Gondis Ausflug: mit dem Hammer ins Pfanzenreich

28. November 2016 | Bild der Woche | 8 Kommentare

Bevor wir zu einer besonderen Pflanze kommen, die das nächste Wochenexemplar  unserer botanischen Wunderkammer bilden wird, kommt hier erst einmal die Auflösung der vergangene Frage: welchen Baum hat Justin Biber auf dem Gewisen?

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Weißpappel, auch Siberpappel genannt, mit dem botanischen Namen Populus alba, war die letzte Pfklanze der Woche. Hier ein Herbarexemplar aus der naturkundlichen Staatssammlung Gimritz

Natürlich: die Weißpappel, Populus alba, auch Silberpappel genannt. „Ratefuchs“ landete den richtigen Treffer.

Seit dem 3. Jh kennen die Römer ein Teekesselchen: „Populus“ bedeutet ja eigentlich „das Volk“, wird aber maskulin dekliniert. Der uns geläufige Populismus leitet sich davon genau so ab wie der Vulgärausdruck „Pöbel“. Wurde „Volk“ gemeint, gebrauchte man das Wort im Maskulin. Im Feminin benutzt (VölkIn also) bezeichnete Populus aber die Pappel, von der schon Plinius in seiner Naturgeschichte drei Arten unterschied, unter anderem auch unsere gesuchte Weißpappel.

Wir deklinieren:

Populus alba, die Weißpappel.

Tribus populi albae, der Weißpappel ihr Bezirk,

aber : Tribunus Populi (oder plebi), dem Volk sein Tribun.

Da blicke mal einer durch.  Den endgültigen Artnamen mit dem Artepitheton „alba“ (weiß) hat unserer Weißpappel aber erst Linne gegeben.

Regelmäßig erregt unsere Weißpappel, wie einige andere Pappelarten auch, etwas  Zitterpappel, die Schwarzpappel und die Hybride Graupappel, mit ihrem Samenflug im Frühsommer populistische Volksaufstände unter halleschen Ordnungsliebhabern. Dann legen sich die mit langen Flugharen besetzten Samenbüchel wie Schnee über die Stadt. Der sanfte Sommerwind baut große Haufen davon an Bordsteinkanten und anderen Hindernissen auf, manchmal ein wahres Wintermärchen mitten im Sommer.  (Sie anzuzünden, macht übrigens Kindern immer große Freude – aber Vorsicht: Brandgefahr). Allergiker fürchten den sichtbaren Samenflug, was aber vollkommen unbegründet ist: die langen Flughaare bestehen aus reiner Zellulose, enthalten kein Allergen, und werden daher für empfindliche Personen sogar als Füllung für Kopfkissen empfohlen: einheimische Baumwolle. Trotz der Samenvielfalt vermehrt sich unsere Weißpappel wie ihre Schwestern vorzugsweise über Wurzelausläufern. Mit ihrem starken Wachstums eignen sich Pappeln zur Pflanzung von Energiewäldern. Unsere Weißpappel kommt gerne  an Flussufern vor – wo sie  Justin Biber ja auch gefunden hat. Das Holz ist reich an Zellulose und sehr langfaserig, aber etwas weich. Justin, der im Winter vor allem von Zellulose lebt, den anderen Holzstoff, das Lignin, aber schwer verdaut, mag sie deshalb besonders. Auch Menschen nutzen das weiche Holz: da es sich wenig verzieht, bevorzugte man es im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit als Materal für Holztafelgemälde. Heute macht man daraus nicht nur  Zündhölzer, sondern auch Sperrholz. Als Bauholz meidet man dagegen das weiche, und sehr pilzfäuleanfällige Material dagegen. Nach einem aromatischen Verwandten war ja noch gefragt: die Balsampappel (Populus balsamifera). Die einst aus Nordamerika stanmende Art enthält in den Knospen eine harzige Substanz, die in der Volkmedizin zu wundheilenden Salben verwendet wird, aber auch als Räuchermittel und inn der Duftfabrikation. Die verscheidenen Pappelarten zu unterscheiden, ist oftmals schwierig, zumal sie auch noch untereinander bastardisieren. Unsere Weißpappel ist aber einfach zu erkennen: allzu typisch ist die silbrig-helle Unterseite der Blätter, die sich deutlich gegen die grüne Blattoberseite abhebt.

Genug Populismus: unsere nächste Wochenpflanze wartet:

Und zwar mit einer hammerharten Geschichte.

