Pflanze der Woche: Schulstunde in Sagisdorf

24. Oktober 2016 | Bild der Woche | 6 Kommentare

Bevor wir zur nächsten Pflanze kommen, hier die Auflösung der letzten Pflanze der Woche vom 17-23. Oktober: Mespilus germanica. Die echte Mispel.

mespilus-germanica-fruchtOma Frieda lag also nicht ganz richtig: unsere Pflanze ist einheimisch, und sogar derart deutsch, dass sie einen lateinischen Namen als „Artepitheton (Artname) bekam. Der ihr den Namen verpasste, war der große Pflanzenencyclopädist Carl von Linne. Dem Schwedischen Pflanzensorrtierer waren besonders viele Mispeln in Deutschland aufgefallen: sie zierten nahezu jeden klostergarten und viele Bauernhöfe und Städtische Parks und Gärten gleichfalls. Auch wenn es die damalige Verbreitung vermuten läßt: auch unsere Mispel ist nicht so ganz hundertprozentig einheimisch. Woher sie stammt, ist nicht klar, das natürliche Verbreuitungsgebiet ihrer Wildformen liegt im nordöstlichen bereich des Mittelmeers.

Um was handelt es sich bei dieser Mispel, die heute keiner mehr zu kennen scheint?

Das Kernobst ist ein Mitglied der Rosengewächs, damit nicht nur verwandt mit Rosen und Kirschen, sonders besonders mit Äpfeln und dehn unvergleichlichen Birnen, von denen sich die kleine Frucht jedoch schon durch ihre erstaunliche Härte auszeichnet. Die eigentümliche Form der bräunlichen Frucht mit dem merkwürdigen Zackenkranz aus Kelchblättern an der Spitze hat in manchen Regionen Deutschlands zu mundartlichen Spitznamen geführt: „Hundsärsch“ zum Beispiel.

Der kleine, stark verzweiget Baum wird an die 7 Meter hoch; seine dunklen Blätter erinnern etwas die des Apfelbaums, seine rosaweißen Blüten, die Ende mai erscheinen, sehen ähnlich aus. Sie tragen in der Regel fünf Blütenblätter, und überhaupt ist die fünfzählige Symmetrie der später reifenden Frucht so auffällig; die Kerne sind fünfstrahlig symmetrisch angeordnet 8das unterscheidet sie nicht von Äpfeln und anderen Kernobstgewächsen) , was man im Schnitt gut sehen kann. Die fünf stachligen Kelchblätter umgeben den charakteristisch eingesunkenen, braunen Nabel der Frucht, der an den Anus eines Hundes erinnert. In dem Zustand, in dem Oma Frieda in Kontakt mit den Früchten kam, sind sie tatsächlich ungenießbar. ziemlich hart, gallig bitter und sauer.

Warum haben haben die Menschen früher aber in so großer Zahl Mispeln angepflanzt? zunächst ist es ein pflegeleichter Baum. Unser Klima verträgt sie locker,, und Schädlinge scheinen ihr wenig anzuhaben. in die steinharte Frucht bohrt sich wahrscheinlich nicht mal ein Wurm gerne hinein.

Da die Mispel viele Gerbstoffe enthält, wurde sie auch von den Gerbern genutzt, und das extrem harte, feinmasrige Holz nutzten Schnitzler und Drechsler.

Um die Frucht als „Obst“ zu nutzen, müssen sie reifer werden, am besten einen ersten Frost abbekommen. Dann schmecken sie roh immer noch nicht, werden aber köstlich als Gelee oder Marmelade. Die Früchte enthalten nämlich viel Pektin, das ist ein „Poligosacharid“, das Gelees steif werden lässt (und auch in Gelierzucker drin ist). In der Frucht sorgt es unter anderem für die Festigkeit. Deshalb gilt für alle Früchte, nicht nur für Mispeln: Marmeladen und Gelees gelingen besser mit harten Früchten, und besser, wenn sie noch nicht ganz reif sind. Pektin enthält die Mispel aber auch im reifen Zustand noch genügend, aber noch zu wenig Zucker, und zuviel Gerbstoffe. Deshalb: heißt es: abwarten, bis in den späten November hinein.

Aus Zedtlers Universal-Lexikon von 1738: Man brät sie, wie Äpfel am Feuer, oder sie werden in Wein und Zucker geprägelt, …außerdem lassen sie sich auch roh essen, ihre zusammenziehende Kraft ist so groß, sonderlich in denen unzeitigen, dass sie Galenus I (de Succ c. 9) mehr vor eine Artzney, als vor eine Nahrung hält.

