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Ein Vierteljahrhundert im Zeichen der Aufklärung: Das Gartenreich Dessau-Wörlitz feiert 25 Jahre UNESCO-Welterbe

Von unserem Feuilleton-Korrespondenten

Wörlitz, 19. Mai 2025 – Es ist ein Festtag für das schöne Land zwischen Elbe und Mulde, für Liebhaber klassischer Gartenkunst wie für jene, die dem leisen Atem der Geschichte lauschen. Das Gartenreich Dessau-Wörlitz, jene einzigartig geformte Kulturlandschaft aus dem Geiste der Aufklärung, feiert ein doppeltes Jubiläum: Seit 25 Jahren steht es unter dem Schutz der UNESCO als Welterbestätte, ebenso lange besteht das Netzwerk „Gartenträume Sachsen-Anhalt“, das heute 50 historische Parkanlagen im ganzen Land umfasst. Beide Jubiläen wurden am Montag mit einem Festakt gewürdigt.

Ein lebendiges Erbe der Aufklärung

Die UNESCO würdigte das Gartenreich 2000 als ein „herausragendes Beispiel einer Landschaftsgestaltung zur Zeit der Aufklärung“, in dem Kunst, Bildung und Wirtschaft auf harmonische Weise miteinander verbunden seien. Bis heute erfüllt sich dieser Anspruch in den sieben großen Parkanlagen, den filigranen Kleinarchitekturen, Alleen, Schlössern, Deichen und Kirchen. Das Areal gilt als Wiege des englischen Landschaftsgartens in Deutschland und als Kristallisationspunkt des Klassizismus und der Neugotik. Von Schloss Wörlitz über das Luisium bis nach Oranienbaum zieht sich ein geistiges Band durch die Natur – ein Band aus Sichtachsen, Symbolen und Erinnerungsräumen.

Gartenreich als Impulsgeber

Felicitas Remmert, Geschäftsstellenleiterin der „Gartenträume“, betonte am Rande der Veranstaltung die herausragende Rolle des Gartenreichs: „Ohne die sieben Wörlitzer Parks gäbe es unser Netzwerk nicht – sie waren Initialzündung und Vorbild zugleich.“ Was 2000 begann, hat sich zu einem Erfolgsmodell entwickelt: Denkmalpflege, Tourismusförderung und kulturelle Bildung gehen in der „Gartenträume“-Initiative Hand in Hand.

App, Ausbrüche und Entdeckerrucksäcke

Dass Welterbe nicht im Gestern verharrt, zeigt sich in zahlreichen innovativen Formaten. Die neu entwickelte Gartenreich-App bietet Besucherinnen und Besuchern erstmals eine digitale Führung durch 120 Stationen – mit Videos, interaktiven Rallyes und einem Pflanzenscanner. Die App ist auf Deutsch, Englisch und ab Sommer auch in Leichter Sprache verfügbar. Sie trägt dazu bei, das Gartenreich einem noch breiteren Publikum zugänglich zu machen, wie Oranienbaum-Wörlitzs Bürgermeister Maik Strömer betont: „Das Gartenreich ist nicht nur ein Ort, es ist ein Geschenk – für alle.“

Für die jüngsten Gäste wurde ein „Entdeckerrucksack“ entwickelt, der mit Geschichten, Aufgaben und einer kleinen Detektivausrüstung Kinder ab vier Jahren zu spielerischen Gartendetektiven macht. Und auch der künstliche Vesuv, der im 18. Jahrhundert die Antike zum Leben erweckte, wird wieder aktiv: In der UNESCO-Woche im August ruft „das Spiel der Elemente“ mit einem inszenierten Ausbruch zu staunender Andacht.

Sonderausstellungen, Lesungen, Lichtkunst

Auch das kulturelle Rahmenprogramm ist ambitioniert. Ab dem 28. Mai zeigt das Haus der Fürstin in einer Sonderausstellung, wie die Antike – von Vulkangöttern bis Großsteingräbern – das Gartenreich inspirierte. Die Reihe „Lektüren im Luisium“ bringt Lyrik und Literatur in die historischen Säle, darunter Lesungen von Daniela Danz und Susanne Tauss. Im barocken Schlosspark von Oranienbaum verwandelt sich im Juni alles zur Bühne: Varietékünstler, Licht- und Lasershows laden zum „Kleinkunsttraum“. Und nicht zuletzt führen donnerstags ab April die „25 Schätze des Welterbes“ zu verborgenen Orten und vergessenen Geschichten.

Vom Ideal zur Realität: Der Blick nach vorn

Mit dem Jubiläum ist auch ein neuer Bauabschnitt verbunden. 150 Millionen Euro haben Bund, Land und EU für die Zukunftssicherung des Gartenreichs zugesagt. Ein zentraler Meilenstein ist der Baustart des neuen Welterbezentrums im Gelben Haus von Wörlitz. Es soll künftig Besucher empfangen, informieren und das Gartenreich mit anderen UNESCO-Stätten der Region vernetzen. Für Anette Froesch von der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz ist das ein „Zeichen der Verantwortung und der Hoffnung – denn dieses Erbe verlangt tägliche Pflege, Aufmerksamkeit und Begeisterung.“

Ein Garten als Vision

Was bleibt nach 25 Jahren? Ein Garten, der mehr ist als bloße Kulisse. Ein Ort, an dem der Gedanke der Aufklärung in die Gegenwart spricht – leise, in Stein und Laub, in Teichspiegeln und Sichtachsen. Ein Ort, der lehrt, was Vernunft, Schönheit und Harmonie bedeuten können. Ein Ort, dessen Wert, wie Wolfgang Scheremet vom Freundeskreis des Gartenreichs sagt, „nicht nur gemessen werden kann – sondern empfunden werden muss.“


Mehr Informationen und das gesamte Jubiläumsprogramm: www.gartenreich.de

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