Gemüse aus der Gischt der Meeresbrandung mit einem Hauch von Petroleum.

21.08.2012, Aghiocampos

Eines der wenigen größeren Fischerboote, die den Hafen von Aghiocampus nutzen.

Der Hund lebt gesund: er frißt die Reste einer „Kakavia“, einer Fischsuppe, die die Fischer morgens aus kleinen Fischen und Meeresfrüchten zubereiten.

Am südlichen Ende des Ortes Aghiocampos befindet sich eine Hafenanlage für Sport- und kleinere Fischerboote. Er wurde mit EU-Mitteln in den letzten Jahren nicht unbeträchtlich ausgebaut und erweitert, die Kapazitäten wirken für die wenigen Boote, die hier liegen, ziemlich überdimensioniert.

Die Felsen hinter dem Hafen.

In weiter südlicher Richtung reichen die Berge von Mavrovouni bis ans Wassser heran, zwischen den schroffen Felsbrocken kann man am Wasser entlang herumklettern. Dort, wo bei starker Brandung das Salzwasser bis auf die Felsen spritzt, und in der Sonne in den kleine Näpfchen Salzkrusten zurück läßt, wächst eine eigenartige Pflanze. Sie nennt sich „Kritamo“, zu deutsch „Meerfenchel“, botanisch crithmum maritinum.

Kritamo, Meerfenchel (crithmum maritimum)

Schon im Altertum waren die sukkulenten, dickfleischigen Blätter als Gemüse begehrt. Die ganze Pflanze riecht eigenartig würzig, die Blätter haben einen intensiven Geschmack, der sich irgendwie mit anisartig und einem Hauch von Petroleum beschreiben läßt. Im Mittelalter nahmen Seefahrer die in Salz oder Wein eingelegten Blätter als Vitaminvorrat mit auf Reisen, und heute noch werden Kritama als würzende Zutat Salaten beigegeben. Oder als würziges Gemüse, als Beilage oder Meses, verzehrt. Einen dicken Büschel der Pflanze einzusammeln, ist nicht immer einfach, man muss schon an entlegenen Stellen herumklettern, denn die Pflanze ist begehrt, und viele Restaurantbesitzer lassen das Kraut einsammeln.

Meerfenchel an seinem typischen Standort.

Wirklich gefährdet scheint die Art jedoch nicht zu sein, die Pflanze ist im gesamten Mittelmeergebiet und auch an der Atlantikküste bis hin zur Normandie verbreitet. Die zahllosen Samen des Doldenblüters verbreiten sich schwimmend auf dem Wasser, und wo sie von der Brandung wieder an Land geworfen werden, keimen sie wieder aus.
Auch roh kann man die Blättchen verzehren: dann schmecken sie sehr salzig. Zur Zubereitung verwenden wir die abgetrennten, jungen Triebe mit den Blättchen, es empfiehlt sich, mindestens zwei mal das Wasser beim Abkochen zu wechseln, weil das Aroma sonst zu  intensiv und die „Petroleumnote“ zu stark wird. Beim Kochen gibt die Pflanze einen Teil des ätherischen Öles ab, das dann wie „Fettaugen“ auf dem Wasser schwimmt. Nach insgesamt etwa einer halben Stunde Garzeit wird das Wasser abgegossen, etwas Essig oder Zitrone darüber gegeben, etwas nachgesalzen, mit etwas Knoblauch gewürzt und reichlich Olivenöl übergossen. Die "Fettaugen" auf dem Kochwasser sind kein Petroleum, sondern ätherische Öle.Man serviert kalt. Im Prinzip ist die Zubereitung nicht anders, als eine einer Vielzahl von Gemüsen, die ähnlich blanchiert als Meses oder „Salat“ gegessen werden. Der Biß ist angenehm, und von dem „Petroleumaroma“ darf man sich nicht abschrecken lassen. Es stammt garantiert nicht vom Altöl irgendwelcher Tankschiffe, sondern von den reichhaltigen ätherischen Ölen, die die dickfleischige, saftige Pflanze als Abwehr von Fraßfeinden im Laufe der Evolution entwickelt hat. Gegen zweibeinige Schädlinge schützen sie aber offenbar weniger.