Heute sind misteln selten geworden. Aber vereinzelt gibt es sie noch. in halleschen Parkanlagen – etwa im Gimritzer Park, aber auch in dem ein oder anderen Vorgarten wie im Mühlweg- oder Paulusviertel läßt sich das ein- oder andere Exemplar noch finden: als pflegeleichter Zierbaum.

Pflanze der Woche 24.-30. Oktober

Eine nächtliche Schulstunde

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Die zerschnittene Knospe unserer Pflanze, die wir suchen. Griffel, Narbe und Fruchtknoten sind durchaus zu erkennen.

Ronald irrt wieder durch die Gänge seiner POS in Sagisdorf. Es riecht muffig, verzweifelt sucht er das Klassenzimmer. Er muss doch noch die Klassenarbeit in Biologie nachholen. Wo ist das Klassenzimmer, verdammt ! Der Hausmeister kommt ihm entgegen. „Na, wieder verschlafen, Ronnie?“ Der junge Mann schwitzt. Ja, verschlafen, und auch noch die Hälfte vergessen. Jeder sollte eine Blüte von zuhause mitbringen, das hat er versiebt, kurz vor der Schule war es ihm wieder eingefallen. Es war dummerweise schon später Herbst, und keine Blume zu finden. Nichts. In den Gärten auf dem Schulweg welkte schon alles dahin, nur so etwas Gelbes mit komischen grünen Blättern war da, das rankte sich um seine Füße, um die Arme, als er etwas davon abreißen wollte. Ein scharfer Geruch verbreitete sich. Ronni gelang es, sich von dem Schlinggewächs gerade noch zu befreien, riss dabei eine Knospe ab, die er sich eilig in die Tasche gestopft hatte. Im Klassenraum warteten sie schon alle. Auf ihn, den Klassenbesten, richteten sich nun alle Augen. Sie hatten ihre Uniform an: jeder eine gelbe Mütze mit einem langen Zipfel dran. Der Lehrer gab ihm ein Messer. „Schneide deine Blüte auf, und zeichne was du siehst. Markiere Griffel, Fruchtknoten, Stempel, Staubbeutel, zeichne alles, was du siehst.“… „ich kann nicht, Herr Farbian“, presste der Schüler heraus. Verzweifelt blickte er auf das, was von der zerquetschten, gelben Blüten mit dem merkwürdigen Zipfel aus seiner Hosentasche quoll. „Los, schneiden, wir sind hier wird nicht gequascht, hier ist Deutschland“, brüllte der Lehrer, warf ihm einen riesigen Glasbaustein auf den Tisch: „Hier, deine Lupe“. Ronald sah unter dem Glasbaustein ein rostiges Messer, es zerquetschte die Blüte, hinterließ ein heilloses Chaos, es roch nach Angst und etwas, das ihm vorkam wie Senf, nur süßer. „Giftgas !“ durchzuckte es den verschreckten Schüler.

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Unsere gesuchte Pflanze, Blick in die aufgeschnittene Knospe. Der Fruchtknoten ist deutlich, und erinnert schon in seiner Form an den Samen.

„Abgeben“ brüllte die Stimme des Lehrers, aber Ronnie hatte nichts zu Wege gebracht. Auf dem Blatt waren nur zermatschte gelbe Blätter, deren scharfer Geruch braune Nebel um das Gesichts des Lehrers wabern ließen. „Ich habe nur in diesem tiefen Zipfel gesucht, aber da ist nichts drin, kein Stempel, kein Staub, gar nichts“. Gelächter schallte aus der Klasse, und die Zipfel wippten im Takt des Gekichers. Schweißgebadet wacht Ronnie auf. „Es ist immer der selbe Traum, Prüfungen, die ich längst abgelegt habe…. „

Doch noch beim Aufstehen, während des Zähneputzens, fragte er sich: was war das für eine Blüte, die ich da geträumt habe? und dieser Geruch ?

Wozu diese Geschichte? Natürlich nur, um einen Grund zu finden, die gesuchte Pflanze weder als Ganzes abzubilden, noch eines ihrer Teile, denn alle sind so charakteristisch, dass sie jeder erkennen würde. Also halt ein per „Glasbaustein“ verzerrtes Makrophoto. Doch wer genau hinsieht, sieht aber auch darin tatsächlich einen Fruchtknoten, der schon etwa so aussieht wie der daraus entstehende charakteristische Same.

Wie heißt die Pflanze?

Und woher kommt der charakteristische Geruch?

Giftig, essbar oder gar eine Heilpflanze?

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