Experten antworten auf Klimaskeptiker: Das Hallespektrum-Interview zu einem umstrittenen Gastauftritt eines ‚Klimaskeptikers‘ in der MZ

23. Dezember 2017 | Bildung und Wissenschaft | 7 Kommentare

Letzte Woche, am 13. 12. 2017, erschien in der „Mitteldeutschen Zeitung“ ein als „Gastbeitrag“ gekennzeichneter Artikel des emeritierten Professors für Geologie, Karl-Friedrich Ewert. Darin bestreitet Ewert wesentliche wissenschaftliche Modelle, dass menschliche Aktivitäten für die Erwärmung der Erdatmosphäre verantwortlich seien. Insbesondere bestreitet Ewert – der in seiner aktiven Berufszeit sich nicht mit Klima und Atmosphärenphysik befasst hat – unter anderem, dass Kohlendioxid ein wirksames Treibhausgas ist. Ewert ist den so genannten „Klimaskeptikern“ zuzurechnen. Er tritt als Aktivist des „EIKE“ (Europäisches Institut für Klima und Energie) auf.

EIKE e. V. ist kein Forschungsinstitut und publiziert nicht in wissenschaftlichen Fachzeitschriften. Der Verein wird von der Fachwelt  als aktive Lobbyorganisation betrachtet. EIKE und CFACT Deutschland teilen sich eine Postfachadresse in Jena. CFACT und CFACT Europe werden durch Konzerne finanziert (Quelle: Wikipedia) . Im Jahre 2008 gehörte beispielsweise das CFACT mit fast 600.000 Dollar zu den größten Spendenempfängern des Ölkonzerns ExxonMobil.

Die Redaktion der Mitteldeutschen Zeitung erklärte in einer Anmerkung, dass sie trotz mehrfacher Versuche  keinen  Wissenschaftler gefunden habe,  der schildern wollte, warum der Klimawandel auf menschliche Einflüsse zurückzuführen sei.  Zur Begründung habe es geheißen, niemand aus der Wissenschaft sei bereit, „wissenschaftlich nicht haltbare Positionen damit zu adeln, dass man ihnen echte Wissenschaft entgegensetzt“. HalleSpektrum hat den Versuch unternommen, mit  Wissenschaftlern darüber zu reden. Es hat problemlos funktioniert. Naturwissenschaftler des in Dessau-Roßlau ansässigen Umweltbundesamtes (UBA), unter anderen Dr. Thomas Voigt und Karin Kartschall, erteilten der Redaktion des HalleSpektrums Auskunft.

Hallespektrum: Wie beurteilen Sie den Gastbeitrag von Herrn Ewert hinsichtlich wissenschaftlicher Seriosität?

UBA: Zentrale Grundlage zur wissenschaftlichen Bewertung des Klimawandels stellen für uns die Berichte des IPCC dar.

Der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen –IPCC – wurde 1988 von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) gegründet. Aufgabe des IPCC ist es, die besten verfügbaren wissenschaftlichen, technischen und sozioökonomischen Erkenntnisse zu Klimaänderungen weltweit, umfassend und transparent zu bewerten.
Hunderte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der ganzen Welt erarbeiten die IPCC-Berichte. Sie führen keine gezielten Forschungsarbeiten zum Verfassen der Berichte durch, sondern werten die bis dahin weltweit erschienene Fachliteratur auf dem Gebiet der Klimaforschung aus. Die Berichte durchlaufen in ihrer Erarbeitungsphase einen umfassenden und transparenten Begutachtungsprozess durch Fachleute sowie Regierungsvertreterinnen und -vertreter, an dem alle Mitgliedsländer beteiligt sind.

Die Meinung von Herrn Ewert deckt sich dabei nicht mit der von 97% der weltweit Klimaforschenden. Diese sehen, bei der Bewertung der Ursachen des aktuellen Klimawandels, klar eine anthropogene Verursachung.
Veröffentlichungen von Herrn Ewert zum Klimawandel in wissenschaftlichen begutachteten Fachpublikationen sind uns nicht bekannt. (Hervorhebung durch die Red.)

Hallespektrum: Ewert zitiert als Begründung für seine These unter anderem ein „Physik-Lexikon“ von 1959: „Die Fakten bestätigen dagegen die Aussage des 1959 veröffentlichen Frankes-Lexikons der Physik: „CO ist als Klimagas infolge seiner geringen Absorptionskapazität bedeutungslos.“ Ist dies heutiger, anerkannter Stand der Wissenschaft?

