Archäologische Zeitreise im Zentrum der Altstadt von Halle (Saale)

2. Juli 2019 | Kultur, Nachrichten | 5 Kommentare

Ein zur Wiederbebauung vorgesehenes Grundstück in der Kleinen Steinstraße inmitten der halleschen Altstadt bot dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie die Möglichkeit, nach Spuren früherer Siedlungsgeschichte der Saalestadt zu graben. Hier stand in Nachbarschaft von alten Fachwerkhäusern die traditionsreiche „Marktwirtschaft“, deren Baugeschichte bis 1589/90 zurückreicht.

Fachwerkhäuser am Grabungsareal

Die seit 3 Monaten laufenden Grabungen belegen eine weit zurückreichende Besiedlung. Einige wenige Pfostenlöcher und Gefäßscherben stammen aus der frühen Eisenzeit 800 bis 500 vor Chr. Solche Pfostenreihen vorgeschichtlicher Wohnbauten waren bereits bei Grabungen zum Bau einer nahen Kaufhaustiefgarage am Markt gefunden worden.

Grabungsleiter Dirk Blaschta

Keramikfunde aus dieser frühen Zeit belegen, dass die Tradition des Salzsiedens bis in diese Frühzeit zurückreicht. Offenbar blieb das Areal bis ins frühe Mittelalter aber wieder unbesiedelt, denn weitere archäologische Zeugnisse stammen erst aus dem 10./11. Jahrhundert. Ein guterhaltener hölzerner Kastenbrunnen kann anhand charakteristischer Keramikfunde in die spätslawische Zeit datiert werden. Bemerkenswert ist der Fund eines zierlichen Fingerrings aus Kupfer oder Bronze. Da der Brunnen durch eine kaolintonerdehaltige Schicht gegraben war, die immer Feuchtigkeit enthielt, blieben sogar mit Linien verzierte Birkenrindestücke erhalten. Sie harren weiterer Untersuchungen.

Keramikfunde aus der Eisenzeit

Gläsernes Ringfragment

Ein freigelegtes steinernes Becken diente vermutlich als Zisterne. Eine auf der abdichtenden Kaolinschicht angelegte Rinne lenkte das Frischwasser in dieses Sammelbecken.
Aus spätslawischer Zeit stammen gefundene farbige Bleiglasringfragmente. Sie waren im slawischen Raum offenbar beliebter Schmuck. Ob diese Ringe am Finger oder als Besatz von Kleidungsstücken getragen wurden, weiß man aber nicht sicher.

Wasserflaschen aus Böhmen und Öllampe

Bei Grabungen stieß man auch auf alte Kellerbereiche aus jüngerer Zeit. Geborgen wurden Glas- und Keramikgegenstände. Bemerkenswert sind 2 gut erhaltene Steingutflaschen aus Böhmen, in denen wahrscheinlich besonderes Trinkwasser „importiert“ wurde, was sich sicherlich nur sehr wohlhabende Bewohner der Salzstadt leisten konnten.

Neuzeitliche Fundstücke

Die archäologischen Untersuchungen inmitten der Stadt fügen sich nahtlos in die Befunde des benachbarten Geländes ein und dokumentieren die nicht durch schriftliche Zeugnisse überlieferte Siedlungsgeschichte der Stadt Halle.

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