Picassos Vision

21. März 2022 | Bild der Woche | 9 Kommentare

Heute geht es um den Baum des Friedens. In Palästina und Griechenland wird er bereits seit Jahrtausenden kultiviert. Olympiasiegern wurde statt Goldmedaillen ein Kranz aus seinen Blättern aufs Haupt gesetzt. Besiegte trugen seine Zweige als Zeichens des Friedens. Daran dachte wohl auch Picasso, als er eine Taube mit einem Zweig im Schnabel zeichnete. Man würde sie ja jetzt gern nach Moskau schicken. Aber Hans Hartz sang schon 1982 desillusioniert: „Die weißen Tauben sind müde, sie fliegen lange schon nicht mehr. Sie haben viel zu schwere Flügel und ihre Schnäbel sind längst leer. ..„ Es wäre wohl auch vergeblich, da anfliegende, Zweigbündel tragende Friedenstauben (Zweigbündel = fascio) als faschistische Bedrohung des russischen Luftraums betrachtet würden. Der Baum des Friedens wird im Gegensatz zu Diktatoren mehrere hundert Jahre alt. Er trägt auch bei sparsamer Wasserversorgung dank seines tiefreichenden ausgedehnten Wurzelwerks reichlich Steinfrüchte. Aus ihnen kann man ein wertvolles Speiseöl gewinnen. Die Früchte kann man aber auch essen, wenn man sie wegen ihrer Bitterkeit mehrmalig in Wasser einlegt. Freunde in Israel nahmen dafür leere Plastikwasserflaschen, fädelten die angeritzten Früchte durch den Schraubverschluss und füllten die Flasche dann mit Wasser auf. Der Wasserwechsel war dann sehr bequem. Das Holz des Baums wird für Gebrauchsgegenstände genutzt. Die sehen zwar dekorativ aus, sind aber relativ teuer. In unseren Breiten kann man den Baum leider nicht anpflanzen. Er ist nicht frostfest. Aber in Pflanzkübeln über den Winter gerettet, erfreut er im Sommer mit seinen kleinen Blüten und echten Früchten.

  • Welche Pflanze suchen wir?

(H.J. Ferenz)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Mit Drogen unter der Brücke versumpft“: Gewöhnliches Schilfrohr, Riedgras, Phragmites australis

„Gork vom Ork“ lag zwar nicht völlig daneben, als er auf den Kalmus tippte – wir suchten tatsächlich nach einer Sumpfpflanze, die „Halme“ ausbildet (Calamos=gr. Rohr, Halm). Aber so etwas Exotisches wie diese alte Heilpflanze suchten wir gar nicht – es ging vielmehr um das ganz gewöhnliche Schilfrohr. Man findet es in mitteleuropäischen Breiten fast überall da, wo das Gelände etwas sumpfig ist – in verlandenden Seen, an Ufern, in feuchten Wiesen und Mooren. So auch in den Feuchtwiesen und morastigen Gräben im Naturschutzgebiet zwischen den Angersdorfer Wiesen und Wörmlitz, wo die historische Eisenbahnbrücke von 1868 den Flutbereich der Saale überquert.

Auch wenn kein Teil des Schilfrohrs für den menschlichen Verzehr geeignet ist, war es aber eine kulturhistorisch bedeutende Pflanze: nicht nur, dass man aus seinen Stängeln Rohrfedern zum Schreiben herstellte („Calamus“), mit seinen lange witterungsbeständigen Halmen deckte man, bevor die Dachziegel ihren Siegeszug antaten, die Dächer der Häuser – was natürlich eine feuergefährliche Angelegenheit war.  So genannte „Rieddächer“ sind aber heute noch an der norddeutschen Küste landschaftsprägend. Als ökologisches Baumaterial – so auch in Lehmbauwänden verarbeitet – kommt Schilfrohr heutzutage wieder mehr zu Geltung.

Was war da mit Drogen? Die Wurzeln des Schilfrohrs enthalten DMT, Dimethyltryptamin. DMT hat eine halluzinogene Wirkung. Es kommt in verschiedene Pflanzen vor, aus denen berauschende Präparate hergestellt werden. Physiologisch wirkt DMT leicht stimulierend und führt zu einem Anstieg der Herzfrequenz und des Blutdrucks. Die Wirkung wird verstärkt, wenn dem Gebräu auch noch Monoaminooxidase-Hemmer enthält, die wiederum in anderen Pflanzen enthalten sind (beispielsweise das südamerikanische „Ayahuasca“).

Schilfrohr enthält allerdings nur wenig DMT, so dass man schon einen größeren Aufwand treiben müsste, um sich einen Trip zu verschaffen. Dennoch kursieren in der Drogenszene immer wieder dazu (zumeist untaugliche) Rezepte.

Noch viel mehr Pflanzen findet Ihr in unserem Archiv. Seit 2016 jede Woche ein neues Gewächs in unserem Lustgarten.

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