UBA: Es ist tatsächlich so, dass eine bestimmte Menge CO2 (z. B. 1kg) im Vergleich zu anderen Treibhausgasen ein relativ geringes spezifisches Erwärmungspotential (engl. ‚Global Warming Potential/ GWP’) hat. Die gleiche Menge Methan entfaltet in dem üblicherweise beim IPCC betrachteten 100 Jahres-Zeitraum etwa die 30-fache und Lachgas sogar die 265-fache Klimawirksamkeit (IPCC, 2013). Trotzdem ist die gesamte durch CO2 verursachte aktuelle Klimawirkung aufgrund seiner enorm großen Emissionsmengen global gesehen fast doppelt so groß wie die des Methans und nahezu 10 mal größer als die von Lachgas (IPCC, 2013). Die Rolle des CO2 als wichtigstes anthropogenes Treibhausgas ergibt sich also aus der riesigen emittierten Menge, wie 2016 mit weltweit etwa 36 Milliarden Tonnen allein aus anthropogenen Quellen. Die ‚Unterschätzung‘ des CO2 als Treibhausgas in Frankes ‚Lexikon der Physik‘ von 1959 beruht wahrscheinlich darauf, dass die riesigen künftigen Emissionsmengen und deren Anreicherung in der Erdatmosphäre vor etwa 60 Jahren noch kein großes Thema war.

Die Aussagen des UBA zu Fragen der globalen Klimaänderung basieren auch deshalb auf aktuellen Berichten des IPCC bzw. auf aktuellen Publikationen der wissenschaftlichen Literatur.

(Die strahlungsphysikalischen Eigenschaften des CO2 werden ausführlicher noch einmal weiter unten diskutiert.)

HalleSpektrum: Die Ursachen des Anstiegs der CO2-Konzentration werden in den Medien oft kontrovers diskutiert. Welche Nachweise existieren, dass der Anstieg auf menschliche Aktivität zurück zu führen ist (Isotopenmessungen?) Wie funktionieren diese Methoden?

UBA: Fossiler Kohlenstoff hat eine besondere Isotopenzusammensetzung. Isotopenanalysen der Atmosphäre zeigen, dass die Kohlenstoffmenge dieses Isotopenverhältnisses in unserer Atmosphäre in dem Maße gestiegen ist, wie die vom Menschen verursachten CO2-Emissionen wuchsen. Das liefert klare Hinweise dafür, dass die Verbrennung fossiler Energieträger die Ursache des Anstiegs der dortigen CO2-Konzentration ist. Außerdem weiß man, wie viel fossile Brennstoffe weltweit verbrannt werden und wie viel CO2 dabei in die Atmosphäre gelangt und dort zu der gut nachweisbaren Steigerung der CO2-Konzentration beiträgt. Hier sind die Zusammenhänge ebenfalls schlüssig nachvollziehbar.

HalleSpektrum: Was ist der atmosphärische Treibhauseffekt, und wie funktionieren „Treibhausgase“?

UBA: Bis zum Beginn der Industrialisierung waren die Auswirkungen menschlicher Eingriffe lokal oder regional begrenzt. Seit der Industrialisierung werden jedoch deutliche überregionale und globale Änderungen im Stoffhaushalt der Atmosphäre als Folge menschlichen Wirkens beobachtet. Ausdruck dafür ist der Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen seit etwa 1750. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Sie liegen im starken Anstieg der Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle, Erdöl oder Erdgas ebenso wie in der Ausweitung der industriellen Produktion, in Änderungen bei der Landnutzung oder in der Ausweitung der Viehwirtschaft. Zu den Treibhausgasen gehören Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Distickstoffmonoxid (N2O). Aber auch völlig neue Stoffe wie Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), Halone (enthalten Bromatome im Molekül) vollfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW), teilfluorierte Kohlenwasserstoffe (H-FKW), und Schwefelhexafluorid (SF6), die fast ausschließlich durch den Menschen erzeugt werden, gelangen in die Atmosphäre.

