Vergangenen Samstag kam es in Leipzig auf der von der Initiative „Querdenken“ ins Leben gerufenen Demonstration zu teilweise chaotischen Zuständen. Rund 20.000 Teilnehmer fanden sich zu dieser im Stadtzentrum ein, um gegen die von der Politik beschlossenen Corona-Maßnahmen zu demonstrieren. Die Polizei war ihrerseits mit knapp 2700 Beamten im Einsatz, hielt sich jedoch trotz zahlreicher Verstöße gegen die allgemein geltenden Hygieneregeln zunächst auffallend zurück und ließ die Demonstrierenden lange Zeit ungehindert gewähren.
Doch nicht nur aufgrund der fehlenden Ahndung dieser Verstöße gab es schnell harsche Kritik in Richtung des Verhaltens der Polizei. So war es zwischenzeitlich zu teils chaotischen Zuständen gekommen, in denen die Polizeibeamten einen unvorbereiteten und überforderten Eindruck gemacht hatten. In der sich aufheizenden Stimmung kam es dann sogar zum Einsatz von Pyrotechnik und einem gewaltsamen Angriff auf einen Pressevertreter.
Ganz vorne mit dabei: Der in Halle und inzwischen auch darüber hinaus bestens bekannte Rechtsextremist und Corona-Leugner Sven Liebich. In einem Video ist er in einem weißen Overall zu sehen, in dem er einen Mann festhält und kurz darauf „im Kreise seiner getreuen Anhänger“ auf ihn einschlägt. Erst deutlich später schafft es die Polizei dazwischen zugehen.
Dem Angriff waren paradoxerweise laute Rufe der Demonstranten vorausgegangen, in denen sie der Polizei „Keine Gewalt!“ entgegen skandierten. – Scheinbar eine Masche, die Beteiligten aller Seiten nervös zu machen und mögliche Ausschreitungen dann als „Polizeigewalt gegen friedliche Bürger“ verkaufen zu können.
Ebenso paradox: Sich auf der einen Seite stets auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit, die in diesem Land herrschen, zu beziehen und andererseits die Pressefreiheit sosehr mit Füßen zu treten, dass es letztlich nicht nur bei verbalen Anfeindungen bleibt, sondern zu handfesten Angriffen kommt, in denen sich das gewaltbereite, wahre Gesicht vieler „Wutbürger“ erst so richtig zeigt.
Außenminister Heiko Maas erklärte hierzu äußerst treffend: „Das Grundgesetz garantiert das Demonstrationsrecht. Wer aber wie in Leipzig Mitmenschen gefährdet, PolizistInnen und JournalistInnen angreift, rechtsextreme Hetze verbreitet oder bei Gegendemonstrationen Barrikaden anzündet, verlässt diesen Schutzbereich des Grundrechts deutlich.“
Aufgrund des Zwischenfalls wurden nun sogar personelle Konsequenzen in einer Kita in Halle gezogen. Hier wurde eine Erzieherin, die in besagtem Video deutlich beim Angriff auf den Mann zu sehen ist, mit sofortiger Wirkung beurlaubt.
Wie allgemein mit den erneuten Ausschreitungen bei einer Corona-Demo umzugehen ist, wird aktuell noch diskutiert. Einige sehen Staatsversagen, andere verteidigen das Polizeivorgehen. Zu letzteren gehört auch Innenminister Horst Seehofer. Heute kommentierte er: „Das Versammlungsrecht muss gewährleistet werden, erst recht in der Krise. Dennoch müssen die Regeln der Versammlungsbehörden eingehalten und durchgesetzt werden können.“
19 comments on “Querdenker-Demo in Leipzig – Hallenser mischt(en) mit”
Ich widerspreche diesem Bericht über die Demo in Leipzig. Der Berichterstatter war offenbar nicht in Leipzig dabei. Die ganze Demo wurde stundenlang per facebook von mindestens zwei verschiedenen Leuten übertragen. Das hätte er sich ansehen können, Die Wiedergabe die Zahl von 20 000 Teilnehmern ist schon absolut falsch, es waren mindestens 45 000. Freunde von mir haben mir auch Videos und Fotos geschickt.
