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Stinkendes Gemüse

Pflanze der Woche, 20.-26. Januar 2025

Der Streit war fast schon vorprogrammiert, als Elfriede in die Küche ging. Sie holte das Gemüse aus dem Kühlschrank – und natürlich wieder dieses Grünzeug, das Heino so hasste. „Du weißt genau, dass ich dieses Zeug nicht mag. Der Geruch macht mich wahnsinnig!“, brummte er.
„Das kommt nun mal in eine Soljanka, das war schon immer so“, bemerkte Elfriede und schnitt die grünen Stängel und Blätter in kleine Stücke, bevor sie sie in den Topf warf. In diesem befand sich bereits eine Mischung aus allerlei Gemüse und Essensresten der letzten Tage: Wurst, Schinken, Kartoffeln, Möhren, Fett, Essig, saure Gurken. Alles, was der Kühlschrank hergab, und ein Übermaß an Tomatenmark hatte der blubbernden Masse eine ansehnliche rote Farbe verliehen. Heino musste zugeben, der farbliche Kontrast zu den grünen Blättern sah zumindest optisch gut aus.
„Aber nicht dieses grässliche Zeug!“, fluchte er.
„Die Römer haben das nicht umsonst ‚heftig stinkend‘ genannt. Das steht heute noch im wissenschaftlichen Namen: ‚Kräftig stinkend’“, erklärte er.
„Du hast überhaupt keine Ahnung!“, fauchte Elfriede zurück. „Der Name stammt nicht von den Römern, und die haben das überall zum Essen getan!“
„Die haben aber wenigstens nicht so einen Russenfraß gekocht.“
„Das ist kein Russenfraß! Soljanka stammt aus der Ukraine!“, konterte Elfriede schlagfertig.

„Das Zeug jedenfalls ist die Hauptursache für Gemüseallergien und birgt das Risiko schwerer allergischer Reaktionen“, googelte Heino und las der noch immer kochenden Elfriede vor.
„Du bist aber nicht allergisch. Sonst würdest du ja auch von Brühwürfeln Pickel bekommen“, stellte Elfriede trocken fest.
„Es enthält Butylphtalid“, las Heino weiter vor.
„Na und?“, antwortete Elfriede. „Das macht eben das Aroma aus.“
„Das stinkt scheußlich!“, grummelte Heino.
„Übrigens, das ist ein altes Hausmittel. Wäre auch mal was für dich, mein Freund. Dann klappt’s auch wieder im Bett“, stichelte Elfriede.
„Eher soll mir der Schwanz abfaulen, bevor ich das Zeug auch noch roh runterwürge“, brummte Heino. Tatsächlich war er mit dieser Abneigung nicht allein. Viele Menschen mögen dieses Gemüse in roher und konzentrierter Form nicht, während es gekocht, in Suppen und deftigen Gerichten unverzichtbar ist.
Elfriede hatte jedoch recht: Schon die Römer verwendeten dieses Würzgemüse gerne. Im Kochbuch des Apicius, das wohl im dritten Jahrhundert nach Christus entstand, wird es sage und schreibe 72 Mal in den Rezepten aufgeführt – praktisch in jeder Soße war es enthalten. Sogar ein beliebtes Püree wurde aus dem „schwer stinkenden“ Gemüse gemacht. Das Rezept lautet im Original: „Aliter olus molle: eum coques ex aqua nitrata, exprimes et concides minutatim. In mortario teres piper, ligusticum, origanum, cepam, vinum, liquamen et oleum. Coques in pultario, et sic eum commisces.“

„Die Römer waren doch sowieso abartig. Die haben sogar verfaulten Fisch als Würze benutzt“, frotzelte Heino. „Da esse ich lieber einen Topf von deinem Russenfraß.“ Tatsächlich musste Heino zugeben, dass es aus dem Topf insgesamt doch ganz lecker roch.

Übrigens begann man erst im 17. Jahrhundert, verschiedene Wuchsformen aus der eigentlich unscheinbaren Pflanze zu ziehen. Die einen bevorzugten dicke Wurzeln, die anderen die Stängel, wieder andere mochten die Blätter mehr.

Aber woher stammt das Gemüse eigentlich? Benannt wurde es nach einem Fluss in Sizilien, der bei einer griechischen Stadt, ebenfalls mit einem ähnlichen Namen, ins Meer floss. Dort wuchs das Gemüse wild, und die Griechen benannten die Pflanze, die in den Sümpfen des Flusses wuchs, nach diesem Fluss.
In dieser Gegend haben die Griechen nicht nur Sellerie angebaut, sondern auch stattliche Tempel errichtet, die man heute noch besichtigen kann.

