Tragos Wiesen-Pogo

16. August 2021 | Bild der Woche | 5 Kommentare

Überall am Feldrand standen sie herum, die „Riesen-Pusteblumen“. Heino war erfreut und erleichtert. „Cool, noch nie gesehen, und unsere Leser bestimmt auch nicht“, fand er und brachte sein Diensthandy in Stellung. Gleich nach dem Türkeiurlaub, für den er sich, ganz politisch korrekt, immer noch leicht schämte, hatte er der Redaktion nämlich ein fertiges Manuskript für die fällige Pflanze der Woche abzuliefern. Aber noch immer plagte ihn „Nix Idee“, also jenes in der Redaktion so quälend bekanntes Phänomen: das Fehlen jeglichen Schimmers, was man noch als Pflanze der Woche präsentieren könnte.  Als sich Heino mit seinem Androiden an die großen weißen Bälle neben dem Maisfeld im Saalekreis heran pirschte, wurde ihm gewahr, dass sich die Ballons aus Schirmfliegern wohl aus zwiebelturmartigen „Minaretts“ heraus entwickelt hatten. Mehr konnte er allerdings nicht erkennen, Blüten gab es keine mehr. Im Zustand der Ahnungslosigkeit hatte ihm aber schon öfters „Google-Lens“, jene  begnadete App der Besserwissenden, geholfen. Heiko knipste, und nach einer Weile, während der die fröhlichen weißen Punkte auf dem Pflanzenbild umhertanzten, staunte er nicht schlecht: es erschienen Bilder von Tellern mit Gemüse, und Worte wie „Yemlik oto“, „Tarifler“ erschienen auf dem Schirm, in den empfohlenen Videos schmorten irgendwelche veganen Hildmänner Grasbüschel und Wurzeln oder wälzten sie in Salz.

Heino fluchte: spätestens zum Rückflug hätte er die Spracheinstellung zurück stellen sollen.  Er rief  Elfriede an,  schickte ihr Fotos, doch der Akku war so gut wie runter, als sich die Freundin von der Bodenstation wieder meldete. Er verstand nur Fetzen: irgend etwas mit „Drago“ oder „Trago“ (Elfriedes Hallesche T/D-Schwäche), „Bock“ und „Pogo“.  Abgesehen davon, dass die Blüten gelb sein sollten, verstand unser Redaktionsheld nun gar nichts mehr. Ihr, liebe Freunde, werdet aber Heino sicher weiter helfen können:

Wenn Ihr nun losgoogelt, werdet Ihr feststellen, dass man mit den „Tarifler“ nicht verreisen kann, und dass der Osmane keinesfalls den Ziegen das Gras aus der Futterkrippe fortfrisst, auch tanzt man nicht den Pogo, denn hier geht es vielmehr um ein bestimmtes langes, vorwiegend männliches, tierisches Körperanhängsel.

  • Kurzum: um welche Pflanze handelt es sich?
  • Was bedeuten die merkwürdigen fremd- und altsprachlichen Versatzstücke?
  • Und ist die Geschichte nicht in einer gewissenweise tragisch, d.h. je geradezu verbockt?

(H.W.)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche (Beliebtes Küchenkraut..): Petersilie, Petroselinum crispum

 

 

Nicht nur für Asterix-Leser war es leicht zu ermitteln, dass die Petersilie gemeint war. heiwu ergänzte die Beschreibung noch wie folgt: „Dass die Griechen Petersilie nicht als Würzkraut nahmen, scheint nicht zu stimmen, hier scheint sich zumindest Wikipedia zu irren. Im Kochbuch des Apicius (der ja  griechischen Migrationshintergrund hatte), kommt Petersilie mehrfach vor (Petrosilenum), daneben gibt es Apium, den wir mit „Sellerie“ übersetzen. Heute ist Petersilie übrigens unverzichtbarer Bestandteil der griechischen Küche. Sie nennen ihn aber „Maydanos“, ein Wort, das eine bemerkenswerte Rundreise durch den Balkan gemacht hat. „Maydanoz“ heißt es auf Türkisch, aber die Osmanen haben das Wort auch nicht erfunden – es kommt über das slavisch-pomackische vom griechischen Wort „Makedonikos“, oder aber direkt aus dem Griechichen, wie Gernot Katzer auf seinen „Gewürzseiten“ schreibt: „Dabei handelt es sich aber wohl eher um Volksetymologie, denn bereits im Altgriechischen ist ein Pflanzenname magydaris [μαγύδαρις] für einen Doldenblütler aus Syrien bezeugt, der gelegentlich mit Silphion verwechselt wurde (wie Theophrastus schrieb)“. Danke HeiWu! „Echte Rätsel-Fründe ston zesame, su wie ene Jost un Pott.

(Hans Ferenz)

Noch mehr „Pflanzen der Woche“ findet Ihr übrigens in unserem Archiv. Seit 2016, jede Woche ein Gewächs.

 

 

 

 

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