Pflanze der Woche

31. Oktober 2016 | Bild der Woche | 9 Kommentare
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Tropaeolum majus, Kapuzinerkresse

Bevor wir zur nächsten Wochenpflanze kommen, hier die Auflösung der Letzten: Die gesuchte Pflanze war die Kapuzinerkresse. Die Pflanze haben wir nur deshalb so umständlich in einer Traumgeschichte verunklärt, weil eigentlich alle Teile der Pflanze, würde man sie korrekt abbilden, so verräterisch sind. Dachten wir uns. Aber die Makrofotos irritierten unsere Leser dann doch zu sehr. Die fast kreisrunden Blätter ebenso wie die zumeist gelborangen Blüten, von denen es allerdings auch Zuchtformen in zinnoberroten und sogar braunen Tönen gibt, hätte jedoch jeder sofort erkannt.

Heimisch ist die Pflanze, die zu den Tropaeolaceen, den Kapuzinerkressegewächsen gehört, in Südamerika. Zu uns kam die rasch wachsende Pflanze als Ziergewächs. Während sie in ihrer Heimat mehrjährig wächst, ist sie bei uns nicht winterhart – das macht aber nichts. Denn aus den runzligen Samen, im Frühjahr in den Boden gesteckt, werden bis in den Herbst hinein meterlange Ranken, die sich weit im Garten ausbreiten, und sogar, bei geeigneter Gelegenheit, überall hinauf ranken. Im Sommer bis zum ersten Frost erscheinen die zahlreichen Blüten, aus denen sich dann im Herbst die dreiteiligen, gerieften Samenfrüchte bilden.

Warum heißt die Pflanze nun „Kapuzinerkresse“? „Kapuziner“ ist klar, das liegt an dem spornartigen „Zipfel“ an der Blüte, der eine bemerkenswerte Funktion hat: er enthält Nektar, aber weder Staubblätter noch Griffel, denn die sitzen, ganz normal, im eigentlichen Zentrum der Blüte. Der Nektar ist ein Gastgeschenk für die Tiere, die die Bestäubungsdienste verrichten: in ihrer Heimat erledigen nämlich Kolibris diese Arbeit. Während sie mit ihrem langen Schnabel am Grunde der Zuckertüte den Saft saugen, erschüttern sie zwangsläufig die Blüte, der Pollen fällt von den Staubblättern auf den Griffel, und so kann sich nach erfolgreicher Befruchtung der Fruchtknoten entwickeln. Auf dem Rätselbild, das eine aufgeschnittene Knospe zeigt, kann man den Griffel, Fruchtknoten und auch die Staubblätter schon gut erkennen.

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Benzylsenföl, Benzylisothiocyanat

Aber warum „Kresse“? Zerreibt man die Blätter, steigt ein scharf-süßlicher Geruch auf, und alle Pflanzenteile schmecken scharf nach einer Mischung aus Rettich und Kresse. Eine Delikatesse sind übrigens die Zipfel: wegen ihres Nektargehaltes schmecken sie besonders süß. Die Pflanze ist nicht nur essbar, sondern gilt – auch in der Schulmedizin- als wirksame Arzneipflanze. Die in ihr enthaltenen Benzylsenfölglykoside setzen beim Zerdrücken freies Benzylsenföl (Benzylisothiocyanat) frei. Dieses hat antibiotische und sogar antimykotische Wirkung. Im Jahr 2013 wurde sie deshalb sogar von Würzburger Pharmazeuten zur „Arzneipflanze des Jahres“ ernannt.

Zu unserer nächsten Pflanze für die Woche vom 31.10.-6.11. 2016:

Wilde Kreuzungen, irritierende Namen.

