KO-Tropfen im „Sterni“

26. September 2022 | Bild der Woche | 3 Kommentare

„Der 46. bruder der do starb hieß herttel pyrprew“, so steht es in einem Hausbuch des Mendelschen Nürnberger Armenstifts, entstanden um 1425. In das Stift wurden alte, gebrechliche Handwerker aufgenommen, bei ihrem Tod wurde ihnen ein Porträt im Hausbuch gewidmet, das sie in ihrer jeweiligen handwerklichen Tätigkeit zeigte. Woran der Bierbrauer Hertel starb, wissen wir nicht, aber es kann sein, dass ihm sein eigenes Gebräu über den Jordan geholfen hat.

Denn damals galt noch nicht das „deutsche Reinheitsgebot“, das auch deshalb erlassen wurde, weil zuvor ins Bier so allerhand nicht ungefährliche Zutaten hineingepanscht wurden, um die Wirkung des oft wenig alkoholhaltigen Gebräus zu verstärken. Ein „Kraut“ war  besonders beliebt. Seine Alkaloide – es sind insbesondere Hyoscyamin und Scopolamin – sind hochgiftig, und besonders letzteres hat  – je nach Dosis – eine berauschende, halluzinogene bis narkotisierende Eigenschaft. Und bei leichter Überdosis besteht Lebensgefahr. Scopolamin ist auch der Wirkstoff von Stechapfel (hatten wir schon einmal hier vorgestellt) und Engelstrompete, die besonders von waghalsigen zumeist Jugendlichen „Psychonauten“ schon mal als Ersatzdroge ausprobiert wird. (Unvergessen ist jener Fall aus Halle, bei dem sich ein 18-jähriger  Mann in einen wahnhaften Rausch geriet, dass er sich mit einer Heckenschere Penis und Zunge abschnitt: http://www.spiegel.de/panorama/drogenwahn-18-jaehriger-schneidet-sich-penis-und-zunge-ab-a-266845.html )

Das, was in der Engelstrompete drin ist, geriet  über die Pflanze, die wir heute suchen, auch ins Bier. Richtig dosiert, führte der Genuss des Getränkes zu einem feinen Vollrausch nach wenigen Schlucken und einem recht „traumhaften Schlaf „. Aber: Zu Risiken und Nebenwirkungen konnte man den Bierbrauer nicht befragen. Tatsache ist aber, dass unsere Pflanze zu medizinischen Zwecken verwendet wurde – etwa als Mittel zur Narkose bei operativen Eingriffen, als recht wirksames Mittel bei Schmerzen („gegen den Zahnwurm“. Noch im 19. Jahrhundert wird es als Mittel bezeichnet, das dem Opium überlegen sei, weil es nicht zu Darmträgheit führe. Aber viele Ärzte warnten aber auch schon vor der Gefährlichkeit der Pflanze. Ins Bier kamen vor allem die Samen, die neben der Wurzel einen besonders hohen Gehalt an Alkaloiden haben.

Die Behauptung, dass eine bekannte Biersorte, deren Name mit einer ebenso bekannten böhmischen Stadt verbunden ist, sich von unserer Pflanze ableitet, ist wahrscheinlich eine Legende – aber man hört sie des Öfteren.

Und hier sind unsere Fragen:

-Um welche Biersorte handelt es sich?

-Welche ist die gesuchte Pflanze?

In dem Beitragsbild findet man links oben an dem Gestell hängend einen sechszackigen Stern. Es sind eigentlich zwei ineinander gesteckte Dreiecke. Mit dem jüdischen „Davidsstern“ hat das Zeichen überhaupt nichts zu tun. Vielleicht braut der Bruder Hertel gerade „Sterni“? Oder ist man nach dem Genuss „sternhagelvoll“?    
Was ist das für ein Stern und wofür steht er?

(HW)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Würzige Kugelblüten“): Kugelkopflauch, Allium sphaerocephalum

Man nennt ihn auch Zierlauch oder Trommelstock-Lauch. Er ist nicht nur dekorativ im Garten, sondern auch als Küchenzwiebelersatz nutzbar.

(Hans Ferenz)

Noch viel mehr Pflanzen findet Ihr in unserem Archiv. Seit 2016 jede Woche ein neues Gewächs im unserem  virtuellen Hallischen Kleingarten.

 

 

 

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