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PiS-Nelke

Pflanze der Woche 9.–15. Juni 2025

Heino fuhr von einer Dienstreise zurück nach Halle. In seinen Gedanken kreisten die gleichen Namen: Nixi, Dora – und die widersprüchlichen Gefühle, die er für beide hatte. Doch ein drängendes Bedürfnis brachte ihn zum Park an der Peißnitz. Der Druck war zu groß.
Als er sich auf dem Parkplatz erleichterte, bemerkte er, dass er nicht nur den Asphalt, sondern auch einige zarte Pflanzen überschwemmt hatte. Die Triebe versuchten, sich vom Überschuss zu befreien, und Heino dachte bei sich: „PiS-Nelke – so nenne ich sie.“

Und dann, wie aus dem Nichts, tauchte sie wieder auf. Beatrix. Ein riesiges, braunes Exemplar von Storch. Sie riss ihren Schnabel weit auf und schrie: „Heinar !“ „Du hast meine polnischen Freunde beleidigt, du scheiß Rassist!“
„Oh Fck!“ Heino stöhnte. „Stimmt ja, das war ja auch noch. Polen-Wahl.“ Aber jetzt hatte er Wichtigeres zu tun, als sich mit diesem blöden Federvieh auseinanderzusetzen. Und so nahm er die Blüten mit, um sie später in der Redaktion als Pflanze der Woche zu präsentieren. Ihre zarten Triebe und die weichen Blätter faszinieren ihn. Und wieder musste er wehmütig an sie denken – vielleicht war der Schlüssel zu allem ein Geheimnis, das sie verbarg.

Schnitt.

„Andorra“, tönte der Klingelton auf Nixis Handy. „Ach, Scheiße“, murmelte sie, als sie den Anruf entgegennahm. Sie stand mit dem Pinsel in der Hand, mitten beim Streichen, als die vertraute Stimme ihres Vaters sie erreichte.
„Nixi, du weißt, dass ich mir Sorgen mache. Du fängst nichts mit denen an. Besonders nicht mit den da drüben“, sagte er, als ob er damit alle Entscheidungen für sie traf. „Wir Andorraner haben unsere Prinzipien. Du kannst doch nicht einfach deine Herkunft verraten. Und mir sind Dinge zugetragen worden…“
„Nein, Papa!“ rief sie entnervt in den Apparat. „Heino ist ein Kollege. Ich habe nichts mit ihm. Wie kommst du auf diesen Blödsinn?“
Nixi schloss für einen Moment die Augen. Sie war 23, erwachsen, selbstständig – aber immer noch gefangen in den alten Erwartungen ihres Vaters, der ihr drohte, sie zu enterben, wenn sie sich nicht an seine Regeln hielt. Ihr ganzes Leben lang hatte sie sich dieser Macht beugen müssen. Sie hatte das Gefühl, in einer Welt zu leben, in der jede ihrer Bewegungen, jeder ihrer Schritte, durch das unsichtbare Band des Familiennamens kontrolliert wurde. Familienname – das Geheimnis durfte auch noch niemand erfahren. Denn eigentlich hieß sie gar nicht Nixdorf mit Nachnamen…
„Lass mich endlich in Ruhe“, brüllte sie. „Hör endlich auf, mir von dem großen Ruhm des sauberen Andorras zu erzählen. Bleib doch in deinen Pyrenäen!“
„Wenn du mich schon in die Fremde schickst, dann musst du halt damit rechnen, dass ich hier auch Wurzeln schlage. Und wenn ich hier verwildere, Piss drauf! Ich werde mich fortpflanzen, wie ich es will. Wo ich will. Und nicht, wie es Euch Ordnungsliebhabern und Reinhaltern vorschwebt!“
Sie schrie ins Telefon, das längst wie ein schwerer Ballast in ihrer Hand lag. Sie wusste, dass ihr Vater schuld daran war, dass sie überhaupt hier war. Er war es, der sie in die Pflanzenredaktion der Lokalzeitung gesteckt hatte, die nun Teil des internationalen Großkonzerns war, den er leitete – ein Konzern, der mittlerweile auch das Hallespektrum unter seine Fittiche genommen hatte.


Fragen an unsere Leserinnen und Leser:

  • Welche Pflanze liebt nährstoffreiche Böden und zeigt sich dennoch zart und anmutig? (Eine Nelke ist es nicht)
  • Wo stammt die Pflanze her und was macht sie jetzt hier?
  • Was hat es mit dem Namen „PiS-Nelke“ auf sich, und warum kommt dieser Ausdruck im Zusammenhang mit der Pflanze vor?
  • Was bedeutet eigentlich Piss-Nelke?
  • Wer ist Beatrix und warum tritt sie hier auf
  • Welche literarische Anspielung steckt hinter dem Konflikt mit der Vaterfigur?

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Zarte Triebe und ein harter Hauch von Umami“): Toona-Sinensis, Chinesischer Gemüsebaum


Herkunft und Botanik
Toona sinensis, auch als Chinesisches Mahagoni bekannt, ist in den subtropischen und tropischen Regionen Asiens beheimatet, vor allem in China, Indien und dem Himalaya. Der Baum gehört zur Familie der Mahagonigewächse (Meliaceae) und kann bis zu 30 Meter hoch werden. Die glänzenden, gefiederten Blätter sind bis zu 25 cm lang und die Blüten erscheinen in dichten Trauben. Die Früchte reifen von grün zu rot.

