Verdächtiges Treiben im lila Lampenlicht

13. Februar 2017 | Bild der Woche | 6 Kommentare

Bevor wir zur nächsten Wochenpflanze kommen, hier zunächst die Auflösung des letzten Rätsels:

Zu uns sprach Rubus, die Brombeere, aus der Familie der Rosengewächse (ja, Hei-Wu, du warst auf der richtigen Spur!). Ihr Porträt war etwas knifflig: Zieht jemand den richtigen Schluss der Wintergrüne, und zeigt man dazu ihre „bedornten“ Äste, ist das Rätsel schnurstracks gelöst. Die Blätter allein waren – neben ihrer Wortkargheit – aber doch nicht ausreichend für des Rätsels Lösung. Eine schwierige Gratwanderung, die wir Verfasser möglichst spannend hinzubekommen versuchen. Oft fragen wir uns auch: Wer liest überhaupt mit? Wir freuen uns über Leser-Kommentare, sie müssen nicht direkt zur Aufklärung beitragen.

Vom linken Bild stammt der letztwöchige Ausschnitt: Die Brombeerranken sind im Hintergrund, die Zweige im Vordergrund gehören einer anderen Pflanze (?). Hätten wir das rechte Bild mit Brombeerranken und –blättern gewählt, wäre die Lösung zu einfach gewesen – richtig?

Nun eine kurze, zurückhaltende Auflösung: Denn über Brombeeren könnte man Romane schreiben, allein wenn sich über die Taxonomie nähert. Oder über die Verwendung der Beeren (als kostenlose, üppige Köstlichkeit der Natur in einer Häufigkeit, dass mundraub.org sie gar nicht erfassen könnte) und der Blätter (als Teedroge oder Arzneimittel).

Stabschrecke mimesis (c) A.S.

Hier ist die Verwendung als (Haupt-)Nahrungsmittel gezeigt: Stabschrecken stehen drauf! Kann man in dem Gewirr die echten Äste von den Stabschrecken-Körpern unterscheiden? Durch diese (Phyto-)Mimese ist die Stabschrecke gut getarnt.

Manche Nagetiere mögen getrocknete  Brombeerblätter, das Pferd weidet das frische Blatt unfallfrei ab. Denn Brombeerblätter enthalten Gerbstoffe, die eine positive Wirkung auf Haut und Schleimhäute aufweisen. So empfiehlt sich dem, der zu gierig nach den schwarz glänzenden Sammelsteinfrüchten gegriffen hat, ein heilendes Handbad im Blättersud. Oder ein Ganzkörperbad, denn Brombeeren sollen immer in der Nähe von Brennnesseln wachsen. Man könnte auch auf stachellose, amerikanische Kultursorten zurückgreifen, falls sie anwachsen.

Ein in der Sakralkunst häufig aufgegriffenes Motiv ist der „brennende Dornbusch“ (- seine bekannteste Rolle), in dem Gott sich Mose namentlich offenbart hat.

Der brennende Dornbursch, einer der Höhepunkte im Alten Testament (hier aus der Schule Raffaels in der italienischen Renaissance). Ob es wirklich ein brennender Busch war oder eine Allegorie des brennenden Gewissens, vielleicht sogar ein Raumschiff (wie an anderer Stelle von Hesekiel beschrieben), ist eine offene Diskussion Bibelkundiger.

Ein Ableger dieses biblischen Dornbuschs wird heute auf dem Sinai verehrt: Es handelt sich um Rubus sanctus, der am Fuß des Berges im UNESCO-Welterbe Katharinenkloster wächst. Doch eigentlich hat Rubus gar keine Dornen: Es sind Stacheln, also vielzellige Auswüchse, und nicht umgebildete Organe wie bei Dornen. Wir verwenden diese Begriffe übrigens meistens falsch: Die Rose besitzt keine Dornen, der Kaktus keine Stacheln. Umgekehrt ist es richtig!

Vielleicht war es auch dort, auf dem Sinai, wo sich – einer Legende nach –die Haare der Muttergottes an den Stacheln eines Brombeerstrauches verfingen, als sie vorbeiritt. Daraufhin soll sie den Strauch verflucht haben, sodass seine Zweige seither kriechend am Boden wachsen müssen. Jeder „Brombeerjäger“ (der die Ranken ebenso verfluchen wird) kennt das: Die Ruten der wild wachsenden Pflanze schlagen dort, wo sie den Boden berühren, weitere Wurzeln, was das Ausreißen nochmals erschwert. Nicht zu vergessen die bis zu 6 Meter langen, bewurzelten Ausläufer unter der Erde, die munter an beliebigen Stellen austreten und neue Brombeersträucher wuchern lassen. Welch‘ eine Freude im eigenen Garten!

Brombeeren (c) Wikimedia commons)

Aus zufälligen Kreuzungen können sich dabei neue Arten entwickeln (etwa 400 sind in allein in Deutschland bekannt). Viel Arbeit für die wenigen Brombeerforscher in Deutschland, die übrigens mehrheitlich als Rentner diesem Hobby nachgehen und entscheidende Beiträge zu den Kartierungen des Forschungsgebietes leisten. (A.S.)

Und hier kommt die Pflanze dieser Woche (13.-19. Februar):

Verdächtiges Treiben im lila Diskolicht

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Die Sämlinge im lila Diskolicht gehören zu unserer gesuchten Pflanze

Magisches rosafarbenes Licht durchflutet die Veranda, und spiegelt sich auch noch in den glitzernen Schneeresten draußen auf dem Bürgersteig vor dem Haus. Irritierend für Passanten, diese merkwürdige Diskobeleuchtung, vielleicht sogar verdächtig. Manchmal erkennen sie eine schattenhafte Gestalt in der violetten Lichthölle, die mit einer Gießkanne hantiert. Was wird da getrieben? Illegaler Drogenanbau? man hört doch in letzter Zeit so viel !
Unseren merkwürdigen Gärtner drinnen im Hause kümmern solche Spekulationen nicht. Weiß er doch, dass das, was er hier treibt, völlig legal ist, auch wenn die Pflanzen, die eines Tages Früchte mit einem hochwirksamen Alkaloid tragen werden, hier im in jeder Hinsicht gemäßigten Mitteleuropa ziemlich unbekannt sind. Und ziemlich gewöhnungsbedürftig. Gerade mal sind die ersten paarig angeordneten, lanzettlichen Keimblätter zu sehen, doch unser unheimlicher Gärtner freut sich schon auf die Ernte im Herbst. Da wird er die Früchte in Scheiben schneiden, die schwarzen Samen herausnehmen, und mit den saftig roten Scheiben einen Salat anrichten, mit Mozzarella und Basilikum. Und dann zur nächsten Party mitbringen. Ein Höllenspaß wird das, freut er sich schon jetzt ein Loch in den Bauch.  Doch bis es soweit ist, hat unser winterlicher Indoor-Campesino noch allerhand Sorge zu tragen. Prima Klima, in Lima, findet er, während er das Thermometer prüft, das in dem Kultursubstrat steckt. 28 Grad, das passt.

Unsere Fragen:

  1. Was für Früchtchen zieht unser Campesino da heran?
  2. Wie wirken die Alkaloide?
  3. Warum/wozu ist das Licht lila?

 

 

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