Alle diese Stoffe und Gase, zu denen auch Wasserdampf und Ozon gehören, haben eine besondere Eigenschaft. Sie lassen die von der Sonne (vor allem im sichtbaren, kurzwelligen Bereich) auf die Erde gelangende, energiereiche Strahlung relativ ungehindert passieren, absorbieren teilweise aber die im Gegenzug von der erwärmten Erdoberfläche abgegebene langwellige Strahlung. Hierdurch werden die Moleküle dieser Gase in einen so genannten energetisch angeregten Zustand versetzt, um nach kurzer Zeit unter Emission (Aussendung) infraroter Strahlung wieder in den ursprünglichen Grundzustand zurückzukehren. Die Emission von Wärmestrahlung erfolgt gleichmäßig in alle Raumrichtungen, das heißt zu einem erheblichen Anteil auch zurück zur Erdoberfläche („thermische Gegenstrahlung“). Damit diese zusätzlich zugeführte Energiemenge dennoch abgestrahlt werden kann (dies muss aus Gründen der Energieerhaltung bzw. des dynamischen, energetischen Gleichgewichts erfolgen, in dem sich Erde und Atmosphäre im Mittel befinden), muss die Erde eine entsprechend höhere Temperatur aufweisen. Dies ist, kurz und vereinfacht gesagt, die Natur des Treibhauseffektes. Die dabei beteiligten Gase werden allgemein als „Treibhausgase“ bezeichnet.

Die Wirkung des Treibhauseffektes ist erheblich. Ohne die natürlicherweise vorkommenden Treibhausgase wäre ein Leben auf unserem Planeten gar nicht möglich. Statt der vorherrschenden globalen, bodennahen Mitteltemperatur von circa 15 Grad Celsius, hätten wir ohne natürlichen Treibhauseffekt eine mittlere Temperatur von etwa – 18 Grad Celsius und die Erde wäre vereist. Der natürliche Treibhauseffekt sichert also unser irdisches Leben.

Durch die Zunahme der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre kommt es zu einem zusätzlichen Treibhauseffekt und zu einem Anstieg der bodennahen Lufttemperatur. Der natürliche Treibhauseffekt ist also lebensnotwendig – seine Verstärkung durch menschlichen Eingriff aber gibt Anlass zur Sorge. Jede Veränderung eines Klimafaktors (hier der Zusammensetzung der Atmosphäre) kann über vielseitige Wechselwirkungen zu weit reichenden und raschen Änderungen im gesamten Klimasystem führen. Da die Ökosysteme und auch unsere Zivilisation an die derzeitigen Klimabedingungen angepasst sind, können solche Änderungen bedrohliche Folgen haben.

HalleSpektrum: Welchen Anteil hat der Mensch am Ausstoß klimawirksamer Gase?

UBA: Blicken wir nur auf die letzten Jahrhunderte, so stellen wir fest, dass mit Beginn der Industrialisierung die Menschen begonnen haben, das Klima auf der Erde spürbar zu beeinflussen. Insbesondere durch unsere Lebensweise mit hohem Energieverbrauch geben wir immer mehr Treibhausgase in die Luft ab. Die dadurch steigenden Konzentrationen der Treibhausgase in der Atmosphäre verursachen den so genannten anthropogenen Treibhauseffekt. Dieser ruft eine zusätzliche Veränderung des Klimas hervor.

Für den Zeitraum der letzten 100 Jahre liegen sowohl Messungen meteorologischer Parameter wie der Temperatur als auch fundierte Erkenntnisse über das Klimasystem und dessen externe Beeinflussung vor. Diese Daten fließen in die Klimamodellierung ein.

Ergebnisse von Modellrechnungen zeigen, dass die Temperaturentwicklung der vergangenen 100 Jahre nur dann realistisch simuliert werden kann, wenn neben den natürlichen Einflüssen auf das Klima (wie z.B. Änderungen der Sonneneinstrahlung, Vulkanausbrüche) auch die anthropogenen Einflüsse (wie erhöhte Treibhausgaskonzentrationen) einbezogen werden. Besonders deutlich wird dies in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Sowohl die Simulationsrechnungen mit dynamischen als auch statistischen Modellen kommen zu dem Ergebnis, dass der größte Teil der globalen Erwärmung seit Mitte des 20. Jahrhunderts äußerst wahrscheinlich (Wahrscheinlichkeit 95-100 %) durch den Einfluss des Menschen hervorgerufen wurde (IPCC 2013). Dieser Teil der Klimaerwärmung wurde nicht durch natürliche Prozesse, sondern die Lebensweise der Menschen hervorgerufen und ist demzufolge auch durch unser Handeln in der Zukunft beeinflussbar.

HalleSpektrum: Es wird zuweilen argumentiert, dass die Infrarot-Absorption von CO2 aufgrund der schon hohen Konzentration bereits gesättigt ist, d.h. vom Erdboden aus bereits bei gegenwärtiger Konzentration alle Wärmestrahlung absorbiert werde, und folglich ein Anstieg der CO2-Konzentration nichts mehr bewirken könne. Stimmt das?

