100 Jahre Schweinerei

12. Januar 2017 | Bildung und Wissenschaft, Nachrichten, Natur & Gesundheit | 4 Kommentare

Die Entwicklung des Hausschweins in den letzten 100 Jahren steht im Zentrum eines neuen Forschungsprojekts, das am Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen (ZNS) der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) koordiniert wird. Gemeinsam mit nationalen und internationalen Partnern wollen die Wissenschaftler erforschen, wie sich das Hausschwein in dieser Zeit genetisch und körperlich verändert hat. Auch die Kulturgeschichte des Schweins und ethische Aspekte werden in dem Projekt beleuchtet. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt in den nächsten drei Jahren mit rund 490.000 Euro.

100 Jahre Schweinezucht

Untersucht werden zwei in Deutschland typische Hausschweinerassen, die bis heute erhalten sind. Als Vergleich zu einer Außengruppe dient das Wildschwein. Die Zucht von Schweinen ist sehr komplex, da verschiedene Aspekte miteinander vereinbart werden müssen. „Schweine sollen möglichst robust sein, schnell wachsen und viele lebende Nachkommen gebären und aufziehen“, sagt Dr. Frank Steinheimer, Leiter des ZNS an der Uni Halle. Diese Eigenschaften lassen sich aber selbst über aufwendige Kreuzungen nicht nach Belieben miteinander kombinieren. Weiter unterscheiden sich die Zuchtziele regional und je nach den Wünschen von Konsumenten und Landwirten. „Es gibt nicht die eine ideale Rasse, die in Deutschland gezüchtet und geschlachtet wird“, so Steinheimer weiter. Deshalb und auch als Reaktion auf Trends in der Ernährung verändern sich die gezüchteten Schweine im Laufe der Zeit immer wieder: Früher wurden vor allem Fettschweine gezüchtet, heute ist mageres Fleisch viel gefragter.

Die Forscher wollen nun herausfinden, ob sich die Folgen dieser Entwicklungen im Erbgut und Körperbau der Schweine beobachten lassen. Die Anfänge der Schweinezucht vor 200 Jahren und ihre Folgen für die Tiere sind dabei bereits gut erforscht. Anders sieht es mit den Veränderungen der Schweine während der letzten 100 Jahre aus. Um diese Lücke zu schließen, werden rund 60 historische Schweineskelette sowie deren Erbgut mit heutigen Exemplaren verglichen. Die historischen Proben stammen aus der Sammlung des Museums für Haustierkunde „Julius Kühn“ der MLU, das einen weltweit einzigartigen Bestand aus präparierten Haus- und Wildtieren sowie deren Skeletten beherbergt.

Über moderne Verfahren der sogenannten Geomorphometrie lassen sich etwa die Schädelform und Knochendicke genau bestimmen und vergleichen. Unterstützt wird das ZNS-Team dabei durch den Agrarwissenschaftler Prof. Dr. Hermann Swalve, der den Lehrstuhl für Tierzucht an der MLU innehat, und die hallesche Biometrie-Expertin Dr. Monika Wensch-Dorendorf. Am Leibniz-Institut für Nutztierbiologie in Dummerstorf und dem Museum für Naturkunde Berlin werden die DNA-Analysen und -Vergleiche durchgeführt. Mit kulturhistorischen und tierethischen Fragen beschäftigt sich darüber hinaus eine Arbeitsgruppe der Tierärztlichen Hochschule Hannover.

Neben wissenschaftlichen Publikationen ist auch eine Sonderausstellung zum Thema „100 Jahre Schweinezucht“ geplant. Darüber hinaus soll ein internationales Netzwerk für Haustierkunde etabliert werden.

Die Mittel für das Projekt stammen aus dem Förderprogramm „Vernetzen – Erschließen – Forschen. Allianz für universitäre Sammlungen“ des Bundesforschungsministeriums. Mit rund 7,5 Millionen Euro sollen in den kommenden drei Jahren Universitäten dabei unterstützt werden, ihre Sammlungen besser für Forschung und Lehre nutzbar zu machen.

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