 

 

Bauen gegen die Hitze.

Aghia, 20.08.2012.

Enricos Seppelts Einwurf aus dem ausnahmsweise extrem heißen Halle, was man denn in Griechenland gegen die Hitze tue, veranlasste mich, auf seine Frage unter besonderer Berücksichtigung der Bauweise der alten und neuen Griechen einzugehen. Vieles ist ja bekannt, und bedarf keiner besonderen Erörterung: Dass selbstverständlich in den heißesten Mittags- bis Nachmittagsstunden Ruhe gehalten wird, und sowohl das Leben als auch die Arbeit(!) erst am späten Nachmittag weitergeht, dafür sich aber bis in die frühe Nacht erstreckt. In weiten Teilen des Geschäftslebens ist immer noch üblich, dass die Arbeit mittags pausiert, um danach in den Büros und kleinen Läden bis 21-22 h weiter zu gehen. Wenn sich die Leute hier Abends zu einem Essen verabreden, dann trifft man sich selten vor 22 oder 23 Uhr. Im Übrigen tut man hier das, was auch Ärzte in den seltenen heißen Monaten empfehlen: viel trinken (in Griechenland ist Wasser das Hauptgetränk Nr. 1). Die Speisen sind leicht, die dem Deutschen so liebe Hauptmahlzeit, das „Mittagessen“, existiert hier praktisch nicht. Zugeschlagen wird abends, und dass die Speisen selten so heiß gegessen werden, wie gekocht, ist eine Selbstverständlichkeit. Der Lebensmittelkonzern Nestle, der in Griechenland – wie nahezu überall auf der Welt – es verstanden hat, seine Fertigprodukte zu unentbehrlichem Kulturgut zu erklären, verdient mit kaltem Kaffee Unsummen: Frappe heißt das Produkt, durch Schütteln aufgeschäumter und mit Eiswürfeln servierter Instantkaffe. Den ursprünglichen, in kleinen Puppentäßchen servierten türkischen oder griechischen Mocca hat dieses Zeug längst verdrängt.

Aber ich wollte eigentlich vom Bauwesen berichten, auf Enricos Einwurf antworten, man streiche einfach nur die Häuser weiß. So einfach ist das nicht. Man hat ja immer diese Postkartenbildchen vor Augen, die weißen Häuschen mit den weiß gestrichenen Flachdächern, aus denen sich als einzige farbliche Akzente blaue Kirchenkuppeln und blaue Fensterrahmen hervorheben. Mykonos oder die südlichen Kykladeninseln sind dafür bestbekannte Beispiele. Dort gibt es so etwas, aber diese Architektur ist in Griechenland nicht die Regel, und erstreckt sich eigentlich nur auf wenige Kykladeninseln. Man ja sofort eine rationale Erklärung parat, dass diese Bauweise damit zu tun habe, dass weiße Dächer und Wände über ein besonders hohes „Albedo“ verfügen, und so die Sonnestrahlung besonders gut zurück werfen. Bewegt man sich jedoch auf dem Festlandgriechenland, besonders in die tatsächlich viel mehr hitzegeplagte Orte wie Athen oder Larissa, passt dieses Bild einfach nicht. Google-Earth verrät, dass die Farbe der Dächer griechischer Großstädte sich von mitteleuropäischen Dachlandschaften kaum unterscheidet. Haben die modernen Griechen also die traditionelle, klimagünstige Bauweise zu Gunsten einer europäischen Einheitsarchitektur in geradezu törichter Weise aufgegeben? Um das zu beantworten, werfen wir zunächst den Blick auf tatsächliche „traditionelle“ Zivilarchitektur auf dem Festland.

Das Archontiko des Färbers und Tuchhändlers „Swarts“ in Abelakia.

Das im Bild gezeigte Haus ist das „Archontiko“, ein Herrenhaus des reichen Färbereibesitzers und Händlers „Swarts“ in Ambelakia, oberhalb des Tempi-Tals bei Larissa. Es ist ein typisches Beispiel spätosmanisch-griechischer, herrschaftlicher Architektur. Über einem massiv aus Feldsteinen und Lehm errichteten Untergeschoß erhebt sich ein aus Lehmfachwerk gebautes, mit vorspringenden Erkern versehenes Obergeschoß.

