Skip to content
HalleSpektrum.de – Onlinemagazin aus Halle (Saale) Logo

Pflanze der Woche

So, liebe Spektrum-Leser, das war nun bewusst der Versuch, die Beschreibung so allgemein zu halten, dass sie für den Riesen-Bärenklau (Heracleum giganteum bzw. mantegazzianum) UND für die abgebildete Echte Engelwurz (Angelica archangelica) gilt! Das ist natürlich gemein, aber wir wollten es den bekannten Ratefüchsen mal etwas schwerer machen. Auf den ersten Blick ähneln sich beide, es sind beides Doldenblütler (Apiaceen) aus derselben Unterfamilie. Gemeinsam ist ihnen auch die Wirkung auf die Haut durch Furanocumarine, photoaktive Substanzen. Diese gehören zu den Phytoaxelinen, die Pflanze wehrt sich lokal gegen Angriffe wie z.B. Gewebsverletzungen, indem sie diese Substanzen in Folge des Ereignisses bildet. Furocumarine besitzen die unangenehme Eigenschaft, durch Sonnenlicht aktiviert zu werden:  Gelangen sie mit dem Pflanzensaft (ätherische Öle) auf die Haut (- auch durch die Kleidung!), wirkt sich das als Dermatitis mit Rötung, Schwellung und Blasenbildung aus, ähnlich einer Verbrennung (- wie es in dem Mailbeitrag eines Users richtig beschrieben wurde). Zusätzlich entstehen DNA-Schädigungen. Der Bärenklau scheint diese Stoffe sogar auszugasen, sodass auch ohne Berührung Bronchialbeschwerden auftreten können. Für den Riesen-Bärenklau wird geraten, damit in Berührung gekommene Arbeitsgeräte mit in Spiritus getauchtem Zeitungspapier abzureiben und dieses dann zu verbrennen. Hier ist man doch an die Schmährufe des jungen Peter Gabriel (Genesis) erinnert (s.u.)… Bitte aufgrund der Giftigkeit die beindruckend großen Stängel nicht als Schwert oder Blasrohr verwenden! Hände und Schleimhäute vor einem Pflanzenkontakt schützen!

Über die Pflanzen wurde auch gedichtet und gesungen: Genesis (nein, Wolli, keine deutschen Volkslieder) warnte in einer  Moritat schon 1971 vor der Rückkehr des Riesen-Bärenklaus (mit einer speziellen Gitarren-Spieltechnik, dem Tapping, und klangvoller Hammondorgel in einer sehr progressiven Vertonung) – zugegebenermaßen etwas dramatisierend in Text und Musik. Engelwurz taucht in mancher Lyrik auf, z.B. bei Robert Louis Stevenson (- der mit den wundervollen Reiseberichten).

Der Riesen-Bärenklau (mit seinen bärenklauen-artigen Blättern) ist nicht verwandt mit dem Wahren Bärenklau Acanthus mollis, der hier kürzlich „Pflanze der Woche“ war, und dessen motivstiftendes Blattwerk wir uns gemerkt haben.

Jetzt aber ausschließlich zur Pflanze dieser Woche, die User „Kenia“ richtig und hartnäckig erkannt hatte: Auf dem Foto sieht man die Blüte in grünlichen Dolden – das unterscheidet Engelwurz von den weißblühenden Brüdern Bärenklau und dem sehr giftigen Wasserschierling (siehe auch: http://www.gartenjournal.net/engelwurz-erkennen).

Es wird vermutet, dass Engelwurz so benannt wurde, weil sie ab dem 8. Mai blüht, dem Erscheinungstag des Hl. Erzengels Michael auf dem Monte Gargano in Süditalien ( griechisch „archangelos“ (αρχαγγελος)= Erzengel). Ein mächtiger Engel – muss da nicht auch die Pflanze außerordentliche Fähigkeiten haben? Natürlich, sie sollte Männer und Frauen vor bösen Geistern und Hexen bewahren und das Vieh vor dem sog. magischen Elfenschuss, den man an einem sich verschlechternden Gesundheitszustand zu erkennen glaubte. Die sprichwörtlichen Heilkräfte der Arznei-Engelwurz wurden durch einen Engel im Traum offenbart: „Angelica, des hailigen gaistes Wurtz“, war eine der ersten Heilpflanzen, die im Galgant-Gewürz-Traktat (14. Jh.) beschrieben wurde, einer Aneinanderreihung von Drogen-Monographien. Damals galt sie vor allem als Brustwurz. Anfang des 16. Jahrhundert folgte das Druckwerk des Kleinen Destillierbuchs des Hieronymus Brunschwig: „Angelica wasser vom krut keyn alter philo[so]phus schriben ist / darumb syn latinscher namen von den tütschen in übung ist angelica. …“ Das Angelica-Wasser wurde auch innerlich gegen „undäuigen Magen“ angewendet, heute dient das ätherische Öl bei Magen-Darm-Verstimmungen. Wir sind hier im Zentrum mittelalterlicher, alchemistischen Medizin! Ab dem Ende des 16. Jahrhunderts tauchte Angelica im Wundermittel Orvietan auf. Scharlatane, die die Formel des Gebräus geheim hielten, vertrieben es auf Jahrmärkten – publikumswirksam setzten sie es als Antidot gegen Gifte an, die sie öffentlich gustierten…

