Die letzte Pflanze der Woche, die uns ihren Sproß entgegen streckte, ist nichts anderes als „unser“ gemeiner Spargel, Asparagus officinalis. User „Rellah“ hatte es herausgefunden. So sieht er aus, der beliebte Spargel, wenn man ihn nicht mehr essen kann. Auf dem Bild gezeigt war der Spross, der aus dem essbaren weißen (weil unterirdisch gewachsenen) Trieb heraus schießt. Unser Bild zeigt ihn noch in dem Stadium, wo die Blüten noch nicht aufgegangen sind, und die nadeligen „Blätter“ noch nicht gewachsen sind. Es sind keine Blätter, sondern „Phyllokladien“, eine Art blattähnlich auslaufende Sprossachse, die der Photosynthese dient. Mit seinen vielen feinen Verästelungen erinnern die Spargelzweige an eine Art Konifere (hier nicht gezeigt). Über seine Verwendung als Beigesteck zu Blumensträußen gehen die Meinungen auseinander. Die einen finden es furchtbar, die anderen meinen, das Gemüse gehöre zum Strauß Rosen ebenso dazu wie die Kartoffel zum Schnitzel. Auf dem Markt gibt es unterschiedliche Sorten des begehrten Edelgemüses, man unterscheidet vor allem weißen und grünen Spargel. Der Unterschied ist aber kein genetischer, sondern hat mit unterschiedlichen Anbaumethoden zu tun. Der in Deutchland beliebte weiße Spargel ist der Sproß, der vor dem Durchstoßen durch die Erde geerntet wird, also bevor er je das Licht gesehen hat. Dazu auch das typische „Anhäufeln“ der Pflanze. Der Grüne dagegen darf Licht abbekommen. Heimisch ist der Spargel, wie so viele unserer Kulturpflanzen, im Mittelmeergebiet. Die Römer brachten ihn aber schon über die Alpen, seitdem wächst er auch in Deutschland.
Aufgrund seiner Morphologie mit seinen glockenförmigen Blütchen hat man ihn lange Zeit zur Familie der Liliengewächse gezählt, genetische Untersuchungen verhalfen ihm zur eigenen Familie, den Spargelgewächsen (Asparagaceae). Aus den befruchteten Blütchen entwickeln sich dann im Herbst kleine rote Beeren, die leicht giftig sein sollen.
Wie war das jetzt mit der Sexualität und den Supermännchen? „Gondwana“ hat es schon richtig beschrieben. Spargel ist zweihäusig, es gibt also männliche und weibliche Pflanzen. Die männlichen Pflanzen haben den Chromosomensatz XY, die weiblichen, die dann auch die Samen bilden, XX. Damit sich keimfähige Samen bilden, müssen männliche Pollen (haploid, halber Chromosomensatz) auf die Narben der weiblichen Blüte glangen. Deren Keimzellen sind ebenfalls haploid, können aber eben nur „X“ haben. Je nach dem, ob das X nun mit einem Y-Pollen oder einem X – Pollen kombiniert, bekommen wir dann Samen, aus denen dann eine männliche Pflanze (XY) oder eine weibliche Pflanze (XX) wird. Manchmal passiert es aber, dass ein Männchen auch „weibliche“ Blüten bildet, und sich dann selbst bestäubt („Selbstung“). Dann können in der Nachfolgegeneration „XX“- Pflanzen entstehen (theoretische Wahrscheinlichkeit 25%), „XY“ (50%), aber eben auch „YY“. Die sind steril (Was die Bildung von Samen betrifft, Pollen -nur Y- bilden sie schon). Diese „Supermännchen“ sollen aber erheblich bessere Erträge bringen. Leider können sie nur vegetativ vermehrt werden, was kompliziert und teuer ist. Aber als pollenspender taugen sie, und sie erzeugen garantiert nur männliche (XY) Nachkommen. Denn auch die sind ertragreicher als die Weiblichen. Etwas Ähnliches machen auch professionelle Cannabiszüchter, wenn sie Samen züchten wollen, die garantiert nur weibliche Pflanzen ausbilden. Davon berichten wir sicher noch in einer „Pflanze der Woche“.
Nun aber zu unserer neuen Pflanze für die letze Juliwoche.