Untersicht der Erker- und Dachvorsprünge.

Die Wände sind verputzt, gekalkt und farbig, teils dekorativ mit barockisierenden Ornamenten bemalt, das Untergeschoß trägt eine grauweiße, aufgemalte Quadermalerei. Über dem Obergeschoß schattet ein wie eine Schirmmütze ausgebildeter Dachvorsprung die Wände und die Fenster ab. Das Dach: ein flaches Schrägdach, mit gewöhnlichen Roten Ziegeln gedeckt. Andere, übliche Dachbedeckungen sind dunkelgrauen Steinplatten. Der flache Dachstuhl ist gegen die Zimmer durch eine isolierende flache Holzdecke getrennt, so dass der Dachraum eine Art Luftpolster bildet.

Im Obergeschoß des Archontiko. Die untere Fensterreihe ist mit den Läden verschlossen, die abgeschatteten bunten Oberlichter lassen nur wenig Licht in den Raum hinein.

Es gibt zwei Fensterreihen in dem als „Bel Etage“ dienenden Obergeschoß. Zum einen die kleinen, aus farbigen Glastäfelchen mit Gipssprossen gebildeten, dekorativen Oberlichter. Sie sind nicht zu öffnen. Die unteren, großen Fenster sind mit riesigen hölzernen Läden versehen, die sich nach oben hochklappen lassen, und damit dann noch eine Art Sonnensegel darstellen.
Möglichst wenig Sonnenlicht in die Innenräume zu lassen, und mittels vorspringender Vordächer, Loggien und Ladenklappen die Fassade vor direkter Sonneneinstrahlung zu schützen, ist die vorherrschende Methode, die Innenräume tagsüber vor Strahlungswärme zu schützen.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde, auch im Zuge des erstarkenden griechischen Nationalismus und der Hinwendung zu Westeuropa, der neoklassizistische Stil französischer Prägung modern. Der osmanische Stil wurde weitgehend aufgegeben, aber das Prinzip, die Wohnungen mit Schlagläden zu verschließen, blieb im Prinzip bestehen.

 

Spät/Neoklassizistische Villa in Aghia, um 1880.

Portiken und Loggien bildeten eine zusätzliche, schattenspendende Einrichtung. Die Farben: hell, aber selten weiß. Ockertöne mit grau abgesetzten Stein- und Putzgliederungen sind die vorherrschenden Farben.

Neben dieser ruinösen Villa residiert die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE). Der Balkon der Villa wäre sicherlich ein geeigneter Ort, eine neue Republik auszurufen.

Griechische Städte und Dörfer sind heute vorwiegend von 08/15-Bauten der 60er,70er und spätere Jahre geprägt. Aber den sonst phatasielosen Bauten ist das Prinzip der Wandabschattung erhalten geblieben. Das typische Straßenbild einer griechischen Stadt ist davon geprägt, dass man eigentlich gar keine Fassaden sieht. Die äußere, feste Hülle der Bauten wird von Balkonen umzogen, die hinter den Brüstungen, Gittern und Topfpflanzen liegenden Fenster mit ihren Schiebeläden sieht man schon kaum, und die Terrassen sind noch durch ausladende, tief heruntergezogene Markiesen bedeckt. An den Außenwänden brummen oft auch noch dicke, wie Wespennester angeklebte Kästen, die Aggregate der Klimaanlagen, die mit erheblichem Energieaufwand die verbliebene Wärme aus den Häusern pumpen. Die die gestiegenen Stromkosten lassen diese aktive Art der Gebäudekühlung immer mehr zu einem anachronistischen Luxus geraten.

08-15-Bebauung, Aghia, 70er Jahre.

Mittags bis nachmittags sehen griechische Kleinstädte wie ihre mitteldeutschen Entsprechungen nach 9 Uhr abends aus: Die Straßen sind leer, und die Rolläden heruntergelassen.

Appartementhaus, 1980er Jahre. Aghiocampus

Nachmittags im Sommer sind die abgedunkelten griechischen Wohnungen für unsere Verhältnisse ungemütlich. Aber um einen Nachmittagsschlaf zu machen, um sfit zu sein für die langen, lauen Abendstunden, sind sie der geeignete Ort.