louis-marin-bonnet-le-marchand-dorviétan-(after-careme)Vergleichbar auch die vermutlich erst neuzeitliche Engelwurz-Zugabe zum seit der Antike (Asklepios, Nero) geschätzten Allheilmittel Theriak. Dessen Mythos („Himmelsarznei“) findet noch heutzutage Anhänger! Gegenwärtig genutzt wird meist Angelicae radix, die Wurzel, beispielsweise für Kräuterbitter und als Teedroge. Andere verwenden Angelica zum Räuchern oder schätzen das feine Honigaroma. Als traditionelle Heilpflanze wird sie vermehrt im Süden Deutschlands angebaut.

Gegen Elfenschuss wie auch Hexenschuss sollte übrigens auch dieser Zauberspruch helfen, „glaubt man“ (- ganz universal) der altenglischen medizinischen Spruchsammlung Lacnunga (mit germanisch-heidnischen, christlichen und griechisch-römischen Einflüssen):

“…Ut, spere, næs in, spere!

Gif her inne sy isernes dæl,

hægtessan geweorc, hit sceal gemyltan.

Gif ðu wære on fell scoten oððe wære on flæsc scoten

oððe wære on blod scoten

oððe wære on lið scoten, næfre ne sy ðin lif atæsed;

gif hit wære esa gescot oððe hit wære ylfa gescot

oððe hit wære hægtessan gescot, nu ic wille ðin helpan.

þis ðe to bote esa gescotes, ðis ðe to bote ylfa gescotes,

ðis ðe to bote hægtessan gescotes; ic ðin wille helpan….”

Unsere neue Pflanze der Woche: wir ändern die Himmelsrichtung:

Pflanze der Woche 22-28 August 2016
Pflanze der Woche 22-28 August 2016

Nach einem so langen  Ausflug in die nordische Elfenwelt wenden wir uns anderen Himmelsrichtungen zu.  Von ganz wo anders, von ganz weit her, kam unsere Pflanze der Woche  zu uns nach Europa. Sie versorgt uns mit Nahrung, und  zwar mit einer der Kategorie „Gemüse“ – wenngleich man sicher streiten kann, wodurch ein Gemüse definiert wird. Und was eine Beilage ist, und was ein Obst ist. Beispielsweise wird Rhabarber gerne dem „Obst“ zugeschlagen, obwohl die sauren Stängel nun wahrhaft keine Früchte sind.  Unsere Gemüsebeilage jedenfalls wird noch nicht lange in Europa kultiviert, ist aber mittlerweile Bestandteil vieler typisch europäischer Nationalgerichte. Die Früchte soll man roh keinesfalls essen, denn sie enthalten ein giftiges Alkaloid, das „Solanin“. Im heimischen Garten gedeiht die Pflanze übrigens prächtig – wenn sich nicht ein aus dem imperialistischen Ausland eingeschleppter schwarz-gelb gestreifter Käfer über sie her macht. Im Nu ist die Pflanze kahl gefressen  und die Ernte dahin. Im europäischen Raum haben sich verschiedene Namensstämme für unsere Pflanze eingebürgert, sie ist gewissermaßen von den verschiedene Völkern Europas in den Sprachschatz integriert worden. An der Bezeichnung unseres „Gemüses“ kann man übrigens die Wege der gegenseitigen  Beeinflussung unserer europäischen Kulturen auf die Küchentradition studieren. Zubereitet wird unsere Pflanze übrigens in mannigfaltiger Form: gebraten, frittiert, gekocht, als püriert, gestampft,  als Salat….

In der Auflösung präsentieren wir vielleicht das ein- oder andere Rezept. Vielleicht haben Sie selber eines..

Die Fragen lauten:

-Wer ist diese  Pflanze?

