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Romantisch-botanische Bildbetrachtung und verborgene Geheimnisse im Herzen

„Siehst du das Bild da?“ Nixi hatte den Kunstdruck frisch aufgehängt. Heino trat näher.

„Eine Frau. Blumen im Schoß, eine in der Hand. Und dahinten – was wächst da an der Mauer? Sag mal, ist das Leonardo?“

„Nein“, sagte Nixi. „Ein Schüler.“

Heino nickte langsam. „Sieht irgendwie so aus.“

„Ist es auch. Ich hab meine Seminararbeit darüber geschrieben. Er hat Leonardos Technik übernommen – Sfumato, diese weichen Übergänge… und diese Gesichter. Das Bild hing mal in der Sammlung von Maria de’ Medici. Jetzt ist es irgendwo in Russland.“

Sie schauten beide auf das Bild.

„Ich weiß, worauf du starrst“, sagte Nixi. „Sicher nicht auf die schlecht gemalte Brust – die Nippel fehlen!“

„Nee. Die Blume. Wie sie die hält. Das sieht aus wie ein KI-Fehler.“

„Das ist Kunst. Eleganz statt Logik.“

„Und was ist das da hinten? Dieses Kraut an der Mauer?“

„Eine Pflanze. Angeblich Symbol für das, was sich versteckt. Oder nicht zeigen darf.“

„Geheimnisvolle Liebe also“, murmelte Heino. „Das passt.“

Er wurde still. Etwas in dem Bild berührte ihn – vielleicht war es der Frühling, vielleicht Nixi, vielleicht beides.

„Wollen wir das als ‚Pflanze der Woche‘ nehmen?“, fragte er leise.

„Die Blume im Schoß war schon dran.“

„Ich meine nicht die. Die an der Wand.“

Ein kurzer Moment verging.

„Könnte gehen“, sagte Nixi dann. „Aber das Bild selbst – schwierig. Hängt in Russland.“

„Rechtefrei.“

„Trotzdem. Wir brauchen Detailaufnahmen. Und hinfahren, in das Land der Verbrecher und Völkermörder ? Nein, danke.“

„Dann bauen wir es nach“, schlug Heino vor. „Du könntest Modell stehen.“

Nixi verdrehte die Augen. „Ich bin nicht euer Maskottchen. Mal bin ich beim Eiereinkauf im Supermarkt, dann soll ich Sekretärin spielen. Ich hab genug von euren Symbolbildern.“

„Aber du siehst ihr ähnlich. Die Haare vielleicht nicht…“

„Meine Cousine. Die hätte rote Haare. Wir nannten sie früher Mauerblümchen. Jetzt ist sie eher das Gegenteil. Hat in Italien Skulpturen geliebt, dann Amsterdam, jetzt Kalifornien.“

„Ein Model?“

„Genau. Und wir kennen Leute dort. Die könnten das nachbauen. Nur ähnlich – nicht identisch.“

„Du meinst dieses Studio, wo sie nicht mal richtig Hände malen können, und sich weigern, nackte Brüste darzustellen? Diese evangelikalen Spinner? Deren Bilder sehen immer so aus, wie aus dem „Wachturm“, dieser Zeugen-Jehova-Zeitung“.

„Lass uns die mal beauftragen. Wenn es nicht klappt, können wir ja immernoch schaun“, entschied meinte Nixi.

Ein paar Tage später kam eine Mail. Der Ton seltsam: ein Klang wie tibetische Schellen, Cembalo, vielleicht auch ein ungarisches Hackbrett. Zart und fremd.

Ein Klick. Das Bild öffnete sich.

Heino hielt den Atem an.

Da war sie. Eine andere – und doch wie Nixi. Rot. Sanft. Die geheimnisvolle Blume in der Hand. Und an der Mauer, kaum merklich, rankte sie: die Pflanze, um die es eigentlich ging.

Und da waren auch seltsame Metallelemente im Hintergrund – wie kleine Scheiben, scheinbar bedeutungslos, vielleicht aber auch genau das Gegenteil.


Unsere Fragen zu dieser „Pflanze der Woche“:

  1. Welche Pflanze suchen wir?
    (Hinweis: Es ist nicht die auffällige Blume in der Hand der Frau. Gemeint ist das Gewächs an der Mauer im Hintergrund.)
  2. Wer war der Maler dieses Bildes – ein Schüler Leonardos, dessen Stil das Sfumato meisterlich aufgriff?
  3. Wie heißt das berühmte Werk, in dem die Pflanze dargestellt ist – und das heute in einer russischen Sammlung hängt?
  4. Was verbindet dieses Bild mit der Rubrik „Pflanze der Woche“ – warum empfand Nixi es als passend für ihr Büro?
  5. Was haben die seltsamen Instrumente mit der Pflanze zu tun?
    Beim Öffnen der Bilddatei erklang eine seltsame Musik – tibetische Gebetsschellen, ein Cembalo, und, wie Heino glaubte, ein ungarisches Hackbrett.
    Was könnten diese fremden, schwebenden Klänge mit der gesuchten Pflanze zu tun haben?

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Blühende Enttäuschungen“): Acer negundo, Eschenahorn.



Rati hatte die Antworten auf unsere Fragen, wie immer, präzise.

Eschen-Ahorn (Acer negundo). Genau, den suchten wir.

  1. Was sind zweihäusige Planzen? männliche und weibliche Blüten sind auf getrennten Individuen
  2. Warum ist er nicht überall gern gesehen?  invasiver Neophyt
  3. Warum werden junge Bäume am Stamm weiß gestrichen?
    weiße Farbe reflektiert die Sonne und der Baum kann sich besser auf die Temperaturschwankungen einstellen
  4.  Woher stammt der Baum?  östliches Nordamerika.

Weitere „Pflanzen der Woche“ findet Ihr in unserem Archiv – alle, seit 2016

2 comments on “Romantisch-botanische Bildbetrachtung und verborgene Geheimnisse im Herzen”

  1. Nein, nein es ist nicht der Gundermann (Glechoma hederacea), im Hintergrund des Bildes rankt das Zimbelkraut ( Cymbalaria muralis), auch Mauerblümchen genannt. Während das Zimbelkraut gerne auf steinigem Boden und Mauern kriecht, wurzelt der Gundermann lieber im feuchten grünen Rasen und auf Beeten. Es hätte garnicht den Hinweis auf die Musikinstrumenten, den Zimbeln, die etwas sinnlos auf dem Bild ander Felswand hängen, gebraucht, um das Rätsel zu lösen. Leonardos Schüler ist sicher Bernardino Luini gewesen.

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