Der Hallesche Kunstverein lädt ein zu einer außergewöhnlichen Ausstellung, die die Stadt Halle und ihre Menschen in den 1980er Jahren auf faszinierende Weise dokumentiert. Vom 8. Oktober bis 15. November 2025 ist in der Kleinen Galerie des Kunstvereins die Schau „Halle im Blick. Reinhard Hentze – Fotografie 1981–1990“ zu sehen – begleitet von der gleichnamigen Katalogpremiere. Es ist ein Ereignis, das nicht nur eine retrospektive fotografische Reise in die späte DDR-Zeit bietet, sondern auch einen bislang unentdeckten Schatz von Bildern, die die politischen und sozialen Umbrüche der 1980er Jahre in Halle widerspiegeln.
Ein Fotograf mit historischem Blick
Reinhard Hentze, einer der bekanntesten Fotografen Halles, hat in dieser entscheidenden Dekade ein umfassendes Werk geschaffen, das nun in einer atemberaubenden Fülle erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Mit mehr als 250 Fotografien – viele davon erstmals veröffentlicht – gelingt Hentze der eindrucksvolle Spagat zwischen dokumentarischem Realismus und künstlerischer Bildsprache. In seinem Werk tritt die Geschichte der Stadt und ihrer Menschen auf eine ganz persönliche Weise in den Vordergrund. Hentze hat das Alltagsleben, den Verfall der Altstadt, die sozialistischen Arbeiterbetriebe, die Montagsdemonstrationen und den schließlich unvermeidbaren Zusammenbruch der DDR eingefangen.
„Hentze ist ein präziser Chronist seiner Zeit, der im Kleinen und Großen, im Guten wie im Schlechten, die Übergänge von Alt zu Neu, von der DDR zur Wiedervereinigung dokumentiert hat“, erklärt John Palatini, Kurator der Ausstellung und Herausgeber des begleitenden Katalogs. „Die Fotografien sind ein sensationelles Zeitdokument. Sie bieten den Menschen in Halle die Möglichkeit, ihre eigene Vergangenheit auf eine völlig neue Weise zu entdecken.“
Eine Ausstellung im Zeichen des Wandels
Die Ausstellung und die dazugehörige Publikation „Freiheit im Blick“ bieten einen intimen Blick auf Halle und seine Bürger kurz vor und nach dem Fall der Mauer. Die Fotografien zeigen nicht nur die Veränderung der Stadtlandschaft – von den fast vergessenen alten Straßen und Plätzen bis zu den ersten Anzeichen des neuen Aufbruchs – sondern vor allem die Menschen, die diese Umbrüche erlebten. Ob als Arbeiter in den Betrieben, auf den Straßen bei den Demos oder in den spärlich beleuchteten Ecken der Stadt: Hentze hat eine Vielzahl von Szenen eingefangen, die weit über den dokumentarischen Wert hinausgehen.
Seine Aufnahmen sind dabei nie einfach nur Schnappschüsse der Zeitgeschichte. Vielmehr sind sie kunstvoll komponierte Bilder, die auch in ihrer Ästhetik die teils beklemmende, teils hoffnungsvolle Stimmung jener Jahre widerspiegeln. Hentze gelingt es, den schleichenden Wandel der Stadt in ruhigen, oft melancholischen Bildern zu erfassen – gleichzeitig jedoch auch die Hoffnungen und den Widerstand gegen das Regime zu visualisieren. Der Fokus auf die Menschen, ihre Gesichter und Gesten, macht seine Arbeiten so einzigartig.
Ein Zeitdokument von historischer Bedeutung
„In Hentzes Fotografien erkennen viele Hallenser ihre eigene Geschichte“, sagt Johannes Beleites, Beauftragter des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, der zur Eröffnung der Ausstellung ein Grußwort sprechen wird. „Die Arbeiten dokumentieren nicht nur den Verfall von Gebäuden und das Ende von Institutionen, sondern auch den Mut und die Widerstandskraft der Menschen in der letzten Phase der DDR. Diese Bilder sind ein unschätzbares Zeugnis einer Zeit, die heute fast vergessen scheint.“
Das Werk von Reinhard Hentze stellt sich als ein bedeutendes Stück Zeitgeschichte dar, das in seiner bildlichen Darstellung ebenso die Ähnlichkeiten und Unterschiede zu anderen Fotografien der DDR-Zeit aufzeigt. Der Vergleich mit der Arbeit von Fotografen wie Evelyn Richter oder Arno Fischer stellt Hentzes Werk in den Kontext der großen DDR-Autorenfotografie. Doch Hentze bleibt eigenständig, sowohl in seiner Bildsprache als auch in seiner Herangehensweise an das Thema.
Eröffnung und Katalogpremiere
Die Ausstellung wird am 8. Oktober 2025 um 18 Uhr im Halleschen Kunstverein mit einer Buchpräsentation eröffnet. Der Katalog „Freiheit im Blick. Fotografie 1981–1990“, herausgegeben von John Palatini und Christian Drobe, gibt einen vertieften Einblick in Hentzes Arbeiten und stellt seine Fotografien im größeren Kontext der Stadtgeschichte dar. Der Band ist im Mitteldeutschen Verlag erschienen und umfasst auf 176 Seiten eine breite Auswahl an Fotografien aus Hentzes Werk.
Die Ausstellung bleibt bis zum 15. November 2025 geöffnet und ist ein Muss für alle, die sich für die Geschichte der Stadt Halle und der Deutschen Demokratischen Republik interessieren. Es ist nicht nur eine Reise durch die Vergangenheit, sondern auch eine Reflexion über die Werte von Freiheit und Wandel – Themen, die auch heute noch von Bedeutung sind.
Weitere Informationen:
- Ausstellung: „Halle im Blick. Reinhard Hentze – Fotografie 1981–1990“
- Eröffnung: Mittwoch, 8. Oktober 2025, 18:00 Uhr
- Ort: Kleine Galerie des Halleschen Kunstvereins, Große Klausstraße 18, 06108 Halle (Saale)
- Dauer: 9. Oktober bis 15. November 2025
- Katalog: „Freiheit im Blick. Fotografie 1981–1990“ – 32 €, erhältlich im Halleschen Kunstverein
Bild: Reinhard Hentze. Blick von der Oleariusstraße zum Graseweghaus. 1985
One comment on “Titel: „Halle im Blick: Eine Zeitreise durch die 1980er Jahre – Die Ausstellung und Publikation von Reinhard Hentze“”
So wie das Graseweghaus aussah, sah vor ein paar Wochen die Marktwirtschaft aus. Jetzt ist sie weg.