Lustig, lustig Ihr lieben Brüder ..

23. Oktober 2017 | Bild der Woche | 3 Kommentare

Gesucht wird nach der Pflanze, zu der dieser Trieb gehört…

Der November stand vor der Tür, das Gartenjahr war vorüber und Melancholie machte sich breit. Das Leben von Georg Bauer hatte sich dieses Jahr unerwartet (oder vielleicht doch nicht ganz?) nach 43 Jahren mehr oder weniger wilder Ehe drastisch geändert. Für heute Abend hatte er sich eine Flasche mit einem irischen Seelentröster, den er zum Geburtstag bekommen hatte, bereitgestellt und seine alten Folkplatten herausgesucht. Er fand immer noch, diese „Ostgewächse“ waren nicht schlecht gewesen – auch wenn sie eine Zeitlang die eine oder andere „Westplatte“ nachgesungen hatten, und wiederum anderes vor allem durch das Nichtgesagte gewirkt hatte. Lediglich mit Vinyl und Vertrauen hätte Amiga nicht so geizig sein müssen. Der Plattenteller beginnt sich zu drehen. Na, auf die alten Zeiten.

Ja, auch dieses „Westgewächs“ war nicht schlecht – aber der nächste wird verdünnt. Wobei, das eigentliche Gewächs kommt auf der Nordhalbkugel fast überall vor, recht üppig (mal wieder?) in den Alpenländern, wohl auch bei Cottbus und nicht selten auf Friedhöfen, immer grün, zweihäusig, auf den Wind und manchmal auch auf das Weidevieh angewiesen.

Die Platte ist gerade am Ende, allzu fröhlich war das jetzt nicht, doch glaubt Georg wieder ein bisschen mehr daran, dass die Hoffnung und die Kraft immer wieder neu geboren werden. Hm, da waren doch später noch ein paar Silberscheiben dazu gekommen, überlegt Georg. Würde diese deutsche Version von Fiddlers Green zur momentanen Stimmung passen? „… nimm mich, nimm mich mit auf die Reise …“ summt er die CD hervorsuchend. Ach ja, die Pflanze – in der Flasche hat sie heute in guter Mischung/Gesellschaft wirklich ein Spitzenaroma entfaltet – als Gewürzpflanze erfreut sie sich ebenfalls einiger Beliebtheit, früher war sie auch Grundlage für Abführmittel und, ja, die Dosis macht mal wieder das Gift. Und das Bild zeigt auch nicht den typischsten Vertreter. Auch dieses Lied ist verklungen. Georg stellt die Flasche weg, viel fehlt nicht. Der Nebel hat sich verzogen und klar strahlt der Orion ins Fenster. Nun, meine Zeit ist noch nicht vorbei, sagt sich Georg, und mit einem „Frisch auf nun Gesellen…“ in einer regionalen Version begibt er sich zur Ruhe.
Was könnte auf der Flasche gestanden haben?

Was mag auf der Plattenhülle und dem CD-Cover gestanden haben?

Wie heißt unsere Pflanze?

(F.)

Auflösung der letzten Wochenpflanze „Kind  packt orange Berren aus…„: Phsalis Alkekengi, Lampionblume oder Judaskirsche

„Tanc“ hat es möglicherweise trotz des stilisierten Bildes erkannt: die rote „Frucht“, die da in einem netzartigen Käfig eingesperrt war, ist die Lampionblume (Physalis Alkekengi). Das Netz ist das, was von den leuchten roten, blasenartigen Hüllblättern übrig bleibt, wenn diese langsam verwittern bzw. vermodern. Physalis Alkekengi ist ein Nachtschattengewächs, und ihre Heimat ist – oh Wunder – nicht etwa Amerika. Die Wildform stammt aus Kleinasien und dem Kaukasusgebiet, wurde aber schon im Altertum in Mitteleuropa eingeführt. Schon für die Jungsteinzeit ist sie nachweisbar, ihre Samen wurden bei Ausgrabungen im französischen Jura gefunden.

Der greichische Arzt Dioskurides (1. Jh. n. Ch.) beschrieb die Pflanze und empfahl sie als harntreibendes Mittel. In Deutschland wurde sie spätestens durch die Römer heimisch, wo sie sich insbesondere in Gegenden mit Weinbauklima wild ausbreiteten. 1543 schrieb Leonard Fuchs: “ Die Judenkirsen wachsen gemeinlich in den Weingärten darauß sie nit leidlich mögen gebracht werden, wo sie einmal wurzeln“. Mit anderen Worten: die hübsche Zierpflanze empfand man als lästiges Unkraut.

Komische Namen

Der Artname (Artepitheton) „Alkekengi“ stammt aus dem Arabischen, und der Gattungsname „Physalis“ aus dem Griechischen: „Physa“ bedeutet „Blase“.

Woher aber nun der Name Judenkirsche? angeblich leitet sich der Name daher, dass die Blase, umgedreht, an den Hut der Juden erinnert, die diese im Mittelalter in einigen Regionen als Erkennungszeichen tragen mussten. Allerdings waren dies zumeist Spitzhüte, während die Physalis eher an einen Turban erinnert.

Noch andere Namen gefällig?: Halikakabos (Theophrast), Vesicaria (Plinius), Boberella (Hildegard v. Bingen, wohl von Bobbele, Blase), Juden-Docken, Judas-Kirsche, Blasenkirsche (Neuzeit).

Essbar, gesund oder giftig?

Bei so viel Aufmerksamkeit und so vielen Namen, die man der Pflanze seit der Antike gewidmet hat, fehlen bis heute verlässliche Angaben darüber, ob man sie Beeren nun essen darf, oder nicht.

Unzweifelhaft sind zwei nahe Verwandten der Lampionblume essbar. Physalis peruviana wird hierzulande oft als „Kapstachelbeere“ im Lebensmittelhandel angeboten, seltener auch der die „Tomatillo“ (physalis  philadelphica). Beide stammen vom südamerikanischen Kontinent.

Unsere Lampionblume enthält in der Tat einige Alkaloide der Tropan-Familie, aber offenbar nur in den grünen Pflanzenteilen und der Wurzel. Außerdem die antibakteriell wirkenden Steroide, die als Physalin bezeichnet werden. Die reifen Beeren sollen nach dem einen Autor ungiftig sein, andere warnen vor deren Giftigkeit. Auch die verschieden „Vergiftungszentralen“ der Bundesländer drücken sich nicht einheitlich aus. Der Verfasser hat mehrfach reife Beeren probiert: sie schmecken den „Kapstachelbeeren“ aus dem Lebensmittelhandel ähnlich, vielleicht einen Hauch bitterer. Selbst nach einer Handvoll der glänzend roten, vollreifen Beeren: keine Symptome bis auf einen etwas fies-seifigen Geschmack im Mund.  Für eventuelle Schäden von Nachahmern und deren Angehörigen übernimmt der Autor jedoch keine Haftung.

Empfehlenswerte Gartenpflanze?

Auch da dürfte das Urteil uneinheitlich ausfallen. Die „Lampions“ bestechen natürlich mit ihrer wunderschönen zinnoberroten Farbe und verleihen dem Garten im Spätherbst interessante Akzente. Attraktiv ist sie in der Vase, auch als Trockengesteck. Und ist pflegeleicht: einmal Lampionblume, immer Lampionblume. Ihre Ausläufer verbreiten sich im Garten, so leicht wird man sie nicht los.

(CHW)

 

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