Leopoldina-Präsident Gerald Haug beglückwünscht Leopoldina-Mitglied Carolyn R. Bertozzi zum Nobelpreis für Chemie

5. Oktober 2022 | Bildung und Wissenschaft | Keine Kommentare

Die US-amerikanische Biochemikerin Carolyn R. Bertozzi, Mitglied der Leopoldina, wird mit dem diesjährigen Nobelpreis für Chemie geehrt.
Bertozzi erhält die Auszeichnung gemeinsam mit Morten Meldal (Dänemark) und K. Barry Sharpless (USA) für die Entwicklung der sogenannten Klick-Chemie sowie für grundlegende Beiträge im Bereich der bioorthogonalen Chemie. Um wichtige, aber schwer fassbare Biomoleküle auf der Oberfläche von Zellen ‒ Glykanen ‒ abzubilden, entwickelte Bertozzi Klickreaktionen, die in lebenden Organismen wirken. Ihre bioorthogonalen Reaktionen finden statt, ohne die normale Chemie der Zelle zu stören. Diese Reaktionen werden jetzt weltweit verwendet, um Zellen zu erforschen und biologische Prozesse zu verfolgen. Mithilfe von bioorthogonalen Reaktionen haben Forscher das Targeting von Krebspharmazeutika verbessert. Dies wird jetzt in klinischen Studien getestet.

Der Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina Gerald Haug gratuliert der US-amerikanischen Forscherin: „Carolyn R. Bertozzi hat die Klick-Chemie in eine neue Dimension geführt. Damit können Krankheiten wie Krebs auf völlig neue Art und Weise untersucht werden. Für diese wegweisende Forschung ist sie nun mit dem Chemie-Nobelpreis ausgezeichnet worden. Es freut uns, dass diese Ehre erneut einem Mitglied der Leopoldina zuteil wird.“


Carolyn R. Bertozzi (Jahrgang 1966) gilt als Pionierin der Glykobiochemie. Sie befasst sich mit der Funktion von Glykanen an Zelloberflächen. Diese Zuckerreste spielen eine wichtige Rolle bei der Kommunikation und dem Stoffwechsel von Zellen und verändern sich bei Krankheiten. Um dies in lebenden Zellen beobachten zu können, hat sie mit der bioorthogonalen Chemie ein neues Forschungsgebiet etabliert. Mit ihrem Interesse für die Glykane hat Bertozzi sich auf ein bis dahin kaum erforschtes wissenschaftliches Terrain begeben. Vermutlich ist ein großer Teil aller Proteine glykosyliert. Bertozzi will verstehen, welche Aufgabe diese Zucker in biologischen Prozessen haben und wie sich Glykosylierungsmuster im Verlaufe der Alterung des Menschen oder durch Krankheiten spezifisch verändern. Auf dieser Basis können Methoden zur Früherkennung und auch Therapie etwa von Krebs, Infektionskrankheiten oder Autoimmunkrankheiten
entwickelt werden. Bislang gab es kein Verfahren, mit denen sich diese Moleküle gezielt beobachten ließen. Mit der von Carolyn Bertozzi
entwickelten bioorthogonalen Chemie ist das nun möglich. Dabei können Moleküle in lebenden Zellen chemisch so modifiziert werden, dass sie sich beobachten lassen.


Carolyn R. Bertozzi studierte Chemie an der Harvard University und wurde 1993 an der University of California in Berkeley, USA, promoviert. Nach einem Forschungsaufenthalt in der American Cancer Society in San Francisco lehrte sie in Berkeley von 1996 bis 2002 als Assistant Professor Chemie. Seit 2002 ist sie dort als Professorin für Chemie und Molekular- und Zellbiologie tätig. 2006 wurde sie als Direktorin von „The Molecular Foundry“ am Lawrence Berkeley National Laboratory berufen. Im Jahr 2015 trat sie eine Professur für Chemie an der Stanford University und am Stanford Chemistry, Engineering & Medicine for Human Health Institute (ChEM-H Institute) an. Carolyn Bertozzi wurde mit zahlreichen Preisen für ihre wissenschaftlichen Leistungen geehrt. Darunter mit dem Ernst Schering-Preis 2007, der Albert Hofmann-Medaille der Universität Zürich 2009, dem Tetrahedron Young Investigator Award for Bioorganic and Medicinal Chemistry 2011, dem Heinrich Wieland-Preis 2012 und 2022 mit dem Wolf-Preis in Chemie. Carolyn Bertozzi ist seit 2008 Mitglied der Leopoldina in der Sektion Chemie.


Der Nobelpreis für Chemie ist derzeit mit insgesamt zehn Millionen schwedischen Kronen (umgerechnet rund 920.000 Euro) dotiert. Das Preisgeld erhalten die drei Preisträger zu gleichen Teilen. Alle Nobelpreise werden den Preisträgerinnen und Preisträgern traditionell am 10. Dezember überreicht, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel. Die Leopoldina hat mehr als 1.600 Mitglieder, darunter sind nunmehr 37
Nobelpreisträgerinnen und Nobelpreisträger. Das Mitgliedsprofil von Carolyn Bertozzi ist hier abrufbar:


https://www.leopoldina.org/mitgliederverzeichnis/mitglieder/member/Member/show/carolyn-bertozzi/

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