Pflanze der Woche: Attraktives Mauerblümchen

18. Mai 2020 | Bild der Woche | 2 Kommentare

Unser Pflänzchen ist ein wahres Mauerblümchen, das sich schüchtern in feuchten Mauerritzen, in Felsspalten, zwischen Steinen, an extremen Standorten also, behauptet. Im späten Mittelalter wurde es als Zierpflanze aus Italien und dem Balkan in die anderen Teile von Europa gebracht. Man schätzte es als Heilpflanze und Färbemittel. Der Gattungsname kommt aus dem Griechischen und heißt soviel wie „Gefäß“ – eine Anspielung auf die vertieften Blätter der Pflanze. Der Zusatz „muralis“ für „Mauer“ oder „Wand“ weist auf den bevorzugten Standort des Mauerblümchens hin.
Als Heilpflanze hat das Braunwurzelgewächs keine besondere Bedeutung mehr, aber als dankbare Zierpflanze zum Verschönern von langweiligen Mauern wird es immer beliebter. Die mehrjährige kriechende Pflanze wird zwischen 30 und 60 cm lang und 20 cm hoch. Die rundlichen Blätter sind herzförmig. Die hübschen, bunt hellvioletten Blüten an den langen, violetten Stängeln sind nur ca. 1cm groß und erscheinen zwischen Mai und September. Auffällig an den Blüten sind die Unterlippenwülste mit gelbem Fleck, der wohl den bestäubenden Insekten den Weg weisen soll. Die Mutterpflanze ist aktiv bemüht, ihrem Nachwuchs gute Startbedingungen zu schaffen. Sie macht das auf interessante Weise: zunächst sind die Blüten positiv phototrop. Nach der Befruchtung wendet sich mit zunehmender Samen-Reife der samentragende Pflanzenteil von der Sonne ab, wird also negativ phototrop, sodass die Samen in die feuchten Fels- und Mauerspalten gelangen. Damit erhalten die Samen mit großer Sicherheit ein für sie günstiges Keimbett.
Die Vitamin-C-reichen Blätter des genügsamen Pflänzchens können als stärkende Salatzutat verwendet werden. Ihr Geschmack ähnelt dem der Kresse –  mild scharf und lecker.
Welches Mauerblümchen suchen wir?
(H.J. Ferenz)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche (Mit dem Geschenk des Sultans Einläufe verpassen): Flieder, Syringa vulgaris.

Da hat die letzte Wochenpflanze ja einiges an Gedankenkaskaden bei den Usern ausgelöst: zunächst hat Nhu Den recht, Ogier Ghislain de Busbecq war der gesuchte habsburgische Diplomat am osmanischen Hof. Er brachte den Flieder als Geschenk von Sultan Süleyman I mit. Seitdem ist er ein beliebtes Ziergehölz in Gärten und Parks, wird aber auch als invasiver Neophyt angesehen.  Jasie sorgt sich um ihren Honig, weil leider nicht nur der herrliche Duft der Blüten, sondern auch die Bitterstoffe des Flieders in den Honig übergehen.  Und dann kam Elfriede mit dem Witz um die Ecke. So ähnlich ging der auch mit dem Pferd: „Hast Du schon mal ein fliederfarbenes Pferd gesehen?“ „Nein Oma, lila Pferde gibts doch gar nicht“ „Doch, es gibt ja auch weißen Flieder“. Oma hat sich dann immer gefeiert, während wir Kinder das irgendwann nur doof fanden. Ja, Elfriede, Istanbül war natürlich ein Tipfehler. Der Name Istanbul kommt übrigens nicht, wie vielerorts in Reiseführern erzählt wird, aus der türkischen Verballhornung griechischer Straßenschilder „Is tin poli“ („in die Stadt“). Denn schon vor dem Einmarsch der Türken 1453 hieß die Stadt „Stambul“. Denn auch den Griechen war „Konstantinupoli“ längst zu umständlich geworden. Die Türken haben wiederum ein Problem: sie sprechen nicht gerne Worte aus, die mit zwei Konsonanten beginnen. Also setzen sie dann einfach ein „I“ davor (oder gerne auch ein „ü“, @Ülfride). So wurde  aus Stambul Istanbul, aus der  Stadt Skutari auf der gegenüberliegenden Bosporos-Seite Üsküdar, aus Smyrna Ismir, und Brennspiritus heißt Ispirto.

Was war noch mit dem Einlauf? Der wissenschaftliche Name unsere Pflanze lautet „Syringa vulgaris“. Syrinx bedeutet im Altgriechichen „Pfeife, Flöte“, oder einfach nur „Rohr“. Daraus wurde später die „Syringa“, womit die Ärzte ihre Klistierspritzen bezeichneten, mit denen sie den Patienten rektale Einläufe verpassten. Die dafür benötigten Rohre konnte man aus den hohlen Stängeln des Flieders bequem herstellen.

(H.W.)

Pflanze verpasst? Alle Pflanzen der Woche, seit 2016, gibt es hier zum nachlesen:

Archiv: alle „Pflanzen der Woche“ von 2016-2020

 

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