Das Kind liegt im Brunnen

2. August 2017 | Bildung und Wissenschaft | Keine Kommentare

Auf die Ankündigung aus dem Bildungsministerium, mit der nächsten Ausschreibung freier Stellen für Lehrkräfte endlich das Verfahren für die Stellenbesetzung weiter zu flexibilisieren, erklärt der bildungspolitische Sprecher der Fraktion, Thomas Lippmann:

„Der Bildungsminister ist immer erst dann bereit, auf Entwicklungen zu reagieren, wenn das Kind bereits im Brunnen liegt. Zum wiederholten Mal ist es ihm nicht gelungen, die ohnehin viel zu wenigen Stellen mit geeigneten Bewerbern zu besetzen. Weil dies längst bekannt und absehbar war, fordert ihn die Fraktion Die LNKE bereits seit dem 01. Juni letzten Jahres in einem Antrag auf, die Ausschreibungspraxis zu ändern, um endlich umfangreichere und schnellere Stellenbesetzungen zu ermöglichen. Dieser Antrag liegt bis heute zur Beratung im Bildungsausschuss „auf Eis“, weil der Minister immer wieder behauptet hat, eine Änderung der Praxis sei nicht erforderlich, weil er ja alle ausgeschriebenen Stellen fachgerecht besetzen könne. Selbst ein Beschluss des Landtages, der von den Koalitionsfraktionen auf den Weg gebracht wurde und der den Minister auffordert, mit den Absolventen unserer Staatliche Seminare Vorverträge abzuschließen, wurde von ihm schlicht ignoriert.

Dass nun zum Schuljahresbeginn 100 der fest versprochenen 370 Neueinstellungen auf absehbare Zeit nicht kommen werden, ist für die betroffenen Schulen eine Hiobsbotschaft. Ihre Unterrichtsversorgung wird damit deutlich unter 100 Prozent bleiben – und das trotz der ohnehin schon erfolgten Kürzung in der Lehrerzuweisung. Hinzu kommt, dass nicht einmal alle Stellen, die der Haushalt ermöglichen würde, überhaupt ausgeschrieben wurden – vom tatsächlichen Bedarf der Schulen gar nicht zu reden. Letztlich werden mit den realisierten 270 Neueinstellungen nicht einmal alle in der gleichen Zeit aus dem Schuldienst ausgeschiedenen oder zumindest für den Unterrichtseinsatz nicht verfügbaren Lehrkräfte (z.B. durch Elternzeit oder Langzeiterkrankung) ersetzt. Dies gilt auch für die zusammengerechnete Zahl von 930 Neueinstellungen seit Anfang 2016, denen eine mindestens genauso große Zahl von Lehrkräften gegenübersteht, die nicht oder nicht mehr im Unterricht eingesetzt werden können.

Zum Schuljahresbeginn werden weniger Lehrkräfte vor den Klassen stehen, als vor einem Jahr. Von einer Umkehr beim Personalabbau und einer Verbesserung der Unterrichtsversorgung kann angesichts dieser Fakten keine Rede sein. Gestiegen sind in dieser Zeit lediglich die Schülerzahlen – um etwa 5.000 seit Anfang 2016. Dies allein hätte einen Aufwuchs bei den Lehrkräften um 350 Vollzeitlehrer erfordert, nur um die Unterrichtsversorgung auf dem Niveau des Schuljahres 2015/16 von 100,9% zu halten. Bezogen auf den Beginn der Amtszeit von Minister Tullner wird die Unterrichtsversorgung am 10. August real unter 97% liegen, wobei die Schulformen unterschiedlich stark betroffen sind. Das ist ein Armutszeugnis für den Minister, die gesamte Landesregierung und die Koalition, das Konsequenzen erfordert. Eine derartige Verschlechterung der Bildungsqualität in unseren Schulen kann sich unser Land auf keinen Fall leisten.

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