des Hinterkopfes zielten. Zu den Opfern zählten bis auf eine Ausnahme, ausschließlich jüngere Männer, die neben den schwerwiegenden Verletzungen kaum andere Gebrechen aufwiesen. Auch Kinder fehlen im Massengrab aus Halberstadt völlig.
Knochen- und Zahnschmelzanalysen belegen, dass die Getöteten aus dem Massengrab nicht aus der Siedlung in Halberstadt stammten. Die durchgeführten archäologischen, anthropologischen und naturwissenschaftlichen Analysen geben den Nachweis, dass es sich hierbei um die älteste bisher bekannte gezielte Tötung von Gefangenen handelt.

 

Für weitere Informationen:

Aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichung (open access) vom 25.06.2018:
C. Meyer, C. Knipper, N. Nicklisch, A. Münster, O. Kürbis, V. Dresely, H. Meller, K. W. Alt (2018)
Early Neolithic executions indicated by clustered cranial trauma in the mass grave of Halberstadt. Nature Communications 9, 2472.
Online-Version des Artikels: https://www.nature.com/articles/s41467-018-04773-w

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