Herder-Gymnasium feierte 100. Geburtstag – Genscher kam

29. Januar 2013 | Bildung und Wissenschaft | Keine Kommentare

Groß gefeiert wurde am Dienstagabend im Johann-Gottfried-Herder-Gymnasium in Halle (Saale). Denn vor 100 Jahren wurde das Schulgebäude fertig gestellt und bezogen. Als Realreformgymnasium startete die Schule. Über all die Jahre wechselten die Bezeichnungen und Schulformen: Nietzsche, Engels und Fischer dienten als Namensgeber, seit der politischen Wende ist es nun das Herder-Gymnasium.

Kultusstaatssekretär Dr. Jan Hofmann lobte in seinem Grußwort, dass die Schule es über all die Jahres geschafft habe, die Herausforderungen hoch zu halten. „Das ist das Erfolgsrezept.“ Er hob hervor, dass die Einrichtung in besonderem Maße um die Förderung talentierter Schüler kümmert. Gleich zwei Bundesminister hat diese Schule hervorgebracht, und beide stammen aus Reideburg: Hans-Dietrich Genscher und Günter Krause, die auch beide zum Festakt gekommen waren. Er sei stolz sagen zu können, er sei auf das Herder-Gymnasium gegangen, meinte Genscher. Er berichtete von seiner Schulzeit – die als 15jähriger erst einmal prompt endete, als er zu den Flakhelfern eingezogen wurde. 1945 hat er dann in einem viermonatigen Schnellkurs das Abitur nachgeholt. 1997 hat dann Tristan Preuk, heute beim Stadtmarketing tätig, sein Abitur an dieser Schule abgelegt. Ein einfacher Schüler sei er bestimmt nicht gewesen, meinte Preuk in seinem Grußwort, da wären die frivolen Schülerzeitungsartikel, der Sitzstreik weil man im Winter nicht zur Hofpause wollte, die geplanten lauten Konzerte auf dem Schulhof…

Aus der Geschichte der Schule berichtete Stadtarchivar Ralf Jacob. Denn 1909 sind die Anfänge zu suchen. In der Turnhalle des Stadtgymnasiums in der Adam-Kuckhoff-Straße ging es los, bis dann 1913 das neue Gebäude stand. 625.000 Euro hat der Bau gekostet. Einige Standorte waren im Gespräch, letztendlich fiel die Entscheidung auf das Gelände von „Freibergs Garten“ – einem Ausflugslokal. „Ein Wunsch ist bis heute nicht in Erfüllung gegangen: der direkte Zugang zur Magdeburger Straße.“ 1930 gab es den ersten Schüleraustausch nach Mill Hill in England. Wie Jacob weiter berichtete, hatte die Schule einst ein eigenes Observatorium. Dies sei im April 1945 durch Flakgranaten weggesprengt worden. Das Zusammenleben mit den Nachbarn gestaltete sich auch nicht immer friedlich. Gerade die Bewohner der Friesenstraße 2 waren es, die immer wieder Beschwerden einbrachten, die es bis zur Stadtverordnetenversammlung schafften. Da wurde zum Beispiel über zu viel Licht an den Abenden geklagt, über Lärm aus der Turnhalle… doch die Beschwerden wurden abgewiesen. Beschwerden gab es auch über die niedrigen Raumtemperaturen. Daraufhin wurden Doppelfenster eingebaut. Und selbst politische Aktivitäten hat die Schule lange versucht, zu unterbinden. Denn bereits 1920, so Jacob, seien Schüler mit Hakenkreuzsymbolen aufgetaucht. 1932 berichtete eine Zeitung über „skandalöse Vorgänge“. Juden würden geschützt, war da zu lesen. Es hatte sich nämlich eine NSDAP-Jugendgruppe gegründet. Der Rektor lud daraufhin zur offenen Diskussion in die Aula. Jacob berichtete aber auch über Schülerstreiche. Da hatte ein Schüler gefälschte Arztbescheinigungen vorgelegt. Er habe ein Furunkel am After, der Arzt rate zu ausgedehnten Spaziergängen… das sorgte für Lacher im Publikum.

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