Krummer Schattenspender & Glücklichmacher

9. Januar 2023 | Bild der Woche | Ein Kommentar

Unsere Rätselpflanze kann ziemlich groß werden und winterhart ist sie nur mäßig. Deshalb hält man sie bei uns meist als Kübelpflanze und überwintert sie im Haus. Bewährt hat sich dafür eine japanische Sorte. Ihr Stamm, der aus Fasern besteht, wächst bei optimalen Bedingungen bis zu 5 Meter hoch und wird mit den Jahren bis zu 3 Meter dick. In Deutschland kann sie eine Höhe bis zu 3,5 Metern erreichen. Sie wächst ziemlich schnell und muss deshalb gut mit Dünger und Wasser versorgt werden. Sie hat große, üppige bis zu 2 Meter lange Blätter, sowie grün-gelbe große Blüten, die sich am oberen Ende des Stammes entwickeln. Die Blätter machen die Staude zu einer attraktiven Großpflanze.

Die kleinen Früchte werden in der Regel roh verzehrt. Sie sind aber auch für Salate oder als Beilage zu warmen Mahlzeiten geeignet. Dass es sich bei den Früchten um Beeren handelt, ist meist unbekannt. Sie entwickeln sich bei uns nur an sehr warmen Standorten. Das könnte sich bei anhaltender Klimaerwärmung  verändern. Die Früchte weisen eine charakteristische Krümmung auf. Am Anfang, wenn sie noch klein und grün sind und zwischen den Blättern herauswachsen, wachsen sie nach unten. Wenn sie dann größer werden und die Blütenblätter abgefallen sind, wachsen sie zunehmend nach oben Richtung Licht. Sie verändern die Richtung im Laufe des Wachstums; dadurch werden sie krumm.

Zu den Lebensmitteln, die psychoaktiv sein sollen, zählt man auch die Früchte unserer Rätselpflanze. Doch erwiesen sich die Effekte als allenfalls kurzfristig.  Es finden sich  relativ hohe Mengen der Aminosäure Tryptophan, aus der im Gehirn das „Glückshormon“ Serotonin gebildet wird. Die reifen Früchte enthalten viel Fruchtzucker, weshalb sie vor allem bei Sportlern als schnelle Energielieferanten beliebt sind. Sie sind auch reich an Kalium, enthalten daneben auch Magnesium und Vitamin B6. Vitamin B6 spielt eine Rolle im Eiweißstoffwechsel. Kalium ist unentbehrlich für Muskeln, Nerven und das Herz.

Man kann die Pflanze leicht aus Samen vermehren. Dazu ritzt man die raue Samenschale an und quellt die Samen zwei Tage vor statt ein paar Wochen Zuwarten müssen.

Verwandte Pflanzen zeichnete kunstvoll Maria Sibylla Merian. Durch den Gouverneur der niederländischen Kolonie Surinam, Cornelis van Sommelsdijk, wurde sie angeregt, ab 1699 eine zweijährige Reise in diesen südamerikanischen Küstenstaat zu unternehmen. Nach Europa zurückgekehrt, publizierte Maria Sibylla Merian ihr Hauptwerk Metamorphosis insectorum Surinamensium, das die Künstlerin berühmt machte.

Welche Pflanze suchen wir?

(H.J. Ferenz)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche (Fingerfeuervogel): Dattelpalme, Phoenix dactylifera.

Auch wenn die Abbildung eher nach Kartoffeln aussah, unsere schlauer Bauer Agricola ließ sich nicht täuschen: das Bild zeigte einen ausschnitt aus einer Rispe mit reifen Dattelfrüchten. Sie stammen von einer der ältesten Kulturpflanze der alten Welt, der echten Dattelpalme,  Phoenix dactylifera. Die Nutzung der nahrhaften, zuckerreichen Früchte reicht schon in die mesopotamische Frühzeit zurück. Der Baum gehört zur Gattung „Phoenix“, was griechisch (φοίνικας) zunächst nur „Palme“ bedeutet. Warum auch der legendäre Vogel „Phoenix“, der der Sage nach sich zu Ende seines Lebens verbrennt, und seiner Asche wieder neu geboren entsteigt, ist unbekannt. Möglicherweise liegt es an den langen Wedeln der Palmen, die an die Flügel oder federn großer Vögel erinnern. Ebenso unklar ist die Bezeichnung „dactylifera“. „Dactylos“ bedeutete Altgriechisch die Dattel, aber auch „Finger“.

Antikes Fingerfood? Oder liegt es daran, dass die längsovalen Früchte wie die Finger einer Hand dicht an dicht an den Rispen hängen?

Zwei antike „Teekesselchen“ in einer Pflanzenart, das ist bemerkenswert, gehört aber zu dem Wissen, ohne das man auch gut durch de Welt kommt.

Apsismosaik (9. Jhdt n. Ch)

Apsismosaik (9. Jhdt n. Ch) mit einem Phönix (s. rote Kreismarkierung) auf einer Dattelpalme

Interessant: Die doppelte Bedeutung des Wortes war den Menschen noch in Spätantike und frühem Mittelalter bewusst. Ein Apsismosaik in der alten Papstkirche von Santa Maria Maggiore in Rom zeigt unseren Phoenix-Vogel auf einer Dattelpalme sitzend. Was ihn in der ehrwürdigen Kirche buchstäblich auf die Palme gebracht hat: der mythische Feuervogel war nämlich von den frühen Christen als  Symbol der Auferstehung übernommen worden. Das feurige Federvieh ist Christus gleichgesetzt, deshalb trägt er  sogar einen Nimbus.

Zurück zur Dattelpalme:

Die nicht frostharte Palme ist wärme- und sonnenliebend. In den Sommermonaten benötigt sie viel Wasser, das sie aber auch mit ihren Wurzeln aus tief verborgenen Grundwasserschichten aufnehmen kann.  Sie zweigeschlechtlichen Bäume werden in  in Palmengärten gepflanzt, zur Bestäubung der weiblichen Pflanzen sind wenige männliche Bestäuber erforderlich. Aus Samen gezogen, trägt die Palme schon nach fünf Jahren Früchte, die Nutzungszeit beträgt allerdings bis zu hundert Jahren. Ein einzelner Baum bringt bis zu hundert kg Früchte.
Das natürliche Vorkommen der echten Dattelpalme ist auf Nordafrika beschränkt. Eine verwandte Art existiert jedoch auch an der Südspitze Europas: Die Kretische Dattelpalme (Phoenix theophrasti) kommt wild an zwei Standorten auf Kreta vor. Leider sind ihre Früchte nicht genießbar, Ziegen fressen sie allerdings gern. Die Kretische Dattelpalme kannte man schon in der Antike bekannt. Die antiken Naturforscher  Theophrastos von Eresos und Plinius der Ältere hatten sie beschrieben. Der Botaniker  Werner Greuter hatte sie 1967 erstmals als eigenständige Schwesterart der echten Dattelpalme beschrieben und sie nach dem antiken Ersterwähner Theophrastos benannt.

(HW)

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