So, genug erzählt. Jetzt kommen die Fragen:

  • Um welches Gemüse handelt es sich?
  • Wie nannten die Römer es? Und stimmt es, dass sie es als „kräftig stinkend“ bezeichnet haben, oder war das jemand anderes?
  • Welche Tempel stehen in der griechischen Stadt auf Sizilien? Die Säulen erinnern in ihrer Form an die Gemüsestängel. In welcher Hinsicht?

Auflösung der letzten Pflanze der Woche (Gefährliche Kernkraft): gewöhnliche Mandel, (Prunus dulcis, ältere: Amygdalus communis)

Die wesentlichen Fragen hatte unser User Rati korrekt beantwortet. Wir gratulieren!

Der Text hätte zunächst auch auf Pfirsiche, Aprikosen und Mandeln zutreffen können, die miteinander eng verwandt sind, und deren Kerne zu ähnlichen aromatischen Massen verarbeitet werden können (Persipan) Den Hinweis auf die Mandel ergab aber dann der „Süße Teig“ (das Marzipan), der mit den norddeutschen Hansestädten (Lübeck, Königsberg) und der spanischen Stadt Toledo in Verbindung steht. Die Herkunft des Namens „Marzipan“ ist umstritten. Sicher ist jedoch, dass Marzipan persischen Ursprungs ist. Der Name könnte sich vom persischen „marzbān“ oder „märzäpan“ ableiten, was „Markgraf“ oder „Grenzfürst“ bedeutet.

Welcher Teil der Pflanze wird gegessen – Perikarp, Mesokarp, Exokarp, Endokarp, Endosperm, Samenschale oder Embryo? Und warum ist es beim Pfirsich anders?

  1. Bei der Mandel wird der Samen, also der Embryo und das Endosperm, des Kerns gegessen. Der Samen ist der essbare Teil der Mandel, der von der harten Schale des Kerns umgeben ist.
  2. Beim Pfirsich hingegen wird das Fruchtfleisch (Mesokarp) gegessen. Der Stein, der das Endokarp bildet, enthält die bitteren und potenziell giftigen Kerne, die nicht verzehrt werden sollten

Welche Farbe hatte die Substanz, die mit Schwefelsäure reagierte?

Die Substanz war Berliner Blau, ein Farbpigment, das Eisen(II,III) hexacyanoferrat (II,III) enthält. Wenn Berliner Blau mit Schwefelsäure reagiert, wird Cyanid freigesetzt, das in Form von Cyanwasserstoffgas (Blausäure) entweicht. Der Name „Blausäure“ kommt nicht daher, dass die Säure selbst blau ist, sondern weil sie ursprünglich aus dem blauen Pigment gewonnen wurde.

Und wie heißt der Aromastoff, der ungiftig ist?

Mandeln, insbesondere die bittere Variante, enthalten ebenso wie Pfirsich- und Aprikosensamen den Stoff Amygdalin. Dieser Stoff wird in Gegenwart von Feuchtigkeit enzymatisch gespalten. Dabei wird einerseits Blausäure (Cyabwasserstoff) freigesetzt, andererseits auch Benzaldehyd. Dieser ist für das typische Bittermandelaroma verantwortlich und wird als künstliches Backaroma synthetisch gergestellt und verkauft. Der Aromastoff, der in Mandeln vorkommt und ungiftig ist, ist das Benzaldehyd. Dieser Stoff ist verantwortlich für das typische Bittermandelaroma und wird auch synthetisch als künstliches Backaroma verwendet.


Blüht diese Pflanze auch bei uns schon?

  1. Ja, der Mandelbaum blüht in wärmeren Regionen, vor allem im Frühling. In einigen Weinbaugebieten Süddeutschlands kann man ihn gelegentlich antreffen. Die Früchte reifen dort jedoch selten, da die Blüten frostempfindlich sind. In südeuropäischen Ländern blüht der Mandelbaum sogar schon im Januar oder Februar, und die Erntezeit fällt dann auf den September.

Weitere Pflanzen der Woche findet Ihr in unserem Archiv – seit 2016, ohne Auslassung, jede Woche eine.

8 comments on “Stinkendes Gemüse”

  1. Ich würde mal sagen, dass es sich um Sellerie handelt.
    Bei den Römern hieß er Apium. In Syrakos steht der Apollontempel.
    Die Säulen haben flache Kanneluren an der Außenseite, ähnlich wie bei den Selleriestengeln.

