Antisemitismus in Deutschland
24. April 2017 | Nachrichten | 2 KommentareBerlin, 24. April 2017. Nach zwei Jahren gemeinsamer Arbeit hat der vom Deutschen Bundestag im Dezember 2014 eingesetzte Unabhängige Expertenkreis Antisemitismus in Berlin seinen Bericht zur aktuellen Entwicklung des Antisemitismus in Deutschland der Öffentlichkeit vorgestellt.
Der Bericht berücksichtigt insbesondere die Perspektive der von Antisemitismus Betroffenen. Hier stellt der Expertenkreis eine deutliche Wahrnehmungsdiskrepanz fest: Während die nichtjüdische Mehrheitsgesellschaft aktuelle Erscheinungsformen des Antisemitismus nicht als relevantes Problem wahrnimmt, sehen sich Jüdinnen und Juden in Deutschland einer wachsenden Bedrohung ausgesetzt. Neben der Verunsicherung durch den Rechtspopulismus wird auch der Antisemitismus unter Muslimen als Problem wahrgenommen, aktuell besonders unter dem Aspekt von Flucht und Migration. Um jüdisches Leben in Deutschland stärker zu schützen und Antisemitismus zu bekämpfen, fordert der Expertenkreis u.a. die Berufung eines Antisemitismusbeauftragten, der
bereits vorhandene Bemühungen zur Bekämpfung von Antisemitismus koordinieren soll.
Tägliche antisemitistische Erfahrungen
Die Wahrnehmung einer steigenden Gefahr durch Antisemitismus in der jüdischen Bevölkerung lässt sich laut dem Expertenbericht auf die gewachsene Bedeutung der sozialen Medien zurückführen. Diese sind zentral bei der Verbreitung von Hassbotschaften und antisemitischer Hetze. Jüdinnen und Juden in Deutschland sorgen sich außerdem aufgrund alltäglicher antisemitischer Erfahrungen zunehmend um ihre Sicherheit. Diese gelten häufig nicht als Straftatbestand, werden gar nicht erst angezeigt oder von den Strafverfolgungsbehörden nicht als antisemitisch bewertet. Der Expertenkreis fordert eine verbesserte Erfassung und Ahndung antisemitischer Straftaten sowie die Stärkung von Beratungsangeboten für die von Antisemitismus Betroffenen. Neben der Einsetzung eines Antisemitismusbeauftragten zählt die Verstetigung eines Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus zu den zentralen Forderungen des Berichts.
Darüber hinaus wird eine dauerhafte Förderung der Präventionsarbeit gegen Antisemitismus sowie die Schaffung einer Bund-Länder-Kommission gefordert , um länderspezifische Maßnahmen besser zu koordinieren. Auch die langfristige Förderung wissenschaftlicher Forschungsprojekte zu Antisemitismus in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen stellt eine Forderung dar. Daneben empfiehlt der Expertenkreis, auch antimuslimisches
sowie andere Vorurteile und Ausgrenzungen zu analysieren, da hier Überschneidungen zu antisemitischen Haltungen sichtbar werden, die für die vom Expertenkreis vorgeschlagenen Präventionsmaßnahmen grundlegend wichtig sind.
Über den Unabhängigen Expertenkreis Antisemitismus
Dem Unabhängigen Expertenkreis Antisemitismus gehören neun Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Bildungspraxis und Zivilgesellschaft an, die sich intensiv mit der Bekämpfung von Antisemitismus befassen. Der vorgelegte Bericht beschäftigt sich auf rund 300 Seiten mit aktuellen Entwicklungen des Antisemitismus in Deutschland in Gesellschaft, Medien, Politik, politischen Bewegungen, Sport, Religion sowie im Bereich Flucht und Migration und verknüpft wissenschaftliche Analysen mit Forderungen und Handlungsempfehlungen für Akteure aus Politik und Gesellschaft.
Hier geht es zum Bericht zum Weiterlesen…
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Es geht ganz sicher nicht, das Menschen oder aber ihre Organisationen. aufgrund ihrer Zugehörigkeit/Verbindung zu einer religiösen, ethnischen oder sozialen Gruppen verfolgt werden, Das gilt für das Judentum und die jüdischen Organisationen.
Problematisch wird es dann, wenn der Antisemitismus weiter gefasst wird, wie in der Arbeitsdefinition: „»Darüber hinaus kann auch der Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, Ziel solcher Angriffe sein.«“ wobei die Antisemitismusdefinition vom Selbstverständnis Israel als Jüdischen Staat ausgeht und demzufolge die israelische Sicht auf den Nahostkonflikt für faktisch sakrosankt erklärt.
Das geht dann weiter mit einer Frau Wetzel, die von einem „sekundären Antisemitismus, also allem, was mit dem Holocaust in Verbindung gebracht wird“ redet und damit eine Diskussion über den Umgang mit dem Holocaust, wie sie auch ein Norman Finkelstein führt unter das Antisemitismus-Verdikt stellt.
Im Grunde werden dann weiter brav antisemitische Vorurteile zusammengetragen, wie das vom Brunnenvergifter. Wer vielleicht die Tagebücher eines Erich Mühsam gelesen hat, wird sich errinnern, wie entsetzt er im Anfangstaumel des 1. Weltkrieges auf die vielen Berichte über die Brunnenvergiftenden Fransosen reagiert hatte, bevor er die bloße Kriegspropaganda dahinter erkannte. Ein Historiker wird sicher noch weitere Beispiele von Brunnenvergifter-Vorwürfen benennen können, die nicht in Verbindung mit dem Judentum stehen.
In der positivistischen Erbsenzählerei antisemitscher Klischees wird dann natürlich auch nicht die Mär von der jüdischen Verschwörung bzw. den Jüdischen Geheimbünden einschliesslich der Rolle Jüdischer Bankiers darin vergessen.
Solche vormoderne Vorstellung werden brav benannt und im positivistischen Sinnen antisemitisch kategorisiert.
Und genau da stößt dieser positivistische Ansatz der Antisemitismuskritik an seine reaktionären Grenzen. Da wo gesellschaftliche Aufklärung über gesellschaftliche Verhältnisse notwendig, da wird eben genau über diese Verhältnisse geschwiegen. Falsche Vorstellungen werden bewußt(!) nicht berichtigt, sondern sollen stigmatisiert werden, jedenfalls solange sie sich noch stigmatisieren lassen (siehe Marine Le Pen) . Aus genau diesem Grunde ist die so vorgetragene Antisemitismuskritik antiaufklärerisch und reaktionär.
Doch wer will von einem deutschen Bundestag auch etwas anderes erwarten, zumal in seiner jetzigen Zusammensetzung?
Eher braucht es einen Anti- antisemitismusbeauftragten.
Und Israelkritik hat für mich nichts mit Antisemitismus zu tun, schließlich hat die damals unabhängige UN-Generalversammlung folgendes verabschiedet:
https://de.wikipedia.org/wiki/Resolution_3379_der_UN-Generalversammlung