Gewöhnlicher Strasssenzug in Larissa, Bauten 1980er-1990er Jahre.

20.08.2012. Bilder aus Zagora – ein Dorf auf dem Pilion

Galerie

Diese Galerie enthält 15 Fotos.

Den Ortsnamen Zagora gibt es mehrfach auf der balkanischen Halbinsel. Der Name soll aus dem Slavischen stammen und soviel bedeuten wie „jenseits der Berge“ oder „Hinterland“. Andere sagen, der Name stamme aus dem slavischen „Zarograd“, „Königstadt“. Die slavische Herkunft scheint … Weiterlesen

15.08.2012. Zagora und Chorevto. Das Fest der Maria. Ab morgen nur Nudeln und Linsen.

Mittags raffen wir uns auf, in Schlangenlinien fahren wir von Zagora hinunter an den Ort Chorevto. Von Zagora aus sieht man ihn liegen, unten an der

Küste, man meint, ihn mit entsprechend langem Arm und einem Steinwurf erreichen zu können. Das ist eine optische Täuschung, denn mit dem Auto braucht man locker eine Dreiviertelstunde, bis hinunter zum Strand.

Bei „Petros“ in Chorevto, Pilion.

Um Marias Namenstag gebührend zu feiern, haben wir bei „Petros“ reserviert. Nach dem Baden rücken wir ein in das Lokal, Weinreben überranken die Pergola, an die zehn Kellner im weißen Hemd flitzen hin und her, kommen an den Tisch, sagen auf, was es heute gibt. An Fischen haben sie heute fast alles, was das Meer zu bieten hat. Der Schwager ordert für uns so ziemlich die ganze heimische Unterwasserwelt, es klingt, wie in einer Zoologieprüfung im höheren Semester. Bevor das „Gastmahl des Meeres“  serviert wird, sind allerdings noch Chemie und Botanik dran. Die Künste der Destillation müssen in Form zweier Sorten Tsipouro gewürdigt werden, der in kleinen Fiolen serviert wird.

Krithama (links) und Vlita (rechts)

Seit Jahren schon gilt Tsipouro ohne Anis („choris glykaniso“) als das Getränk der Kenner, dass dazu Mesedes serviert werden, ist selbstverständlich, denn auch der Pilion gehört zu Thessalien. Der Tsipouro ist bemerkenswert, man hat offenbar etwas Mastixharz bei der letzten Destillation der Maische beigegeben. Unter den Mesedes finden wir botanische Besonderheiten, so gedünstete „Krithama“, Meerfenchel, den man von den nackten, brandungsbespritzten Felsen sammelt. Anbauen kann man ihn nicht. Daneben gibt es unter anderem „Vlita“, ein Fuchsschwanzgewächs, das mit Zitrone, Knoblauch und Öl ein Gedicht der Sonderklasse ist. Als es mir erstmals gelang, aus in Griechenland erworbenen Samen dieses Gemüse zu ziehen, und das im Halleschen Kleingarten riesenhoch geworden ist, schüttelten die Nachbarn den Kopf über das vermeintliche Unkraut. Ein fürchterliches Kindergeschrei hob an, als die ersten Kudsumures und Tsipures (auch so Fische) kamen. Die Fischlein waren mehr als reichlich, doch die Kinder fürchteten, zu kurz zu kommen. Ich erinnere mich an meine eigene Kindheit: da war Fisch ein Haßgericht. Warum, das weiß ich jetzt: das, was meine Mutter als „Fisch“ servierte, verdiente den Namen nicht. Kinder haben einen sehr differenzierten Geschmack, Verderbnis riechen sie viel schneller als wir.

„Tsipura“ heißt der Fisch, Tsipuro das Destillat.

Nun klingt das alles so, als gäbe es keine Krise in Griechenland, denn selbstverständlich ist so ein Essen teuer. Das ist eben nur die eine Seite der Medaille. Nach dem Bezahlen sagten unsere Freunde, ab morgen gäbe es eben wieder nur Linsen und Nudeln. Man muss die Feste so feiern wie sie fallen, und die Lebensfreude werden sich die Griechen niemals nehmen lassen. Freunde erzählen, wie sie ihren Kindern richtig Angst machen: wenn Ihr nicht artig seid, kommt die Tante Merkel.

