Leiden am Kreuz

5. November 2018 | Bild der Woche | 2 Kommentare

Kreuzigungsdarstellungen passen nun gar nicht in die Jahreszeit. Dennoch müssen wir sie zeigen, denn ein Detail auf dem Bild von Fra Angelico führt zu unserer Pflanze.  Da ist gar keine Pflanze drauf ? Doch, zumindest ein Stängel, so sagt es zumindest die biblische Überlieferung. Der Name unserer Pflanze taucht mehrfach in  der heiligen Schrift auf, vorwiegend aber im Alten Testament. Allerdings meinte die Bibel damit nicht unser Pflanze, da ist sich die kritische Bibelwissenschaft einig. Aber unsere Pflanze heißt so, und der Anfang ihres Namens ist auch noch – zumindest in der deutschen Sprache – sehr selten. In Lexika fällt sie daher gerne auf. Sie blüht hübsch, riecht ziemlich „streng“, aber auch balsamisch, und ihre Verwendung beschränkt sich in der Kühe laut Empfehlungen in diversen Kräuterkochfibeln, damit sparsam Fisch zu würzen. Das ist aber bei vielen Kräutern so, die einen etwas eigenartigen Geschmack haben. Solche Ratschläge können eigentlich nur von Fischhassern kommen.

Wir fragen:

  1. Wie heißt unsere Pflanze?
  2. Was ist das für ein Stöckchen auf dem Bild? (Es ist kein Mikrophon, um die letzten Worte Jesu aufzuzeichnen, und der Mann in dem roten Rock ist auch kein Reporter)
  3. Wie hieß der „Reporter“ mit dem „Mikro“ auf dem Bild?
  4. Wozu wird die gesuchte Pflanze  verwendet?

 

Auflösung der letzten Wochenpflanze (Ausflug im Kosmos): Cosmos bipinnatus, Schmuckkörbchen.

Cosmea bipinnatus, Schmuckkörbchen.

Agricola rührte mit Andeutungen im Sternenhimmel herum, und wollte wohl darauf hinweisen, dass unsere Pflanze eine „Sternenblume“ sei, gehört sie doch zu den „Asteraceen“ (ἀστήρ (Aster) ist die altgriechische Bezeichnung für Stern). Das ist  die Bezeichnung der bekannten Pflanzenfamilie, die wir auf Deutsch „Korbblüter“ bezeichnen. Auch „Astern“ gehören dazu, unter vielen Anderen. Aber nach Astern hatten wir nichtgesucht. User „Rellah“ hat es herausgefunden: das „Schmuckkörbchen“, cosmos bipinnatus, das mit seinen rosa, roten bis weißen Blüten aus der Sommerflor traditioneller Gärten nicht wegzudenken ist.
Woher hat „Cosmos“, also cosmos bipinnatus, seinen Namen? das Blümchen ist nicht etwas als Sternschnuppe vom Himmel gefallen, aber als Don Cavanilles, Direktor des botanischen Gafrtens in Madrid, es dortselbst erstmals für die Wissenschaft beschrieb, war er von dem schmucken Aussehen der großen rosa Blüten und den feingliedrigen (bipinnatus) Blättern derart angetan, dass er ihr die griechische Bezeichnung für „Schmuck“ gab: Kosmos (κόσμος). Dies ist ein griechisches „Teekesselchen“: „Kosmos“ bezeichnet die Welt, den Schmuck, aber auch die Ordnung. Was ja ein seltsames Weltbild der alten Griechen offenbahrt: zur Welt und zur Ordnung hatten sie gleichermaßen eine ästhetische Beziehung.

Wieso fand der Botaniker Don Cavanilles ausgerechnet in „seinem“ Madrider Garten eine neue Pflanze? man wird es sich denken können: irgend ein Reisender wird die Samen aus der dem damaligen NeuSpanien (Nueva España-was etwa das heutige Lateinamerika umfasst) mitgebracht haben, genauer gesagt, aus Mexiko, wo unser schmucker Korbblüter nämlich zu Hause ist.

Schon im 19. Jahrhundert fand die hübsche Blume Einzug in viele Gärten Europas, auch in das kühlere Deutschland. Während sie in den wärmeren Gegenden dann sogar die Flucht aus den Gärten antrat, um sich als böser Neophyt auszubreiten, droht hier bei uns (noch) solches Ungemach nicht. Die Samen der einjährigen Pflanze werden in unseren Breiten zwar in warmen, langen Herbstperioden wie dieses Jahr reif, überdauern aber die Winterkälte im Boden nur selten, so dass der Ausbreitungsweg unterbrochen ist. Wir müssen die Samen also einsammeln, oder im Frühjahr neu kaufen. Man sät sie im Hause im April vor, und die jungen Pflänzchen dürfen dann nach den letzten Nachtfrösten im Mai raus in den warmen Gartenboden. Sonne mögen sie gern. Die Saatguthersteller haben eine Vielzahl von Sorten auf den Markt gebracht: hochwüchsige Monster, kleinwüchsige Zwerge, gestreifte (panaschierte) und gefüllte Blüten. Ab Ende Juli beginnt sie zu Blühen, unaufhörlich, bis jetzt noch, im Spätherbst um dann, bei Eintritt des ersten Frostes, jämmerlich das Zeitliche zu segnen. Weltuntergang.

 

(H.W.)

 

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