Prähistorisches Würzkraut auf der Ziegelwiese

2. Mai 2022 | Bild der Woche | 2 Kommentare

Als Würzkraut wird unsere Ratepflanze offenbar von den allabendlichen Grillfreunden auf der Ziegelwiese nicht verwendet. Dabei könnte die dort wachsende Pflanze mit ihrem knoblauchartigen Aroma so manchen Salat dezent verfeinern und mit ihren essbaren Blüten schmücken. Da die Pflanze bevorzugt im Halbschatten an Heckenrändern wächst und stickstoffhaltige Böden bevorzugt, könnte ihr horstweises Vorkommen auf der Ziegelwiese auf nicht angeleinte Hunde und fehlende Sanitäreinrichtungen zurückgehen.

Die weißblühende krautige Pflanze gehört zu  den Kreuzblütlern. Blütezeit ist April bis August. Die gestielten Blätter sind herzförmig und grob gezähnt. Sie erinnern an Brennesseln. Die Wuchshöhe kann 1m erreichen. An ihrem Nektar erfreuen sich neben Bienen eine Reihe weiterer Insekten. Für einige Schmetterlingsraupen ist sie eine wichtige Futterpflanze. Das milde Würzkraut ist in allen Teilen essbar. In einem Wildkräuterpesto mit Walnuss und in Frischkäsezubereitungen kommt es besonders gut zur Geltung. Der etwas scharfe Geschmack ist u.a. auf das Glukosid Sinigrin zurückzuführen. Als Gewürz wurde das Wildkraut offenbar bereits in der prähistorischen Grand Cuisine verwendet.

Heilkundigen ist die Pflanze schon lange bekannt. Adamus Lonicerus erwähnt sie in seinem „Kräuterbuch“ von 1679: „…Dieses Kraut wächst in Abwegen, bei Mauren und Zäunen, da Eidechsen und andere Ungeziefer wohnet. … Zu Anfang des Mayen trägts an einem runden und dünnen Stengel schöne weisse Blümlin beieinander …“ Zur Anwendung wird auf die entzündungshemmende Wirkung hingewiesen, die man bei äußeren Verletzungen mit einem Pflaster aus diesem Kraut behandelte. 

Also zur Ziegelwiese kommen, gucken und kosten, bevor giftiger Peißnitzbrückenstaub das Würzkraut kontaminieren könnte.

(H.J. Ferenz)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Auf Forschungsfahrt in der Wilden Saale“) : Weinbergtulpe, Tulipa sylvestris

NhuDeng hatte die Lösung, er schrieb: „Gesucht wird die Wildtulpe Tulipa sylvestris. Am Ortsausgang von Mösthinsdorf in Richtung Schortewitz soll sich eine Wildtulpenwiese befinden. Der Heimatverein hat den Namen“ Wildtulpe -Mösthinsdorfer Heimatverein“. (Auf den Seiten des Vereins gibt es auch Bilder von der dortigen Tulpenwiese)

Die Mösthinsdorfer Tulpenwiese hat eine gewisse Bekanntheit erlangt. Die Wildtulpe kommt – sehr selten und zerstreut – in warmen, lichten Laubwäldern vor. Den Namen „Weinbergtulpe“ hat sie von einem ihrer bevorzugten Standorte, den wärmeliebenden Weinberglagen. Die Herkunft der Wildtulpe liegt aber im südlichen Mittelmeerraum. In Deutschland wird sie der Gruppe der  „Stinsen-Pflanze“ zugerechnet. Der Begriff bezieht sich auf die Herkunft aus den Ziergärten alter Landhäuser (friesisch „Stins“), aus denen sie sich ausgewildert haben. So wohl auch die Wildtulpe, die in den Parks und Gärten der privilegierten Schichten beliebt waren. Weitere (weniger spektakuläre) Stinsen-Pflanzen sind beispielsweise auch Schneeglöckchen. Oftmals zeigen sie die Lage längst verschwundener Landsitze oder Parkanlagen an. Sie haben damit einen gewissen „Denkmalcharakter“.

Die Wildtulpe ist – obwohl im engeren Sinne ein Neophyt – in Deutschlands streng geschützt. Das ist wohl ihrer historischen Bedeutung wie auch ihrer Herkunft aus „gehobener Stellung“ zu zu rechnen. Zudem vermehrt sie sich aus eigener Kraft nur an sehr günstigen, geschützten Standorten, weshalb von ihr wohl keine Gefahr für das natürliche Gleichgewicht ausgeht.

Woher der Peißnitzer Bestand stammt, kann nur vermutet werden. Von Gut Gimritz wohl nicht – das ist zu weit weg. Der genaue Standort wird nicht verraten, möglicherweise könnte aber der Begriff „Weinbergtulpe“ einen Hinweis liefern. Die Art ist jedenfalls streng geschützt (Rote Liste). Wer Weinbergtulpen liebt und einen Garten hat, in dem Wildwuchs zulässig ist, sollte sich lieber Weinbergtulpen als Zwiebeln im Handel besorgen. Die Zwiebeln werden ab August angeboten (zumeist nur in spezialisierten Online-Shops). An günstigen Standorten verwildern sie dann – wenn man sie lässt.

(HW)

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