 

Das Haus  in Zagora.

 

„Psaria“, Fische.

 

13.-15.08: Athen-Larissa-Aghiokampus-Volos-Pilion

Nachts gegen eins setzt das Flugzeug auf der Landebahn in Athen auf, und kaum ist das Beifallklatschen verklungen, setzt das übliche Gerangel ein, schließlich geht es darum, als erster das Handgepäck aus der Ablage gezerrt zu haben, als erster den Gang zu verstopfen, als erster den Flughafenbus bestiegen zu haben, um dann als erster am stehenden Gepäckband warten zu dürfen, das sich dann nach einer Viertelstunde tatsächlich bewegt. In der Angst, irgendwo zu kurz zu kommen, nicht erster zu sein, sind sich Griechen und Hallenser auffallend ähnlich. Vor dem Flughafengebäude ordnen Geländer und ein Streifenwagen der Polizei die gerechte Verteilung der Ankömmlinge auf die in langer Schlange bereitstehenden Taxen. Die rasante nächtliche Fahrt über die Schnellstraße durch Athen in den Vorort Kifisia rasch bewältigt, wir verpassen die Abfahrt, weil das Geschäft, das den Abzweig markiert, pleite und nicht mehr beleuchtet ist.

Am nächsten morgen vergewissern wir uns, dass in dem noblen Vorort Kifisia sich allerdings kaum etwas merklich verändert hat. Hier sind die Reichen und Schönen unter sich,  das Angebot von Manikürestudios, edlen Modeläden und Tinnefboutiken für Menschen, die mehr als alles haben, scheint äußerlich unverändert. Die zahllosen Topfpflanzen im Garten grünen fleißig, kleine Minioasen in einer an sonsten vertrockneten Wüste. Griechische Vorstadtgärten sehen immer so aus.

Im vollkommen überalterten, aber immer noch mit TÜV-Plakette ausgestatteten Auto begeben wir uns auf die Autobahn Richtung Larissa. Unterwegs, etwa auf halber Strecke, machen wir Halt in Kamena Vourla, einem kleinen Badeort aan der Küste gegenüber der Insel Evia (Euböa).

Das Strandcafe hat eine Neuerung zu bieten: Das 5-Getreide-Bier „Bios5“. Auch in Griechenland lassen sich immer noch Überflüssigkeiten an den Mann bringen, wenn sie mit einer ausgefeilten Philosophie transportiert werden. Auf dem Tisch stehen dreieckige Aufsteller, die darauf hinweisen, wie gesund Bier ist (es hat weniger Kalorien als Wein und Schnaps), und dass Getreide seit alters her die Grundlage der gesunden mediterranen Ernährung ist. Und wenn ein Bier dann auch noch fünf Getreidesorten enthält, ist das geradezu ein diätetisches Lebensmittel. Teuer genug ist es, die Kleine Flasche kommt für 3,50 € auf den Tisch. Aber das fade Zeug enthält dafür:

„Reis, damit es vollkommen ist“

„Gerste, damit es traditionell ist“

„Roggen, damit es überraschend ist“

„Weizen, damit es reich und gehaltvoll ist“

„Mais, damit es leicht ist“

Derart gestärkt, treten wir die Weiterfahrt nach Larissa an, sitzen eine Weile mit der Schwiegermutter auf der Terasse in der Straßenschlucht mehrgeschossiger Hochhäuser, und fahren durch die  thessalische Tiefebene, dann durch die Berge von Mavrovouni, an den Ferienort Aghiocampus.

Landschaft in Thessalien, zwischen Larissa und Aghiocampos.

Endlose Autoschlangen aus Richtung Küste begenen uns in der Dämmerung, und lassen erahnen, dass wir dieses Jahr zu früh dran sind. Es ist noch Hauptferienzeit in Griechenland, und so erwartet uns am Ziel griechischer Freizeitterror total.