Nach dem späten Frühstück geht es nun los: Gondi packt seinen Hammer und die Lupe in seine Sammlertasche, setzt sich aufs Fahrrad und strampelt los. Er will zum alten Steinbruch, der nur wenige Kilometer entfernt liegt. Schön, mal in Franken Urlaub zu genießen! Wie freundlich die Leute sind! Aber eine irritierende Gegend ist das hier, wo Flüsse ihre Betten teilen und Talhänge eine illustre Vergangenheit vortäuschen. Wo einst reptilienartige Vögel rumflogen. Wo tiefe Höhlen und spektakuläre Wasserfälle zu besichtigen sind.

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Diese Pflanze suchen wir jetzt, in der Woche zwischen dem 28. November und dem 4. Dezember

Noch spannender dagegen findet Gondi das, was er bei dem Steinbruch alles sieht – nur vom Zaun aus, denn das Betreten ist verboten, und selbstverständlich hält sich unser Fossilfreund daran! Platten über Platten türmen sich hier auf, bilden steile, Zehnermeter hohe Wände aus dem hellgelben Gestein. Zahlreiche große und kleine Plattenbruchstücke liegen am Rand der mit gelblichem Schlamm überzogenen Wege, die durch den Steinbruch führen. In dem großen Abbaugelände wurden immer wieder Rampen und Böschungen durch die Abbautätigkeiten geschaffen, und an manchen Stellen zeigt sich dort die glatte Oberfläche der Gesteinsschichten: Auch vom Zaun aus erkennt Gondi, dass sich auf diesen Oberflächen Fossilien angereichert haben. Begeistert steigt er wieder aufs Rad, fährt weiter, hinauf auf die Anhöhe. Es geht vorbei an steilen Felsnasen, welche versteinerte Riffe in einem ehemals riesigen Meer darstellen. Was die hier versteinerten Schwämme und Kalkalgen schon alles „gesehen“ haben mögen? Wie war es damals, als der Feuerball, heller als die Sonne, mit extremer Geschwindigkeit auf die Erde zugerast ist und ein Inferno hinterlassen? Unter anderem in Form eines 4 km tiefen Loches, das sich durch nachrutschende Gesteinsschollen innerhalb von Sekunden auf eine hunderte Meter tiefe Senke enormer Fläche ausweitete, etwas viermal so groß wie sein Wohnort Halle? Bis nach Tschechien flogen die aufgeschmolzenen Gesteinstropfen, noch heute findet man diese zu Glas erstarrten Moldavite. Danach kam der riesige See, irgendwann gingen auch noch die Gletscher darüber…

Ein leichtes Schaudern erfasst Gondi. Wie gut, dass es damals noch keine Menschen gab. Auch den Riffbewohnern war das schon lange „Schnuppe“, waren sie doch schon vor mehr als hundert Millionen Jahren zu Stein geworden. Etwas schneller tritt er in die Pedale, entlang am steinigen Waldweg – stopp! Was ist das? Behände lehnt er sein Mountainbike an die kleine Böschung des Weges, sucht in der Tasche nach dem spitzen Hammer (- ein Eastwing, sein ganzer Stolz!), ha, da ist er.

Er fängt an, Nadeln und Laub beiseite zu schieben, schürft ein wenig in die Tiefe und legt Platte für Platte vorsichtig frei. Nur die obersten Zentimeter, schließlich hat er keine Grabungserlaubnis. Auch die Vegetation verschont er. Er ist nur an den sich lösenden Bruchstücken der gelben Gesteinsplatten interessiert, und nach kurzer Suche ergreift ein breites Strahlen sein Gesicht: Treffer!

Ein wunderschöner, filigraner Abdruck ist zu erkennen, sein Sammlerherz schlägt höher. Die Gesteinsplatte zeigt das dunkle Muster eines hübschen Pflänzchens. Was mag das nur gewesen sein?

Gondi steckt dieses eine Bruchstück in die Tasche, den Rest verscharrt er wieder sorgfältig, als hätte niemals jemand hier Hand angelegt… Zuhause wird er seinen Fund angemessen präsentieren. Zuvor muss bestimmt werden, was da gefunden wurde:

Worauf ist unser Fossilfreund gestoßen?

Kann man die Art des fossilen Abdrucks bestimmen?

Hat jemand etwas Vergleichbares zuhause? Wir sind gespannt auf eure Antworten!

Und hier noch eine Zusatzaufgabe: Im Landesmuseum wurde gerade eine Ausstellung eröffnet. Gibt es da Verbindungen zu unserer „Pflanze“ ?

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