Wunderkraut mit „eisenhartem“ Stängel

15. November 2021 | Bild der Woche | 3 Kommentare

Unsere Rätselpflanze hat ihre Karriere als Wunderkraut hinter sich. Erstaunlich. Früher war sie mal eine hochgeschätzte Heilpflanze, war den Druiden heiliger als die Mistel. Sie sammelten das mystische Kraut im August vor Sonnenaufgang bei Neumond mit einem Ritual, wodurch die Pflanze heilende und weissagende Kraft erhalten sollte. Griechische und römische Würdenträger der Antike trugen sie als Kopfschmuck. Die Ägypter nannten sie die „Tränen der Isis“ (Isis war die Göttin der Toten und der Wiedergeburt). Im Mittelalter wurde sie als Allheilmittel eingesetzt. Sie enthält u.a. ätherische Öle, Bitter- und Gerbstoffe, ist als leicht giftig einzuordnen. Eisern glaubte man an die therapeutischen Wirkungen, die aber von der Schulmedizin nicht so recht bewiesen werden konnten. In der Volksmedizin verwendet man sie zur Wundheilung und als Tee bei Erkältungen, Verdauungsbeschwerden sowie in der Frauenheilkunde. Heute findet man die krautige Pflanze  mit ihrem vierkantigen harten Stängel an Wegrändern, Böschungen und Ödland. Man pflanzt sie aber auch an in Kräuter- und Apothekergärten. Die winzigen rosalila-farbigen Blüten sind in Ähren angeordnet und setzen hübsche farbige Akzente im Garten.

Welches Wunderkraut ist gesucht? 

 

(H.J. Ferenz)

 

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Roter Herbst, röhrend und ätzend“): Rhus typhina, der Essigbaum

Die roten Früchte wurden zur Bereitung „Amerikanischer Limonade“ benutzt.

Elfriede hatte den Baum gefunden, richtig, Hirschkolbensumach. Aber was war mit der „Amerikanische Limonade“ ? Cola jedenfalls war nicht gemeint. Die Essigbaumfrüchte  wurden von den nordamerikanischen Ureinwohnern nämlich ähnlich verwendet wie der echte Sumach in der mediterranen Welt. Sie enthalten nicht nur einen schön roten Farbstoff, sondern auch jede Menge Fruchtsäuren. Die Früchte wurden von den nordamerikanischen Ureinwohnern mit Wasser  extrahiert und als kaltes Erfrischungsgetränk genossen.

Essigbaum wird der Geweih-Strauch wegen des erfrischend-säuerlichen Geschmackes seiner Früchte genannt“, heißt es im „Illustrierten Gehölzbuch“ von 1875: „Strauchartiger Baum, der in seinem Vaterlande in dürrem, felsigem Boden wächst und hier 6–7 Meter hoch wird. Er ist hauptsächlich dadurch gekennzeichnet, daß die jungen, starken Zweige dicht mit weichen, klebrigen, braunen Haaren bekleidet sind, die ihnen das Ansehen junger, noch nicht gefegter Hirschgeweihe verleiht. .. die Herbstfärbung des Laubes ist ein prächtiges Purpurroth. Wegen der herrlichen Belaubung, insbesondere auch wegen der Herbstfärbung derselben und der schönen Fruchtkolben ist dieser Strauch, insbesondere die baumartige Form, zur Anpflanzung für größere Gehölzmassen zu empfehlen, wenn er auch durch seinen reichlichen Wurzelausschlag oft sehr unbequem wird.“

 

Giftig oder nicht?

„es werden die sauren Beeren davon in America von den Kindern ohne Schaden gegessen“ schreibt Otto von Münchhausen 1781 in einem Lehrbuch zum Gartenbau. Die Behauptung, der Essigbaum sei giftig, findet sich indes immer mal wieder, während andere wiederum Entwarnung geben und zumindest die Früchte als essbar bezeichnen. (Der Autor übernimmt keine Haftung für die Folgen etwaiger Selbstversuche, hat selbst aber den Verzehr mehrerer der sauren Beeren unbeschadet überstanden).

Häufiger aber wird vor der giftigen oder zumindest reizenden Wirkung des Milchsaftes gewarnt, der bei Verletzen der Rinde oder bei Abschneiden der Zweige austritt.

Wer sich – sei es als Fan „Amerikanischer Limonade“ oder der tollen roten Herbstlaubfärbung wegen –  den Baum in den Garten holen will, sollte wissen: er macht sich Arbeit. Der Baum treibt aus den weit ausladenden Wurzeln überall lästige Schösslinge, besonders dann, wenn man den Mutterbaum verletzt oder sogar fällt. Aus einem Baum kann so schnell ein ganzer Wald werden. Deshalb wird er auch als invasiver Neophyt angesehen. In der Schweiz ist seine Anpflanzung sogar verboten.

(HW)

Noch mehr Pflanzen gesucht? In unserem Archiv findet Ihr alle Pflanzen der vergangenen Wochen, seit sechs Jahren schon ….

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