Schotenbaum an der Bahn

28. Februar 2022 | Bild der Woche | 4 Kommentare

Heino hatte die ganze Nacht durch am Rechner gesessen, parallel dazu lief der Fernseher. Immer wieder brummte das Handy, meldete sich die Facebook-oder Telegrammgruppe mit neuesten Nachrichten zur Situation in der Ukraine. Eigentlich hatte er sich ein entspanntes Wochenende mit Elfriede gewünscht, nun war ihm kaum mehr danach. Übermüdet war er irgendwann eingeschlagen, träumte im Halbschlaf davon, wie man dem grausamen Monster beikommen könne. Mit Gift? giftige Erbsenschoten vielleicht?

Gegen Mittags sind sie dann doch losgekommen, Elfriede hatte ihn zu einem kleinen Spaziergang überredet: „Frische Luft, und eine neue Pflanze brauchen wir auch“, legte sie fest. So stapften sie los, und  wenigstens war das Wetter für einen End-Februartag schon recht brauchbar. „Frühblüher“ stellten sich dann auch ein, auf diesem Spaziergang, der als eine Art Hohlweg“ ausgebildet war. Schnurgerade führte er von „Delitz am Berge“ westwärts durch einen recht jungen Wald Richtung Bad Lauchstädt.

„Die hatten wir alle schon mal dran“, befand Heino, als seine Freundin auf eine Gruppe Winterlinge zustürmte oder verwilderte Schneeglöckchen im Gebüsch. „War alles schon mal dran und ist totlangweilig.“.

Leicht missgelaunt ließ Heino seine Augen über den Boden streifen, als er die ersten Schoten fand. Oder waren es Hülsen? Den Unterschied konnte er sich nie merken (Ihr Leser aber bestimmt). Sie lagen da zwischen dem Laub, die meisten waren aufgegangen und zeigten ihre dunklen, senfkornartigen Samen.

Als er seine Augen aufhob, nahm  Heiko eine merkwürdige Brücke wahr. Altertümlich, mit einem schmiedeeisernen Geländer und Sandsteinquadern gebaut. Sie erschien ihm ziemlich sinnlos, da sie nur über den Spazierweg führte, diesen Hohlweg. Darüber führte ein Feldweg.

„Da, wo wir spazieren waren, war die Trasse der alten Zwiebelbahn“, würde ihm Elfriede später am Abend erklären, und auch, dass die Strecke bis 1967 noch befahren wurde. Dann wurde sie bei der Neuanlage der S-Bahn nach Merseburg stillgelegt.

Vor der Brücke Fand Heino dann das, was er suchte. Genau: sie hingen ihm direkt vor der Nase. Die Hülsen oder Schoten. Sie gehörten zu einem Baum mit längs stark gefurchter Rinde. Viele Bäumen dieser Art waren da.

In seinen Hirnwindungen „googelte“ es.  Die Pflanze – sagen wir besser gleich Baum – war doch schon mal im Hallespektrum Thema. Mehrfach, in Zusammenhang mit Eisenbahn. Was war da denn noch ? Nicht nur, dass man das Holz für Bahnschwellen benutzt hat, weil es so wiederstandsfähig ist. Sogar die steinzeitliche Kreisanlage von Pömmelte wurde aus dem Material wiedererrichtet. Was historisch gesehen, streng genommen eigentlich falsch war.

So, da lassen wir den grübelnden Heino alleine, denn die Fragen sind klar:

Um was für eine Pflanze geht es hier?

Hat sie nun „Schoten“ oder Hülsen?

Kann man die Schoten essen?

Was gab es mit Bahn und dem Baum in Halle schon mal in der Diskussion?

Und warum ist es ganz, ganz streng genommen eigentlich falsch, mit dem Holz steinzeitliche Bauten zu nachzubilden?

(HW)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche (Alpine Schnapswurzel):  Gentiana lutea, gelber Enzian

Zwar blühen viele Enzianarten tiefblau; aber hier war der Gelbe Enzian gesucht. Der bildet mächtige Wurzeln, die für die Enzian-Schnaps-Herstellung gesammelt werden. Zwar ist auch der Gelbe Enzian geschützt, da aber die Wurzeln nur teilweise ausgegraben werden können, regeneriert sich die Pflanze. Enzianschnaps-Brenner brauchen ein Genehmigung zum Ernten. Enzianextrakte enthalten starke Bitterstoffe. Die helfen bei Appetitlosigkeit und Verdauungsbeschwerden.

(Hans Ferenz)

Noch mehr Pflanzen der Woche gibt es in unserem Archiv – alle Pflanzen der Woche seit Juni 2016.

 

 

 

 

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