Gewalt ging von schwarz gekleideten Personen aus, die auch Flaschen und Feuerwerkskörper auf Polizisten geworfen haben , die offensichtlich nicht zur Corona-Demo gehörten, das ist in den Videos eindeutig zu sehen. Zu Liebich kann ich nichts sagen, wer weiß was der wieder veranstaltet hat.
Die Ausschreitungen in Connewitz hatten nichts mit der Corona-Demo zu tun.
“ es waren mindestens 45 000.“
Konnte man das in den Videos zählen?
Natürlich nicht, aber der Leipziger SPD-MdB, der an mehreren Montagsdemos vor der Oper gesprochen hat und auch beim Willy-Brandt-Besuch neben ihm auf den Treppen der Oper stand und die damals genannten Zahlen kennt, hat jetzt anhand von Fotos bestätigt, dass es mindestens 45 000 waren. Ich schicke dir die Fotos an Deine Adresse.
Standen die beim Willi-Brandt-Besuch auch so brav im Corona-Abstand auseinader?
Was ist denn daran besser, wenn 45.000 anstatt 20.000 Covidioten ohne Maske demonstrieren?
Ich gebs auf, vielleicht irre ich mich und es gab gar keine Demo in Leipzig.
Wenn es denn 45.000 waren, frage ich mich erst recht, wieso man sowas genehmigt. Wir sind schließlich im Teil-Lockdown und wollen die Infiziertenzahlen senken. Wie bitte soll das funktionieren, wenn massenweise Leute aus ganz Deutschland eng gedrängt und Bussen und Bahnen an und wieder abreisen. Wegen solcher Egoisten werden die Coronamaßnahmen erst erforderlich.
@wolli
Was soll diese Zahlenmeierei? Letztlich ist es egal ob dort 20,000 oder 40000 Leute dort gewesen sind. Jahrelang sind 80.000-100.000 Leute zum Liebknecht-Luxemburg Gedenken gekommen und die Polzei hat von 10.000 höchsten 20.000 Leuten gefaselt. Das Zahlenspiel gehört nunmal dazu. Demonstrationen lassen sich im allgemeinen recht gut beim Vorbeilaufen zählen, für Kundgebungen braucht man allerdings Luftbilder.
Ansonsten ist der Demo eine dubiose Gerichts-Entscheidung vorangegangen und das Innenministerium wäscht so seine Hände in Unschuld.
Inhaltlich lässt sich vermutlich kaum etwas ergänzen (gut ich war nicht da, mir haben die An- und Abreisenden gefehlt) aber mehr als grenzenloser, dummdreister Egoismus war es wohl nicht
Nachtrag: Der Unterschied zu den zuletzt eher spärlich besuchten Anti-Corona-Maßnahmen Demo im Süden und Südwesten der Bundesrepublik war doch, dass diesmal die Nazis bundesweit für Leipzig mobilisiert hatten. Womit die Demonstrationsveranstalter offensichtlich kein Problem drin sahen. In Halle gab es wenigstens noch zuvor Alibi-Statements bevor man dann doch gemeinsam mit Nazis durch die Stadt zog.
Für fractus ist der Rechtsstaat natürlich dubios, schon schlimm wenn ein Gericht Grundrechte schützt.
Dubiosität ist in der Tat ein hartes, eventuell unglückliches, Attribut für eine gerichtliche Entscheidung in einem Rechtsstaat. Aber nicht jede Gerichtsentscheidung in einem Rechtsstaat ist ein ausgewogenes Meisterwerk der Rechtswissenschaft.
@Cata: Du verwendest die Floskel „in der Tat“- achte mal darauf, wie viele das tun in den Medien. Ich fühle mich immer versucht zu fragen: Und was passiert in der Untätigkeit, beim Nichtstun?