Endlich ist wieder Sommer, endlich Urlaubszeit: Redor Hallenko verbringt den langen Sommer wie üblich „zuhause“, dort, wo seine Heimat ist, vor den Toren seiner Großstadt. Noch 700 km links– äh, westlich davon, liegt Moskau. Seine schon hochbetagten Eltern sieht er nur während dieser Sommerwochen – außer per Internet, mit Skype, da ist täglich ein Gespräch möglich. Redor mag die Anonymität des Internets, man kann viel lesen, Kommentare abgeben, viel Zeit damit verbringen. Aber jetzt ist Red da, wo seine Wurzeln liegen, die Natur direkt vor der Türe, nichts hält ihn auf…


Was hier alles wächst in Mamas Garten, unglaublich! Wie gut, dass sie gesundheitlich noch in der Lage ist, das alles zu pflegen. Wunderschöne Blumenfotos entstehen. Was ist das? Und das? Mama kennt sie alle. Manche der Gewächse stehen hier wirklich nur zur Zierde, andere sind zum Essen da, selbst Nachbarn kommen herüber, erfreuen und bedienen sich. Welch ein Idyll! Und schaut euch diese Blütenpracht an!
Wahrscheinlich sind viele dieser Blumen wohlbekannt. Da hinten wächst allerlei Gemüse: Diese längliche Flaschentomate mit würzigem Geschmack der Sorte „Alter Kommunist“ hat es Redor besonders angetan, wehmütig streicht er über die glatte Oberfläche. Und hier, eine von Reds Lieblingsblumen: Diese tolle, rote Kerze, wie sie aufrecht vor ihm steht, bewundernswert! Ein ganzes Kollektiv roter Blüten strahlt ihn an. Davon wollen wir den Namen wissen. Wieder einmal zeigen wir aber nur einen Ausschnitt:

Das rote Ding interessiert uns – was ist das für eine Blüte?

Unsere Pflanze wuchs früher im Bauerngarten. Kultiviert wird sie schon seit mehr als 9000 Jahren, so hat unsere alte Kulturpflanze viele Verwandte jeglicher Couleur (Rot, Gelb, Grün), sie kennt Frau Meier und den Nachbarn Fuchs… Eine Unverträglichkeit mancher Pflanzenprodukte, die weltweit 0,3 % der Einwohner betrifft, macht unsere Pflanze interessant. Das ist sie auch für Wintersträuße, denn sie scheint ewig zu blühen. Von ihr wird eines dieser oft verpönten „E“s abgeleitet, aber ein Großteil der Welt lehnt dieses E aufgrund vermuteter Gesundheitsschädigung ab. Aber es ist auch irritierend: die E-Nummer trägt den Namen der Pflanze, das Zeug wird aber nicht aus ihr gewonnen. Und das, obwohl die Pflanze einen roten Farbstoff enthält, den man früher als Lebensmittelfarbe verwendet hat. Verwirrend? Ja. So verwirrend, dass dieses E in der ehemaligen Sowietunion und den USA verboten ist.

Eigentlich ist unsere Pflanze aber sehr gesund für den Menschen, in jedem einzelnen Korn ihres Kollektivs steckt geballte Kraft. Die Körner gibt es in vielen Farben. Weiß sind sie beliebt, aber es gibt auch braune, und schwarze. Die Körner fallen aus den kleinen Blütchen aus, die wie Glöcken aussehen. Zu Tausenden. Sie sind ziemlich klein.

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Unter der Vergrößerung: das sind die braunschwarzen Samen, wie sie aus den kleinen Glöckchen ausfallen.

 

Daher spielte oder spielt diese Pflanzengattung für einen hohen Anteil der Erdbevölkerung eine bedeutende Rolle, sie spannt einen Bogen von der Steinzeit ins Weltall.
Wir wollen wissen:

1. Welchen unpassenden Namen trägt dieses aufrechte Blütenwunder?
Bitte Vor-und Zunamen (Gattung, Art). Die Gattung alleine reicht uns nicht.

2. Welcher fehlende Stoff macht sie so begehrlich? (Das bezieht sich jetzt auf einige Mitglieder der Gattung)

3. Was kann man von ihr essen?

4. Wie wird dieses Rot genannt?

5. Und wer weiß noch, warum sie mit einer Hungersnot in Verbindung gebracht wird?
(Text: A.S.; Fotos: X.S.)

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