Alpine Schnapswurzel

21. Februar 2022 | Bild der Woche | Ein Kommentar

Unsere Pflanze ist eine geschützte typische Gebirgspflanze in Mittel- und Südeuropa und bevorzugt sonnige oder halbschattige Standorte wie z.B. Almwiesen. Sie kann stellenweise größere Bestände bilden, weil das Weidevieh die Pflanze meidet. Wegen ihrer Größe und ihren zahlreichen gelben Blüten ist sie eine auffällige Erscheinung. Die Blüten sind gestielt und stehen blattachselständig in Trugdolden. Blütezeit ist Juni bis August. Die breiten, elliptischen Blätter sind blaugrün. Die Pflanze ist mehrjährig und bildet allmählich mächtige Pfahlwurzeln aus. Bei ihrem Familiennamen denken viele sicherlich zunächst an die kurzstieligen alpinen, blaublütigen Verwandten

„Die Wurtzel wird in der Arznei gebraucht und nicht das Kraut. Am Ende des Mayen samlet man sie und lässt trocken werden. Die wäret fünff Jahr unversehrt an ihrer Natur.“ Die Maische aus den gehäckselten Wurzeln lässt man mindestens 8 Wochen gären und destilliert sie dann. Lonicerus verordnete das Destillat so: „Morgens nüchtern getrunkt, etlich viel Tage nacheinander, jedesmal drei Loth (ca. 45g) verlängert dem Menschen sein Leben, dann es verzehret allen Schleim im Magen.“ In der Wurzel stecken weiterhin gelbe Farbstoffe – die Xanthone –, reichlich Kohlenhydrate wie Glukose und Fruktose sowie etwas ätherisches Öl. Die Bitterstoffe regen Geschmacksnerven auf der Zunge an und bewirken dadurch reflektorisch, dass mehr Speichel und Magensäure gebildet wird. Die Ausschüttung von Magensaft sowie die von Gallensäften regt den Appetit an und bringt die Verdauung in Schwung. Bei Appetitlosigkeit, Völlegefühl, Blähungen und Gallenstörungen kann die Heilpflanze helfen. Die Bitterstoffe können auch beim Abnehmen helfen. Denn durch die vermehrte Sekretion der Verdauungssäfte wird die Nahrung schneller zersetzt und das Sättigungsgefühl setzt früher ein. Den verdauungsfördernden Schnaps oder Likör reicht man als Aperitif oder Digestif gern zu einem üppigen Essen.

Die Pflanze ist geschützt. Für die wirtschaftliche Verwertung kann sie jedoch angebaut werden.

(H.J. Ferenz)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Pythagoras lehnte sie ab, die Erfurter lieben sie“): Vicia faba, Ackerbohne

Unser User @Rugby hatte sie identifiziert, unsere letzte Pflanze der Woche. Die Ackerbohne gehört zu den Hülsenfrüchtlern (Leguminosen). Sie gehört zu den alten europäischen Kulturpflanzen, seit der Bronzezeit ist sie auch in Mitteleuropa nachgewiesen. Sie war bis zur Entdeckung Amerikas die Bohne schlechthin, mit den heute uns als Bohnen bezeichneten neuweltlichen Bohnen der Gattung Phaseolus (Z.B. Gartenbohne, Feuerbohne) hat sie nur die Zugehörigkeit zur Familie der Hülsenfrüchtler gemein.  Einst war sie sowohl wegen ihres Eiweißgehaltes als auch ihrer Fähigkeit, mittels Knöllchenbakterien Stickstoff aus der Luft zu fixieren und damit den Boden zu düngen, eine unverzichtbare Säule der Ernährung, neben Linsen und Erbsen. Aber auch als zur Tiermast wurde sie verwendet (Bezeichnung Saubohne, Pferdebohne). Im Mittelalter soll sie eine der wichtigsten Nahrungspflanzen überhaupt gewesen sein. Heute führt die Ackerbohne (auch dicke Bohne oder Puffbohne genannt)  nur noch ein Nischendasein in Mitteleuropa. Bekannte Spezialitäten sind „Dicke Bohnen mit Speck“ im Rheinland und Westfalen, oder die berühmten Erfurter Puffbohnen.  Die Guten Böden um Erfurt führten dazu, dass die Bohnen u die Stadt besonders gut gediehen – und heute noch nennen sich die Erfurter stolz „Puffbohne“. Als Nahrungspflanze hat die Ackerbohne jedoch noch in den arabischen Ländern, besonders Ägypten, Tunesien und Marokko. Geradezu ein Nationalgericht ist das „Ful Medamas“, zerkochte, meist geschälte dicke Bohnen, die mit Zitronensaft und reichlich Olivenöl und Gewürzen (Kreuzkümmel, Knoblauch pp) sowohl kalt als auch warm gegessen werden.

Im Anbau ist die Pflanze unkompliziert. Im Gegensatz zu den wärmeliebenden amerikanische Bohnen, die erst ab Mitte Mai in den Boden kommen, verträgt die Puffbohne auch kühlere Temperaturen. Und so wird sie in der Regel bereits schon Mitte bis Ende Februar in die Erde gebracht. Der frühe Saattermin soll wichtig sein, weil später auflaufende Aussaaten schnell Opfer der „schwarzen Bohnenlaus“ werden.

Wir hatten ja mehrere Fragen gestellt, die @Rugby korrekt beantwortet hatte:

„1. Frage: nein „( Er wollte wohl sagen, er mag sie nicht besonders. Der Geschmack ist durchaus etwas erdig-streng. Muss man halt mögen, sonst gefällts einem nicht).

„2. Frage: nein“. Also ablehnen tut er sie auch nicht. Anders als die Pythagoras-Schüler. Deren Begründung für das Nahrungs-Tabu kennt man bis heute nicht, möglicherweise hielten die Pythagoräer die Bohnen, ähnlich wie Tiere, für beseelt, manche Autoren vermuten, dass das an den Larven des Bohnenkäfers gelegen habe, die die Früchte früher öfters „bewohnten“. Eine andere Theorie: Im mediterranen Raum ist der so genannte Favismus (von Fava, Bohne) verbreitet, eine unter ungünstigen Umständen sogar tödlich verlaufende Lebenmittelunverträglichkeit, ausgelöst durch einen angeborenen Mangel an Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase: https://de.wikipedia.org/wiki/Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase-Mangel

(HW)

Noch mehr Pflanzen der Woche gibt es in unserem Archiv – alle Pflanzen der Woche seit Juni 2016.

 

 

 

 

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