Einen Steinwurf von unserer Terrasse des Ferienhauses hat eine Strandbar aufgemacht und wummert die Häuserzeile mit Bässen voll, aber die kommt kaum gegen das lautstark schreiend sich unterhaltende, vierköpfige griechische Rentnergespann an, das sich in der Nachbarschaft eingemietet hat. Es ist ein seit der Antike gehütetes Geheimnis griechischer Rhetorik, der Nebensächlichkeit der Gedanken durch gewaltiges Anheben der Stimme Ausdruck zu verleihen. Den Rest besorgen knatternde Mopeds mit abgesägtem Auspuff, die Schaufahrten auf der Strandpromenade veranstalten.

Bloß weg von hier. Der Fluchtweg führt 5 Minuten fußläufig zum Lokal des „Lideris“, der sich mittlerweise durch seine gute Küche einen Namen gemacht hat. Es liegt etwas abseits im Ort, in einer Stichstrasse. Man sitzt zwischen Bäumchen draußen, es weht ein lauer Wind, die Kellner sind freundlich, aber unaufdringlich. Essen ist einfach und genial. Zum obligatorischen Tsipouro (ein Tresterschnaps, ziemlich hochprozentig) werden nach thessalischer Art – natürlich im Preis inbegriffen ) „Mesedes“, (Vorspeisen),  gereicht, in einem Umfange, wie sie eigentlich als Hauptgericht ausreichen würden. Es sind immer kleine Überraschungen, gleichsam eine Art „Gruß aus der Küche“, die aber in Griechenland eine lange Tradition haben, das Wort stammt noch aus dem Türkischen. Besonders klasse dieses mal : „Mydorisi“, eine Art Risotto mit Muscheln, lauwarm, mit Zitrone und sehr schmackhaftem Olivenöl serviert. Das Rezept werde ich noch abfassen, und hier einstellen.

„Mydorisi“ – Risotto mit Miesmuscheln, Dill und Olivenöl.

 

Kudsumures, paniert und gegrillt.

„Kudsumures“ heißen die kleinen, panierten und gegrillten Fischlein, die derart frisch und schmackhaft sind, dass sie nicht nur uns, sondern auch die kleinen Kätzchen begeisetrn, die flugs angeschossen kommen, und schüchtern wartend, dann, als sie merken, dass wir gute Mnschen sind, uns die Finger ablecken mit diesen Leckerreien ablecken. Im Verhalten sind griechische Katzen unseren einheimischen ähnlich, das heißt, eigentlich ist jede ein stolzes Individuum.

Griechenkatzen verfügen über ein Turbolaufwerk.

Fuchs-Katzen-Hybride

Nur dass sie anders aussehen: sie haben größere Augen, und fallen durch ihre viel längeren Beine auf. Wahrscheinlich haben Evolutuonsbiologen schon längst das Rätsel gelöst, aber ich habe meine eigene Theorie. Lange Beine sind von Vorteil, wenn man rennen muß – sei es, um Beute zu erhaschen oder menschlichen Fußtritten zu entkommen (leider sind nicht alle Griechen Katzenliebhaber, obwohl ihre Zahl stetig zunimmt). Kurze Beine sind dagegen hilfreich, wenn es gilt, Bäume zu erklettern. Hohe Kletterbäume als Zufluchtsort sind aber in Griechenland selten.

Der kommende 15.  August ist ein gestzlicher Feiertag, das Fest der Maria. Gefühlt jede zweite Frau hat an diesem Tag ihren Namenstag (Namenstage werden in Griechenland so gefeiert, wie bei uns Geburtstage), und ebenso traditionell ist dies der letzte Ferientag, der in Griechenland noch mal so richtig ausgekostet wird.  Als wir am Vorabend Aghiokampus mit Ziel Larissa und dann Volos- Zagora (Pilion) verlassen, kommen uns bereits lange Autoschlangen auf den Serpentinen entgegen. Sie bestätigen, dass unsere Absicht, die Gegenrichtung anzutreten, richtig war.

Der Zielort, Zagora, ist einer der Hauptorte der gebirgigen Halbinsel Pilion. Wie die meisten Orte liegt er in der Höhe, weit oberhalb des Meeres, um vor Piratenüberfällen geschützt zu sein. Hier, auf ca. 800 Metern Höhe im Pilion gelegen, feiern wir in den Namenstag unserer Schwägerin hinein. Das alte Steinhaus liegt einsam, hier stören wir niemanden, wenn wir uns um die Wette lautstark ausnahmslos dummes Zeug erzählen.