  2. Bei Syrakos auf Sizilien münden der Apakis und die Ciane. Letzerer Fluss soll das einzige wilde Vorkommen der Papyrusstaude an seinen sumpfigen Ufern führen. Der Querschnitt der dorischen Säule erinnert gewiss an einen Selleriestängel, aber auch an Papyrus. Aber dorische Tempel gibt es nicht nur auf Sizilien, sondern auch in Süditalien. Ob man Papyrusstängel in die Suppe tut? Hm, nie gehört. Es bleibt also kryptisch. Ist halt auch eine Frage, wieviel Prozent man den Hinweisen in solchen Rätseltexten vertrauen darf. Die Kücheneinrichtung jedenfalls erinnert mich an meine Kindheit.

  3. „In den sumpfigen Niederungen des Flusses Selinus gab es große Bestände wilden Selleries, die namensgebend für die Stadt und den Fluss wurden. Sogar das Wappen der Stadt war dem Sellerie gewidmet und enthielt den Zipfel eines Sellerieblattes.“sagt uns Wikipedia

    Apium, Sellerie, war als Würzpflanze im gesamten Reich weit verbreitet. Die Römer nutzten für ihre Gerichte Blätter, Stängel, Knollen und auch dessen Samen als Gewürz. Ich finde Sellerie riecht angenehm, wieso soll der Geruch die Römer gestört haben

  4. Die Akropolis weist vier Tempel auf, dazu gut erhaltene Terrassierungen und Befestigungen aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. Einer der Tempel ist der Tempel C (6 mal 17 Säulen) aus der Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr., der teilweise restauriert wurde, ein weiterer ist der jüngere Tempel B. Auf dem Osthügel im Osten der Akropolis befinden sich Reste von 12 Tempeln aus dem 6. und 5. Jahrhundert v. Chr.; dazu zählt der vermutlich der Göttin Hera geweihte Tempel E. Einen Hinweis auf die Kannelierung nach Art der Selleriestängel fand ich nicht. Es sind dorischen Säulen.

  5. Von der Pflanze zum Staubsauger und zum Arbeitsschutz
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    Daran ist hei- wu schuld, der seine Betrachtungen auf die Kücheneinrichtung erweiterte.
    Tja, wie sich die Gedanken so v e r k n ü p p e r n im Koppe.

    Gorki und Nhu Deng haben recht- Sellerie ist es. Kaufte man früher ein Bündel Suppengrün ( heute selten genug im Angebot), gehörte immer eine Scheibe Sellerie dazu. Auch Sellerriekraut kann man zur Suppe verwenden als zusätzliches Suppengrün. Man kann es auch trocknen und später verwenden zu Suppen.
    Wer Sellerrie als stinkend empfindet, ist farbenblind auf der Zunge…..
    Die Stärkung der Männlichkeit ist wohl nicht wissenschaftlich erwiesen, obgleich viele Männer das meinen und ausprobieren. Einbildung hilft auch viel.
    Mir gefällt die Kleidung der beiden Abgebildeten, wohl eine Herstellerfirma des Stoffes, eine Art Partnerlook, schön.
    Die Fenster möchte ich aber nicht putzen, zum Glück habe ich andere Fenster, die
    weniger Aufwand erfordern. Ist übrigens bekannt, dass Beschäftigte eines Pflegedienstes
    ( hauswirtschaftliche Arbeiten) keine Fenster zu putzen brauchen, wenn sie dazu eine Leiter benutzen müssen? Auch Gardinen anbringen ist für sie tabu, wenn dazu eine Le3iter gebraucht wird. Putzig, aber wahr, denn sie könnten ja von der Leiter fallen. Dieser Gefahr dürfen sie nicht ausgesetzt werden.
    Ich vermute, bald werden sie aquch nicht mit dem Staubsauger arbeiten dürfen- Achtung Unfallgefahr, sie könnten ja über ihn stolpern!!! 🙂
    Arbeitssschutz ist eine ernste Sache, aber er kann auch erheiternd sein.

  6. Vergessliche alte Leute- hier noch etwas:

    Der Sellerie wurde auch besungen:
    „Freu Di Fritzchen, freu Di Fritzchen,
    Morgen gibs Selleriesalat….. „

  7. @Elfriede: ich will die Gefahren, die den Gebrauch eines Staubsaugers betreffen, nicht weiter ausführen, hierzu gibt es bereits eine ganze lange Doktorarbeit ( https://de.wikipedia.org/wiki/Penisverletzungen_bei_Masturbation_mit_Staubsaugern ).
    Klar ist, dass nach solchen Unfällen Sellerie dann auch nicht mehr hilft (um mal zum Thema zurück zu kommen).
    Suppengrün gibt es übrigens standardmäßig bei Aldi. Und zwar komplett zusammengepackt mit Sellerieknolle, Petersilie, Möhren und Lauch.

    Und zumindest der olle Linne fand, dass Sellerie stinkt: https://www.latein.me/latein/graveolens

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