Unsere neue Pflanze des Monats kommt hin und wieder in unseren Gärten vor. Mit der Zeit wachsen sie zu kleinen Büschen heran, mit dicken, verholzenden Stängeln. Die gelben Blüten werden gerne von Bienen und Hummeln angeflogen, und die ganze Pflanze verbreitet einen merkwürdig fruchtig-derben Geruch, der von manches Menschen als angenehm empfunden wird, andere finden ihn widerlich. Der Geruch stammt von den ätherischen Ölen, die in vielen kleinen Ölblasen in den Blättern gespeichert sind. Man kann sie im durchscheinenden Licht als helle Punkte erkennen. Das Öl enthält verschiedene Substanzen, die den Geruch bestimmen, ein Keton hauptsächlich, und dann aber noch so genannte Furanocumarine vom Psoralentypus. Diese sind, ähnlich wie im gefährlichen Riesenbärenklau, photosensibilisierend, das heißt, sie sollen Kontaktdermatitis in Zusammenhang mit Licht auslösen. Außerdem enthält die Pflanze auch noch bestimmte Alkaloide, die mutagen wirken sollen, und zudem auch noch Abbtreibung herbei führen sollen. Das klingt gefährlich, und niemand würde sich so etwas auch noch freiwillig ins Essen tun. Die eingangs erwähnten Römer waren keine Chemiker, und sie fanden den merkwürdigen Geruch der Pflanze mit dem leicht herben Geschmack so reizvoll, dass die Pflanze geradezu als das „Charaktergewürz“ der antiken römischen Küche angesehen werden kann. Auch heute noch gibt es Grappasorten, in denen ein Zweig unserer Pflanze zur Geschmacksverfeinerung eingelegt ist. Während dieses eigenartige Gewürz heute kaum noch verwendet wird, auch nicht in der mediterranen Küche, dienen die ätherischen Öle noch als Grundlage mancher Parfüms. Merkwürdigerweise halten die Samen der Pflanze noch in der äthiopischen Küche als Gewürz die Stellung. Wie ein charakteristisches römisches Gericht einfacher Leute geschmeckt haben muß, kann man in einem Gedicht eines römischen Schriftstellers nachlesen, in dem das Rezept umschrieben ist. Das Gedicht handelt von einem einfachen, freigelassenen Sklaven, der sich auf seinem bescheidenen Anwesen morgens zur Feldarbeit rüstet. Als Proviant bereitet er sich eine Art „Pesto“ zu, eine Paste, die er sich im Mörser aus Käse, viel Knoblauch, Koriander, Eppich und eben unserer „Pflanze des Monats“ zusammenstampft. Das Rezept bringen wir dann in der Auflösung der Monatspflanze – das Zeug ist wirklich sehr lecker und bereichert jede mediterrane Antipasti-Tafel.
Und nun zu unseren Fragen:
1) Wie heißt die Pflanze?
2) Wie heißt das in dem Gedicht genannte „Pesto“-Gericht?
3) Wem wird das Gedicht zugeschrieben?
11 comments on “Pflanze der Woche”
Sehr schön, diesmal hab ichs gleich geraten.
Hier noch ein frühmittelalterlicher Text zu dieser Pflanze (in deutscher Übersetzung):
„Diesen schattigen Hain ziert dunkelfarbiger …
Grünend Gebüsch. Ihre Blätter sind klein, und so streut sie wie Schirmchen
Kurz ihren Schatten nur hin. Sie sendet das Wehen des Windes
Durch und die Strahlen Apolls bis tief zu den untersten Stengeln.
Rührt man leicht sie nur an, so verbreitet sie starke Gerüche.
Kräftig vermag sie zu wirken, mit vielfacher Heilkraft versehen,
So, wie man sagt, bekämpft sie besonders verborgene Gifte,
Reinigt den Körper von Säften, die ihn verderblich befallen.“
Ich bin dagegen etwas ratlos, versuche es aber trotzdem mit Vorschlägen:
Hat was von dem im Vor-Vor-Artikel erwähnten Greiskraut, aber so ein richtig passendes Senecio oder Jacobaea finde ich nicht. Ich tippe trotzdem mal auf S. incanus.
Und auch manche Artemisia-Arten gehen in diese Richtung.
Jedenfalls ist es eine Asteraceae 🙂
Die gute Gondwana tappt grad etwas im Dunkeln- das kennt man gar nicht von ihr…
Geen Greiskraut, geen Wermut….
http://www.focus.de/gesundheit/news/faulenzen_aid_85320.html
Jetzt versuche ich es mal mit Lesen („verholzend, Büsche…“), vielleicht auch mit Globuli und Grappa…
Oberständiger Fruchtknoten, vier Fruchtblätter, gefiederte, leicht ledrige Blätter, Blüten in einer Dolde (?), ätherische Öle…
🙂
Ja, die Beschreibung passt schon, @Escholzia.
Dann rate ich mal: Weinraute, Ruta graveolens 😉
Mein Moretum gestern Abend hat köstlich geschmeckt.
Escholzia hat die Pflanze richtig bestimmt, Moretum ist auch richtig, bleibt nur die Frage nach dem Dichter.
Non omnis arbusta iuvant humilesque myricae. (Verg.eckö.4,2)
Vergil
„Nicht jedem gefallen Weinstock und Gagelstrauch..“
Aber etlichen Spektristen schon, und deshalb geht es nächste Woche weiter….