 

Des Hei-Wu Reise in das Land der Griechen.

Wieder ist ein Jahr vergangen, seit der letzten Griechenlandfahrt im Spätsommer 2011. Es hat sich viel getan, in Griechenland, wie auch in Halle. Griechenland befindet sich in einer schweren Krise, und in die sonst übliche Vorfreude auf ungetrübten Urlaub mischt sich Besorgnis. Kaum einer unter unseren griechischen Freunden und Anverwandten ist von der Wirtschaftskrise unverschont geblieben: Arbeitslosigkeit, massive Lohnkürzungen, gewaltige Steuererhöhungen, insbesondere indirekte Steuern, allgemeine Preissteigerungen machen dort das Leben schwierig, wie wir aus der Ferne immer wieder in Telefongesprächen erfahren. Schon letztes Jahr waren die Vorboten der Krise im Alltagsleben unübersehbar. Wir kommen aber nicht als Krisentouristen, wir werden über einige Facetten berichten, subjektiv aufgelesenen am Wegesrand, wobei die ganz persönlichen Dinge, die nicht in die  Öffentlichkeit gehören, natürlich ausbleiben werden.

Noch etwas ist anders: Die Reiseberichte des „Hei-Wu im Land der Griechen“ erscheinen dieses mal – und sicher auch die nächsten Male – hier auf diesen Seiten, im Hallespektrum. Nach und nach werde ich dann auch die beiden älteren Reiseberichte von 2010 und 2011 hierher kopieren.

Was ist dieses Jahr geplant? Der „Flieger“, wie man neudeutsch sagt, hebt gegen 18.30 h in Leipzig ab, Umsteigen in Frankfurt, und irgendwann werden wir in Athen landen, wo wir uns erst einmal bei der Anverwandschaft ausruhen. Es soll dann einen kurzen Abstecher wieder in den Pilion geben, dann fahren wir in die Umgebung von Larissa/Thessalien. Eine kleinere Rundreise, wahrscheinlich an die Nordwestküste, ist auch geplant.

Jetzt gleich fahre ich das Gimritzer Rechenzentrum herunter, ich muß noch die „Japanertasche“ packen, wie meine Frau die nennt. Die ganze Elektronik muß eben mit, Handy mit GPS, Kamera, diverse Ladegeräte, der Internetsticks von der OT, der griechischen Telekom, Speichermedien, aber auch Mitbringsel wie Samentütchen, botanisches Besteck zum Pflanzensammeln, schlichtweg: der Marsrover „Curiosity“ ist kaum besser ausgestattet, und die ausgebeulte, abgewetzte  Tasche wohl auch kaum leichter.

Unsere Katze liebt geöffnete Koffer nicht – die riechen nach Abreise. Die „Japanertasche“ erregt ihr Interesse sehr. Sie spielt schon mal „Sicherheitskontrolle“, ein schöner Vorgeschmack, wenn es nachher beim Check-in heißt: „Laptop bitte rausnehmen., „Öffnen!“, „Kamera auslösen“, „Nein, fotografieren im Sicherheit ist nicht gestattet..“

Und es heißt Abschied nehmen von der Katze, die mal wieder ahnt, dass sie verlassen wird. Die Nachbarn werden sich stündlich um sie kümmern, aber das weiß sie noch nicht, und deshalb streicht sie immer leise klagend um meine Beine herun.

 

 

Hallo Welt!

„Hallo Welt“ titelte WordPress diesen Blog. Vielleicht behalte ich den Titel. Passt doch zu dem, was ich hier vorhabe., nämlich Reiseberichte von überall außerhalb Halles verfassen.

Erst aber setze ich malmein schönstes Urlaubsbild hier rein: Die Katze „Gli“, die seit drei Jahren in der Aya Sofya (Hagia Sophia) in Istanul lebt, und von den dortigen Museumswärtern liebevoll versorgt und bewacht wird.

Gli

 

Impressum

Kurzmitteilung

Dies ist eine Unterseite von Hallespektrum.de.

Inhaltlich verantwortlich:

Dr. Chr.-Heinrich Wunderlich

Gut Gimritz 25

06108 Halle