UBA: CO2 absorbiert („schluckt“) langwellige elektromagnetische Strahlung bestimmter Wellenlängen. Genauer gesagt, absorbiert das Gas die Strahlung in zusammenhängenden Wellenlängenintervallen, den sogenannten Absorptionsbanden. Es gibt zwei relevante CO2-Absorptionsbanden in einem Wellenlängenbereich um 4,3μm (Mikrometer) und um 15μm. In diesen Wellenlängenbereichen absorbiert CO2 von der Erdoberfläche und aus der Atmosphäre kommende langwellige elektromagnetische Strahlung.

Die 15μm – Bande ist im Zentralbereich – das ist der Wellenlängenbereich in der Mitte der Bande– tatsächlich schon weitgehend gesättigt.

Das bedeutet, dass zusätzlich in die Atmosphäre gelangendes CO2 auf die Absorption in diesem Teilbereich der Bande keinen Einfluss hat, weil das in der Atmosphäre befindliche CO2 die Wellenlängen in dem Teilbereich bereits vollständig absorbiert.

Dies gilt aber nicht für die Flanken- oder Randbereiche der 15μm-Bande, also für die Wellenlängen an den Rändern der Bande. In diesen Bereichen absorbiert zusätzlich in die Atmosphäre gelangendes CO2 langwellige Strahlung und bewirkt damit eine weitere Erwärmung. Eine detailliertere Übersicht zu den Absorptionsspektren von Treibhausgasen wird u.a. in der wissenschaftlichen Literatur als auch in international verfügbaren Datenbanken, wie z.B. der HITRAN-Datenbank der Havard-Universität, gegeben.

HalleSpektrum: Allgemein spricht Ewert davon, dass die Erde sowieso Klimaschwankungen unterliege, was auf astronomische Einflüsse zurück zu führen sei (Änderung der Achsneigung der Erde, Bahnänderungen, wechselnde Sonnenaktivität). Ist dies zutreffend, wenn man die letzten 200 Jahre und mögliche zukünftige Entwicklungen in naher Zukunft betrachtet?

UBA: Es ist richtig, das Klima hat sich in erdgeschichtlichen Zeiträumen häufig stark gewandelt. Vor etwa 100 Millionen Jahren war es auf der Erde deutlich wärmer. Nach einer starken Abkühlung wechseln seit nunmehr 2 bis 3 Millionen Jahren Eiszeiten und Warmzeiten einander ab. Betrachten wir einen Zeitraum von hunderten bis zu tausenden von Jahren, befinden wir uns – erdgeschichtlich gesehen – seit etwa 10.000 Jahren in einer Warmzeit. Aufgrund von Erkenntnissen der Paläoklimatologie, insbesondere aus Analysen von Sedimentkernen der Tiefsee, gilt es inzwischen als gesichert, dass die (Orbital)-Parameter des Erdumlaufs um die Sonne den Hauptschrittmacher für die quartären Eiszeit-Warmzeit-Zyklen bilden (10.000 bis 2 Millionen Jahre vor unserer Zeit), genauso wie für die Klimazyklen der vorangehenden geologischen Zeitalter. Diese Erdumlaufparameter variieren jedoch in Zyklen von etwa 20-, 40- und 100-tausend Jahren Dauer.

Klimaänderungen aufgrund veränderter Konzentrationen von Treibhausgasen in der Atmosphäre spielen sich aber in einem wesentlich kürzeren Zeitrahmen von 50-100 Jahren und vor allem mit einer sehr hohen Geschwindigkeit ab.

Es ist schlichtweg unbegründet, darauf zu hoffen, dass sich die Auswirkungen dieser klimatischen Veränderungen durch eine bevorstehende Eiszeit vermeiden lassen, da sich hier die steuernden Prozesse in sehr langen Zeitskalen bewegen. Unabhängig vom Langzeitverhalten einer System steuernden Größe können kurzfristige Schwankungen, welche die Anpassungsfähigkeit eines Systems überfordern, durchaus zum Kollaps desselben führen. Und zwar auch dann, wenn der Langzeittrend der Einflussgröße eine Anpassung des Systems gewährleistet hätte.

Für den von Ihnen nachgefragten Zeitraum der vergangenen 200 Jahre ist uns kein Nachweis einer Veränderung der Erdbahnparameter bekannt. Auch eine Zunahme der Sonnenaktivität scheidet als Begründung für die aktuell festgestellte globale Erwärmung aus, da diese in den vergangenen Dekaden nachweislich rückläufig ist. Deshalb bezeichnet der IPCC in seinem jüngsten Bericht eine anthropogene Verursachung der aktuellen Klimaänderung als extrem wahrscheinlich (größer als 95%).

