Die Kulturgeschichte des Ostereierfärbens: Ein Blick auf die farbenfrohe Tradition, die einst mit Fastenregeln begann und heute in Biofarben gipfelt.
Wenn im Frühling die ersten Sonnenstrahlen auf die Frühstückstische fallen und der Duft nach Essig und Zwiebelschalen durchs Haus zieht, dann ist es wieder so weit: Das große Färben beginnt. Ostereier in leuchtenden Farben gehören zum Fest wie das Läuten der Glocken – doch woher stammt dieser Brauch eigentlich? Und warum färbt man Eier – ausgerechnet zum höchsten christlichen Fest? Halt: Essig und Zwiebelschalen? Was hat es damit auf sich?
Der Ursprung liegt, wie so oft bei Frühlingsbräuchen, lange vor dem Christentum. Bereits in antiken Kulturen galten Eier als Sinnbild für Leben, Fruchtbarkeit und kosmische Erneuerung. Die Perser etwa verschenkten bemalte Eier zum Neujahrsfest Nowruz, das mit der Frühjahrs-Tagundnachtgleiche gefeiert wurde. Auch in römischen Haushalten waren verzierte Eier keine Seltenheit. Doch erst mit dem Einzug des Eis in den christlichen Festkalender wurde daraus eine feste Tradition. In der Fastenzeit, die sich über vierzig Tage bis zum Ostersonntag erstreckt, war der Verzehr von tierischen Produkten – darunter auch Eiern – streng verboten. Statt sie zu entsorgen, wurden sie gesammelt, gekocht und haltbar gemacht. Zum Zeichen der Wertschätzung – oder vielleicht auch zur besseren Unterscheidung – wurden sie gefärbt.
Der älteste schriftliche Hinweis auf diesen Brauch in Deutschland findet sich im 13. Jahrhundert: Der Kirchenrechtler Johannes Teutonicus vermerkt in einem Kommentar zum Decretum Gratiani, dass zu Ostern Eier verschenkt würden, „weil sie in der Fastenzeit nicht gegessen werden durften“ – ein praktischer Brauch mit theologischer Tiefe.
Besonders beliebt war das Färben mit Rot – die Farbe galt als Hinweis auf das Blut Christi und seine Opferung. Über die Jahrhunderte hinweg wurden dann auch andere Farben üblich, jede mit ihrer eigenen Symbolik: Grün für Hoffnung, Blau für das Himmelsreich, Gelb für Licht und Freude. In den Mittelmeerländern ist auch heute noch das klassische Osterei: rot. Aber auch bei uns, wie wir sehen werden.
🌿 Farben aus Küche und Garten
Lange bevor synthetische Teerfarbstoffe Einzug hielten, bediente man sich der Farbpalette der Natur. Rote Zwiebelschalen, Rote Bete, Kurkuma, Spinat, Rotkohl und Blaubeeren verwandelten sich – oft unter Zugabe eines kräftigen Schusses Essig – in duftende Färbesude.
Der Essig hatte dabei eine doppelte Funktion: Er senkte den pH-Wert und machte viele Pflanzenfarbstoffe, die man dem Eierwasser beigab, erst löslich. Und dann raute er die Eierschale an, indem er etwas vom Kalk anlöste – was die Oberfläche vergrößerte. verhalf pflanzlichen Farbstoffen zu satterer Haftung und intensiveren Tönen. So ließ sich die Farbe buchstäblich auf das Ei „beizen“ – ein Wort, das nicht zufällig auch aus der Welt der Textilfärbung stammt.
Mit der industriellen Revolution kamen Teerfarben und Azofarbstoffe, die knalliger, langlebiger – aber auch gesundheitlich bedenklicher waren. Viele dieser Stoffe wurden im Laufe des 20. Jahrhunderts verboten oder streng reguliert. Witzigerweise gaben die Hausfrauen – und männer dann immer noch Essig zur Eierfarbe – obwohl das eigentlich nicht nötig war. So geht Tradition.
🌱 Rückkehr zur Natürlichkeit
Wirklich schön bunte Ostereier gab es in des Autors In des Autor Jugend. Das war in den späten 1960ern, frühen 70ern. Die Tabletten wurden aufgelöst (Essig rein, klar) und wir durften die weißen Eier (braune gab es nicht, die waren verpönt) reinlegen. „Die Errungenchaft: Die Brühe musste nicht heiß sein, es waren so genannte „Kaltfarben“. eine Freude empfanden wir Kinder, wenn dann zu Ostern die Eier ausgepellt wurden: Bunte Bliztze zuckten über ds Eiweiß., weil natürlich die Farbe durch die unvermeidlichen Risse in das Ei vorgedrngen waren. Heute würde jeder Lebensmittelchemiker die Stirn darüber runtzeln (Uns hat es nicht geschadet, ist ein gern gehörter Satz bei solchen eErzählungen).
Heute sind die Eier nicht mehr so schön Bunt wie in meiner Kindheit. Das liegt daran, dass viele der bunten Eierfarben wegen toxikologiscger bedenken vom Markt genommen wurden.