-Wer isst sie, und wie nennen die verschieden europäischen Kulturen dieses Produkt? Bitte nennen sie mindestens drei Stammformen aus drei unterschiedlichen Sprachgruppen. Nenne Sie gerne auch typische „Nationalgerichte“, die darauf basieren.

In unserem Lebensmittel ist ein weiteres, recht bekanntes Alkaloid enthalten. Welches?

 

21 comments on “Pflanze der Woche”

  1. Ich halte mich mal zurück, weil ich die nun selbst mal früher massenhaft hatte.
    Diese Sorte übrigens, mit dieser schönen Blüte, hat einen ähnlichen Namen wie ein Stadtteil von Halle. :-).
    Äpfel und Birnen musste im Namen auch schon für sie herhalten.

    Bei unseren südlichen Nachbarn mag man švestkové knedlíky. Nicht zu verwechseln mit den knedlíky, welche aus Weizenteig und Brötchen hergestellt werden.
    Neben alpha-Solanum enthält die Pflanze noch alpha-Chaconin. beide gehören zu den Glykosidalkaloide.
    Wahrscheinlich bildet die Pflanze diese Stoffe gegen Fraßfeinde. Die meisten Alkaloide befinden sich in den Keimen.

  2. Wenn ich mit meiner Vermutung und meiner Vermutung, was Kenia vermutet, richtig liege, komme ich bei der internetgestützten Sortensuche nur auf Namen, die ähnlich wie Hallesche Stadtbezirke klingen: Halle-Ost und Halle-West. Irgendwo ist hier ein Käfer drin…

  3. @Gondwana, ich komme diesmal bei deinen Ausführungen nicht mit. Aber sag mal, könnte es sein, dass die Frucht auch Nikotin enthält?

  4. Mit dem Namen sieht das so aus. Die Straße von der Reilstr. zur Peißnitz (Burgstr) hat den Namen im Wortstamm. Und die dort wohnen, könnten man auch so nennen wie die Sorte der Pflanze. Diese Sorte steht ausnahmsweise nicht im allwissendem WIKI.
    So wie ich gelesen habe, kommt diese Sorte aus der gleichnamigen Region aus Österreich. 🙂

  5. Hilfe, Redaktion, jetzt sind wir bei österreichischen Nikotin-Kümmel-Kartoffeln der Sorte Halle-Ost-Böcker oder ähnlich – ????

  6. Also, wenn ich mit meiner Vermutung richtig liegen sollte, hätte die Region in Österreich, die man phonetisch mit der Burg(Berg)straße in Halle und mit der Pflanze der Woche in Verbindung bringen könnte, ein „r“ zuviel.

  7. Es wird immer schwieriger. Wie komme ich von der Reilstraße erst einmal zur Burgstraße? DAS muss laut Kenia doch die gesuchte Kartoffelstraße sein, oder? Wie komme ich da also rüber: Große Brunnenstraße, oder Mozart-, Adolf-, Böck- oder Ernst-Schneller-Straße – ???? Ich verstehe nicht. (Wobei ich auch dann noch lange nicht auf der Peißnitz bin.)

  8. In der Burgstraße gibt es einen Laden für französische Spezialitäten, aber keine Herberge, wenn ich auch mal in Rätseln sprechen darf. Wenn die Leipziger Völkerschlacht zu Gunsten Frankreichs ausgegangen wäre, könnten Hallenser das Rätsel einfacher phonetisch lösen.

  9. Uff, jetzt sind wir schon bei den Latschen (- um auch die Rätselsprache aufzunehmen).

  10. So jetzt sage ich Euch woran ich denke und Ihr sagt mir , ob ich richtig liege: Aubergine

  11. Nicht die einzelnen Straßennamen, Das Wohngebiet, Stadtteil!!! Wie heisst das Wohngebiet. Die Silbe „….weg…“ muss da allerdings raus aus dem Namen des Wohngebietes.
    Sie heisst: mehlige …….

  12. Die Rate-Tipps liefern 2 Lösungen, die Frage an die Redaktion ist also: Ist das nun die Blüte der Mehligen Mühlviertler aus Österreich (Tipp von Kenia) oder eines Eierbaums, vielleicht vom Latschen-reichen Arlberg, der sich französisch im Burgweg einquartieren wollte (mail il n’y a pas de l’auberge!) (Tipp von Lou)?

  13. Und weil die Blüten alle irgendwie „gleich“ aussehen, schlage ich noch den Enzianstrauch vor – oder ist es vielleicht doch eine Nikotinpflanze oder sogar Kümmel? Paprika passt auch noch irgendwie, das passt wieder zu Gemüse.

Schreibe einen Kommentar