HalleSpektrum: Existieren heute auf der Welt noch dauerhafte Kohlenstoffsenken, die den gegenwärtigen CO2-Ausstoß kompensieren?

UBA: Aktuell agieren die Weltozeane und die Biosphäre (z.B. die Pflanzenwelt) als große globale Senken, die jeweils etwa 25 % der global emittierten CO2-Menge aufnehmen.

Die Aufnahme von CO2 durch die Ozeane führt allerdings zu deren nachweislichen Versauerung, was gravierende Auswirkungen auf die ozeanische Flora und Fauna haben kann. Außerdem kann die durch die fortschreitende Klimaänderung verursachte Erwärmung der Meere deren physikalische Aufnahmekapazität für CO2 langfristig mindern.

Die Funktionalität der Biosphäre als große terrestrische CO2-Senke wird und wurde wiederum durch großflächige Änderungen der Landnutzung (z.B. Abholzung) beeinträchtigt.

HalleSpektrum: Ewert spricht davon, dass die Verbrennung fossiler Rohstoffe lediglich eine Art „Recycling“ sei, es werde nur der Kohlenstoff in die Atmosphäre entlassen, der in erdgeschichtlichen Zeiten aus dieser gebunden wurde.

UBA: Der Begriff ‚Recycling‘ ist hier fehl am Platze. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass hier innerhalb des erdgeschichtlich sehr überschaubaren Zeitraums von wenigen Jahrhunderten, fossile Energieträger verbrannt werden, die seit Millionen von Jahren in der Erdkruste eingelagert waren. Die jedes Jahr verbrannte Menge entspricht dabei etwa dem, was sich zur Zeit der Entstehung der Lagerstätten von Öl und Kohle in rund einer Million Jahre gebildet hatte. Diese massive Emission von CO2 hat bereits zu einer aktuellen CO2-Konzentration von 403,3 ppm (parts per million) (etwa 44% über dem vorindustriellen Wert) geführt, ein Wert der nach Angaben neuester Publikationen in den letzten 3 Millionen Jahren nicht erreicht wurde.

HalleSpektrum: Welches Szenario erwarten Sie, wird in naher Zukunft eher eine Erwärmung oder eine Abkühlung des globalen Klimas stattfinden?
(Hintergrund der Frage: in der aktuellen Sonderausstellung „Klimagewalten“ im Landesmuseum für Vorgeschichte werden diese Varianten am Ende der Ausstellung als scheinbar gleich möglich nebeneinander dargestellt.)

UBA: Hierzu gibt der Fünfte Sachstandsbericht des IPCC 2013 eine klare Antwort:

Die Simulationen mit Klimamodellen ergeben, dass ein anhaltender ungebremster Ausstoß von Treibhausgasen zu einer weiteren Erwärmung und zu Veränderungen in allen Komponenten des Klimasystems führen würde. Bisher beobachtete Veränderungen würden dabei verstärkt.

Bis Ende des 21. Jahrhunderts wird sich die Erwärmung der bodennahen Luftschichten fortsetzen. Alle zugrunde gelegten Emissionsszenarien zusammen genommen ergeben bis Ende dieses Jahrhunderts eine weltweite mittlere Temperaturzunahme, die von 0,9 bis 5,4°C reichen kann – immer gegenüber vorindustriellen Bedingungen. Allerdings haben wir einen Anstieg der globalen Mitteltemperatur von aktuell 1,0°C bereits erreicht.

Quellen:

IPCC 2013: Climate Change 2013. The physical science basis. Contribution of Working Group I to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. Stocker, T.F., D. Quin, G.-K. Plattner, M.M.B. Tignor, S.K. Allen, J. Boschung, A. Nauels, Y. Xia, V. Bex, P.M. Midgley (eds.) Cambridge University Press, Cambridge, New York, Melbourne, Madrid, Cape Town, Singapore, São Paolo, Delhi, Mexico City. Internet: http://www.ipcc.ch/report/ar5/wg1/#.UphlMSdMetM

Hallespektrum dankt den Mitarbeitern des Umweltbundesamtes ganz herzlich für die ausführlichen Antworten, insbesondere auch dafür, dass sie sich in der knappen Zeit vor den Weihnachtsfeiertagen noch so intensiv  mit unseren Fragen auseinandergesetzt haben.

(Red: HW, NK)

 

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