Bettina Schausten verwendet dieswe Floskel nur noch höchst selten und Prof. Brodocz aus Erfurt verzichtete inzwischen auch, nachdem ich in Protest ging ( über die Fernsehsender).
Auch „von daher“ muss weg, gtoogelt mal….Aber im Stadtrat und bei Onkel Bernd muss das noch „begradigt “ werden, denn von „dorther“ gibt es auch nicht.
Auch eine richterliche Entscheidung steht nicht jenseits der Kritik. Insofern ist das Wort dubios bewusst gewählt.
Es zielte aber nicht nur auf die äußerst fragwürdige Entscheidung des konservativen Richtergremiums ab. (Die CDU dominiert den Freistaat seit 1990 und hat entsprechend Einfluss auf die Besetzung solcher Posten genommen)
Auch verstehe ich nicht, wieso die Stadt bzw. das Innenministerium nicht deutlich machen konnten, was zu erwartbar gewesen ist. Das Ammenmärchen von der überraschten Polizei glaube ich nicht, ansonsten müsste der Innenminister wegen Überforderung sofort zurücktreten.
Es sei dann, das Agieren der CDU-Regierungsmitglieder war ein bewusstes Koalitionsangebot an die Rechte mit der AfD als ihren parlamentarischen Arm.
„Und was passiert in der Untätigkeit, beim Nichtstun?“
Nichts. Mit tätig/untätig sein, hat der Ausdruck nicht viel gemein. Aber darum geht es hier nicht.
Nachtrag; Wer glaubt, Kritik an einer Gerichtsentscheidung sei nichtlegitim oder verstoße gar gegen die Prinzipien der bundesrepublikanischen Verfassung, der hat die Prinzipien offenbar nicht mal im Ansatz verstanden und steht somit außerhalb derselben.
„„Und was passiert in der Untätigkeit, beim Nichtstun?“
Nichts. Mit tätig/untätig sein, hat der Ausdruck nicht viel gemein. Aber darum geht es hier nicht.“
meist haben die redewendungen doch genau mit den verwendeten wörtern zu tun, so auch hier. wahrscheinlich wollten Sie damit das „tat“kräftige, unmittelbare, handfeste Ihrer meinung unterstreichen.
was ja nicht schlimm, nur unnütz ist.
viel schlimmer finde ich hier im artikel, hier im forum, auch bei anderen themen, anderen medien die keulen, die herausgeholt werden: generalisierungen, skandalisierung, wiederholung der nebensächlichkeiten/meinungen, bis sie „wahr“ werden/klingen, sensationsheischende empörung bis ins unendliche, jedenfalls so weit, bis ein gegenüber entweder sich nix mehr traut zu sagen, oder, falls er sich doch traut, gottseidank als extrem andersdenkender entlarvt und sozial geächtet werden kann.
also mein eindruck war eigentlich: gut, daß die masse friedlich da war, nix (weiter) passiert ist, sondern quasi „nur“ die paar obligaten nazispinner und der linke quotenböller durch die polizei letztlich gut im schach gehalten worden waren.
tja, so verschieden kann man’s sehen.
Maskenpflicht für die Blöddenker, Recht auf körperliche Unversehrtheit für alle anderen!
Komisch, fractus glaubt, dass Kritik an Querdenkern die ein Problem mit einer Gerichtsentscheidung haben irgendwie nicht legitim ist. Ich hoffe deine Freundin arbeitet nicht in einer Kita, die Ironie wäre echt zu viel des Guten.
Apropos Dubioses Urteil,
wie der Spiegel berichtet, hat das OVG Bautzen nun seine Entscheidung begründet. Wie erwartbar, war die Basis für das Verlegen der Demo auf den Augustusplatz die Aussage der Polizei, die zum einen wohl eine zu geringe Anzahl von Demonstranten erwartet hatte, zum anderen wohl auch nichts von der großen überregionalen Mobilisierung gewaltbereiter Rechtsextremer nach Leipzig erzählt hat. Und Hinterher wäscht das Innenministerium noch seine Hände in Unschuld. Es war ja der Beschluss des OVG.