Aber In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit und Gesundheitsbewusstsein nicht nur in der Küche, sondern auch im Osterkörbchen angekommen sind, erlebt das natürliche Färben eine kleine Renaissance. Auf Bio-Eiern glänzen zart marmorierte Töne aus Zwiebelschalen oder Kurkuma. Manche Familien kochen die Farben selbst, andere greifen zu fertigen Naturfarben aus der Drogerie. Der Duft nach Essig, Kräutern und Rotkohl verbindet sich mit Kindheitserinnerungen und der leisen Vorfreude auf das Osterfrühstück.
So ist das Osterei mehr als ein harmloses Dekorationselement – es ist ein kulturgeschichtliches Relikt, ein kulinarisches Symbol, ein kleines Kunstwerk. Zwischen Schale und Dotter liegt die Geschichte vom Frühling, vom Glauben und vom großen Staunen über das neue Leben, das sich im Verborgenen entfaltet.
Ein stiller Triumph des Einfachen.
Dass Ostereier fast immer rot waren, geht beispielsweise aus einer Erzählung von Peter Rosegger hervor, der aus seiner Kindheit in den 1850er Jahren in Tirol berichtet. Damals hatten rote Eier auch noch eine erotische Komponente:
Peter Rosegger (1843–1918), ein österreichischer Volksdichter, ist vor allem für seine Werke über das Leben in den Alpenregionen bekannt. In seinem Buch „Waldheimat. Erzählungen aus meiner Jugendzeit“, das erstmals 1886 erschien, beschreibt er die Tradition des Ostereierfärbens in seiner Kindheit. Besonders die roten Ostereier spielten eine symbolische Rolle und wurden sogar als Ausdruck von Zuneigung genutzt. In einer seiner Erzählungen erklärt er, wie die roten Ostereier nicht nur als Geschenk an arme Kinder und Dienstmägde gingen, sondern auch als Liebeserklärung zwischen jungen Paaren dienten.



„Peter Rosegger, Waldheimat. Erzählungen aus meiner Jugendzeit. Als ich Eierbub gewesen, Zweiter Band“, „als ich Eierbub gewesen. Also war es ihr (seiner Mutter) stets gelungen, die Hühner zu behaupten, bis sie im März wieder anfingen, Ostereier zu legen. Diese wurden als Erstlinge rot gefärbt und dann verschenkt an arme Kinder, die von Hof zu Hof gingen, um Ostereier zu sammeln, und an die Dienstmägde, die mit solchen Eiern wieder junge Burschen erfreuten. In manchen Gegenden bedeutet es geradezu eine Liebeserklärung, wenn das Mädel dem Buben ein rotes Osterei schenkt. Das berechtigt den Burschen übrigens einzig nur, des Abends manchmal aus Fensterlein zu kommen, um ihr »Gute Nacht« zu sagen. Die Burschen pflegen die geschenkten Eier zu benützen, um untereinander zu »dutschen«. Da werden die Spitzen der Eier aneinander gedupft; der, dessen Ei ganz bleibt, hat das zerbrochene damit gewonnen, es wird sofort verzehrt. Ein anderes Eierspiel besteht darin, daß einer das rote Ei hinhält, es mit der geschlossenen Hand so weit verdeckend, daß nur eine kleine Fläche offen bleibt. Ein anderer schleudert nun zielend eine kleine Münze darauf hin. Trifft diese die Fläche und bleibt sie im Ei stecken, so gehört es ihm, trifft die Münze nicht, so gehört diese dem Eigentümer des Eies. Ein weiteres Gesellschaftsspiel ist das Eiersuchen. Die Mädchen verstecken Eier in Winkeln, unter Stroh, Busch und dergleichen und die Burschen müssen dann suchen. Wer eins findet, glaubt bisweilen nicht bloß Eigentümer des Eies zu sein, sondern auch derselben, die es versteckt hat. Sie meldet sich aber nur, im Falle der Bursche recht nett ist. Ansonsten will keine hinter dem gefundenen Ei stehen und der Finder »ist der Narr, frißt den Dotter samt dem Klar«. – Mein Vater hat solche Eierspiele zwischen Burschen und Dirndlein nie gern gesehen. Tat man’s aber hinter seinem Rücken, so ward es oft noch bedenklicher…“
Wie wurden die Eier eigentlich damals, ohne „Chemiefarben“ rot? Am häufigsten wurden dazu Krappwurzeln verendet, in den Mittelmeerländern übrigens heute noch gelegentlich. Die Wurzeln der Pflanze die auch um Halle herum angebaut wurde, und in großem Maße zum Färben von Textilien gebraucht wurde, kochte man mit den Eiern mit. Und dabei färbten sie sich dann sehr attraktiv blutrot. Genauer gesagt: so ein dunkles Blut, so etwas wie zwei Tage nach der Kreuzabnahme, irgend etwas zwischen Blutwurst und Schattenmorelle. So traditionell kann man auch heute noch seine Eier färben, dazu gab es hier mal einen Artikel.
So, ob bunt oder rot: Hallespektrum.de wünscht seinen „Lesenden“ ein frohes Osterfest.
🔗 Quelle: Peter Rosegger, „Waldheimat. Erzählungen aus meiner Jugendzeit“, Band 2