Pflanze der Woche: Schmarotzer in flotter Dreierbeziehung

1. März 2021 | Bild der Woche | Ein Kommentar

Dicht am Rand von Buchen- und Laubmischwäldern ragt aus dem Laub ein gelblich-brauner Stängel, den man auf den ersten Blick für ein herabgefallenes Zweigstück halten könnte oder einen verholzten Spargel. Bei genauerem Hinsehen entdeckt man im oberen Teil des dicken Stängels zahlreiche erdfarbene mittelgroße Blüten. Grüne Blätter hat das Gewächs nicht. Mangels Chlorophyll kann es keine Photosynthese betreiben. Die Pflanze ist ein Schmarotzer. Sie wird von einem Pilz mit den lebensnotwendigen Nährstoffen versorgt. Die Pilzhyphen wachsen in die Wurzelrinde. Weiter innen werden sie aber verdaut. Die Pflanze parasitiert also auf dem Pilz. Der Pilz ist seinerseits mit den Wurzeln naher Laubbäume verbunden und bezieht von diesen organische Verbindungen. Epiparasitismus nennt man solche komplexen Dreierbeziehungen. 

Unter ihren attraktiv blühenden Verwandten gilt sie als „hässliches Entlein“. Die recht unscheinbaren Blüten locken Insekten von Mai bis Juli mit süßlichem Honigduft. Beim Besuch werden die Insekten mit einem Klebstoff betupft, auf dem dann der Pollen haften bleibt und so von den emsigen Blütenbesuchern zu anderen Blüten gebracht wird. 

Namengebend für diese Pflanze sind die verflochtenen Wurzeln. Sie braucht einige Jahre bis zur Blüte. Dann zerfallen die Wurzeln und es bilden sich aus den Wurzelstücken Tochterpflanzen. 

Wer kennt diese parasitierende Pflanze?

(H.J. Ferenz)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Rasterfahndung“): Schneeglöckchen.

Genau. Elfriede kam sofort drauf: das Schneeglöckchen. Natürlich ist aber nicht Schneeglöckchen gleich Schneeglöckchen. Die kleinen Liliengewächse und bekannten Frühblüher gehören zu einer Gattung mit über 20 Arten – und selbst große Sczhneeglöckchenkenner können die nicht unterscheiden, man weiß sogar nicht einmal, wieviel Arten es genau gibt. Schon gar nicht hätte man die auf dem grob gerasterten Bild, das wir eingestellt haben, erkennen können. Deshalb der Hinweis, dass es sich um eine einheimische Art handeln muss. Und  da gibt es nur eine, die sich so weit in den Norden vorgewagt hat: Galanthus nivalis, Kleines Schneeglöckchen oder Gewöhnliches Schneeglöckchen. Die anderen Arten kommen rund um das Mittelmeer und das Schwarze Meer vor, bastardisieren gerne untereinander, und so steckt auch in vielen Gartensorten ein großer eurasischer Genpool.

 

Zum botanischen Namen: „nivalis“ ist lateinisch und bedeutet „Schneemäßig, verschneit“. Galanthus kommt nicht daher, dass das Glöckchengewächs sich so galant gibt. Vielmehr stecken die griechischen Wortstämme „Gala“ (Milch) und „anthos“ (Blume) da drin. Also Milchblume.

Alle Pflanzenteile, besonders die Zwiebel, sind giftig. Allerdings wird eines der giftigen Alkaloide in kontrollierter Dosis als Heilmittel eingesetzt. Und zwar durchaus erfolgreich gegen Alzheimer und andere Formen der Demenz. Wieviel Arten von Schneeglöckchen gibt es nochmal?

(HW)

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