Erscheinungsbild
Das Holz von Toona sinensis weist eine rötlich-braune Farbe auf, die im Licht einen goldenen Schimmer annimmt. Diese Maserung macht es besonders attraktiv für die Möbelindustrie und andere handwerkliche Anwendungen. Das Holz ist von mittlerer Dichte und lässt sich leicht bearbeiten, was es zu einem bevorzugten Material für Möbel und Musikinstrumente macht.

Nutzung als Gemüse
Die jungen Schösslinge dieses Baums sind essbar und in der asiatischen Küche sehr geschätzt. Sie haben einen kräftigen, leicht scharfen Geschmack mit einem reichen Umami-Geschmack – der fünften Grundgeschmacksrichtung. In China werden die Schösslinge oft gekocht, in Eintöpfen oder Salaten verwendet, und verleihen den Gerichten eine tiefere, herzhaft-würzige Dimension.

Nutzung als Holz
Das Holz von Toona sinensis ist wertvoll und wird oft mit Mahagoni verglichen, da es eine ähnliche rötlich-braune Farbe und Struktur aufweist. Es wird häufig in der Möbelfabrikation, für Musikinstrumente wie Geigen und Gitarren, sowie in der Innenausstattung von Yachten verwendet. Die Langlebigkeit und natürliche Widerstandsfähigkeit gegen Pilze und Insekten machen es zu einem hervorragenden Material für verschiedene Anwendungen.

Umami – Der „fünfte“ Geschmack
„Umami“ bezeichnet einen herzhaften, vollmundigen Geschmack, der durch Glutaminsäure ausgelöst wird. Diese besondere Geschmacksrichtung ist in vielen Lebensmitteln wie Algen, Tomaten und den Schösslingen von Toona sinensis zu finden. Umami sorgt für eine Tiefe und Komplexität in Gerichten und wird oft als „fleischig“ oder „wohlschmeckend“ beschrieben.

Kulturgeschichte
Toona sinensis wird in Asien seit Jahrhunderten geschätzt, nicht nur für seine kulinarische Bedeutung, sondern auch als Zierpflanze in Tempelanlagen und Gärten. In der traditionellen chinesischen Medizin wird der Baum zur Behandlung von Entzündungen und als Tonikum genutzt. Im 19. und 20. Jahrhundert fand das Holz seinen Weg in die westliche Möbelindustrie. Heute sind auch die zarten Schösslinge in der westlichen Küche zunehmend gefragt.

Anbau in Deutschland
Toona sinensis ist in Deutschland bis mindestens -15°C winterhart. Mehrere Kräutergärtnereien bieten den Baum an und empfehlen für das erste Jahr Winterschutz. Nach dieser Eingewöhnungszeit kann der Baum in gemäßigten Klimazonen, wie in Halle, problemlos den Winter überstehen. Es wird empfohlen, den Baum auf maximal 2 m Höhe zu stutzen, um die zarten Schösslinge im Frühjahr regelmäßig nutzen zu können.

Weitere „Pflanzen der Woche“ findet Ihr in unserem Archiv – alle, seit 2016.

2 comments on “PiS-Nelke”

  1. Das Foto macht es uns einfach, es handelt sich um Geranien (Geraniaceae) . Zur gleichen Familie gehören die fälschlich bezeichneten Geranien, welche wir in Balkonkästen kultivieren, bei diesen Pflanzen handelt es sich aber um Pelargonien. Geranien begeistern duch ihre Hartnäckigkeit, was den Standort berifft und die schönen zarten Blüten. Wenn sie verblüht sind sieht man auch den Storchschnabel, der der Pflanze den bekannten Namrn gab. Hat also Nichts mit einer gewissen Beatrix von zu tun.
    Piss-Nelke, bis jetzt ist mir der Ausdruck unbekannt und auch nicht schön. Gemeint soll der Löwenzahn sein.
    Ja, wo her stammt diese schöne Pflanze? Der junge Arzt und Botaniker Paul Hermann (1672) soll für die niederländische Ostindien-Kompanie nach Ceylon (heute: Sri Lanka) reisen und sich dort medizinisch um die Angestellten des Unternehmens kümmern. Er stimmt zu, denn er möchte unbedingt in diese tropischen Breitengrade – vor allem, um die dortige Pflanzenvielfalt zu erforschen. Doch er hat die Reise unterschätzt, sie ist sehr anstrengend. Um sich von den Anstrengungen der Reise zu erholen, legte man eine Pause in Südafrika ein. Dort, in der Nähe des Tafelbergs sah er die zauberhaften Blumen und ihm gelang es Ableger in die Niederlande zu schicken und dort – sowie im restlichen Europa – intensiv gezüchtet.
    Andorra ist ein bewegender Roman von Max Frisch, der Vater verbietet eine Eheschließung der Tochter mit dem Ziehsohn, eigentlich aber Halbbruder.

  2. „Das Foto macht es uns einfach, es handelt sich um Geranien (Geraniaceae)“

    Findest Du? Also die „Geranien“, also die nicht-Geranien, wie Du wohl richtig schreibst, die djesenfalks meine Oma in Tirol auf dem Balkonkasten zog, sahen anders aus.

    Was die „Pissnelke“ betrifft, scheint die Bedeutung dagegen im Unklaren zu liegen. Ich darf mal eine nicht unbekannte rheinische Boulevardzeitung zitieren: https://www.express.de/ratgeber/pissnelke-was-loewenzahn-mit-dem-schimpfwort-zu-tun-hat-64919

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