Holz hat was

29. Februar 2020 | Bildung und Wissenschaft | Ein Kommentar

Die Natur bietet ein großes Reservoir von Materialien, die sich seit Millionen von Jahren durch permanente Anpassung als Baustoffe bewährt haben. Man versucht heute nicht, die Natur zu kopieren, sondern ihre Prinzipien und Konstruktionen zu verstehen und in abgewandelter Form technisch anwendbar zu machen. Z.B.:
Holz
Cellulose ermöglicht Pflanzen krautige Strukturen zu bilden. Um standfest zu sein und als Bäume in die Höhe wachsen zu können, bilden Pflanzen zusätzlich Lignin und lagern es in ihre Zellwände ein und bewirken dadurch die Verholzung der Zellen. Lignin stellt ein dreidimensionales Netzwerk dar und wirkt als der eigentliche Stützbaustoff der verholzten Pflanzenteile. Es wird bei verstärkter Druckbelastung (Biomechanik) in die Zellwände eingelagert (Lignifizierung). Die Fähigkeit, Lignin zu synthetisieren, war Vorbedingung für die Entwicklung der Höheren Landpflanzen. Neben seiner Stützfunktion hat Lignin offensichtlich auch Bedeutung bei der pflanzlichen Abwehr – zum einen bietet es mechanischen Fraßschutz, zum anderen verhindert nach Verletzung oder Infektion die Lignifizierung umliegender Gewebe die Ausbreitung von Parasiten oder Krankheitserregern. Trockenes Holz besteht zu 30 % aus Lignin, zu 40 % aus Zellulose und zu 30 % Hemizellulose. Lignin ist neben der Zellulose der häufigste organische Stoff der Erde. Lignin ist ein komplexes aus aromatischen Ringen bestehendes Polymerisat.

Jahresringe im Baumstamm

Das Holzgewebe erfüllt in der Pflanze Wasserleitungs-, Festigungs- und Speicherfunktionen. Auf dem Stammquerschnitt eines Baumes aus den gemäßigten Klimazonen sind konzentrisch um das Mark angelegte Jahresringe erkennbar, die durch periodisches Zellwachstum im Jahresverlauf zustande kommen.
Holz ist ein vielseitiger Baustoff, den der Mensch seit Urzeiten nutzt, ebenso wie manche Tiere. Wespen bauen z.B. ihre Nester aus Holz. Die Wespe sucht dafür trockenes (sog. “vergrautes”) Holz, welches seinen Ligninvorrat bereits erschöpft hat und nur noch aus Zellulose besteht, schält dieses mit ihrem Oberkiefer ab, speichelt es ein und zerkaut es. Mit diesem Papierbrei werden dann die Waben aufgebaut. Das fertige Nest erhält obendrein einen glänzenden Firnis aus Speichel. Das Nest wird nur selten mit dem Grundstoff aus einer einzigen Holzquelle errichtet und weist deshalb oft ein schuppenartiges, geschwungenes Muster auf seiner Außenseite auf. Dieses Streifenmuster ist bei jedem Wespennest unterschiedlich. Wespennester sind in ihrer Größe nicht limitiert, sofern genug Platz und Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Es kommt nicht selten vor, dass Nester so groß wie Fußbälle oder Medizinbälle werden. Gewöhnlich entdeckt man sie, wenn sie ungefähr so groß wie ein Handball sind. Wespen bauen Nester, um ihre Brut vor Wind und Wetter und vor Feinden zu schützen. Wespennester sind durch Lufttaschen thermisch gut isoliert. Bei extrem heißem oder kaltem Wetter heizen Wespen durch Flügelschlag das Nest auf oder bringen Wassertropfen in das Nest, um mittels Verdunstungskühlung eine konstante Temperatur von etwa 30 Grad Celsius zu halten. Alle ca. 100 in Europa vorkommenden Wespenarten der Familie „Faltenwespen“ verwenden für den Nestbau die papierartige Masse. Daher wird diese Familie auch „Papierwespen“ genannt.

Papierwespennest

Im Buch der Erfindungen von 1896 wird berichtet, dass der Webermeister Friedrich Gottlob Keller (1816-1895) in Sachsen aufgrund seiner Beobachtungen an Wespen die Idee hatte, Holzschliff zur Papierherstellung herzustellen. Damit schuf er die Grundlagen zur industriellen Großproduktion von billigem Papier. Der hohe Ligninanteil lässt solches Papier leicht vergilben.
Holz kann durch Verschwelen auch zum Haltbarmachen von Lebensmitteln verwendet werden (Räuchern). Geräuchert werden neben Fisch und Fleisch auch manche Käsesorten, Gemüse, Eier, Früchte sowie Tee, Tofu und Gerstenmalz. Im Rauch enthaltene Substanzen verhindern das Verschimmeln, verfestigen und trocknen die Oberfläche des Räuchergutes und verbessern den Geschmack.
Heizen mit Holz war für den Menschen überlebenswichtig und hat sich u.a. als Lagerfeuerromantik und BBQ-Events in seinem Bewusstsein verankert. Zwischenzeitlich von Kohle und Erdöl verdrängt ist Holz als nachwachsender Rohstoff wieder bedeutsam. Das muss aber wegen der resultierenden Feinstaubbelastung und CO2-Produktion kritisch betrachtet werden.
(H.J. Ferenz)

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