Kleeblüte – unscharf und unpünktlich?

18. März 2019 | Bild der Woche | 4 Kommentare

Ein Künstler aus unseren Reihen hat das Bild der Pflanze leicht verfremdet. Die Farben stimmen aber. Wir suchen diese -scheinbar- kugelige, rosa Blüte.

Der Frühling stand vor der Tür und die Strahlen der Mittagssonne ließen in Georg Bauer ein leichtes Fernweh und die Erinnerungen an Wanderungen in der Saale-Unstrut-Region aufkommen. Vor einigen Tagen war ihm seine erste Digitalkamera, die ihn dabei oft begleitet hatte und später an einem Objektivschaden „erkrankt war“, wieder über „den Weg“ gelaufen und heute war Zeit, die Speicherkarte zu sichten. Die Blüte, die ihn an Klee erinnerte,

Aus Agricolas Fotoalbum

war gleich auf einem der ersten Bilder. An ihren Standort konnte er sich noch gut erinnern. Es war bei einem von einer Mauer eingefassten Grundstück am Waldrand gewesen und die Blüte hatte sich ungefähr in Kopfhöhe befunden. Während die Pflanze ihm aus frühen Schuljahren als Besonderheit innerhalb ihrer Familie bekannt war, hatte er sie hier das erste Mal bewusst blühen sehen. Beim Weiterblättern auf der SD-Card erschienen dann noch einige Orchideen und ein blühender Süßkirschbaum, die wohl am selben sonnigen Tag fotografiert worden waren. Ein paar Jahre später war die Pflanze mit einer Jahreszahl „geadelt“ worden.

Damit sind schon einige Hinweise gegeben, zu viel soll auch nicht verraten werden. Aktuell nach der Blüte zu suchen, lohnt sich wahrscheinlich noch nicht, aber allzu lange muss nicht mehr gewartet werden. Zu welcher Pflanze gehört sie?

(F.H.)

Auflösung der letzten Wochenpflanze (Genderstudien mit Blümchensex im Kloster): Erbse, Pisum sativum.

Der Mönch, den wir suchten, war Gregor Johann Mendel (1822 – 1884). Er war Priester im Augustinerorden, später Abt des Klosters St. Thomas in Brünn (Mähren). Er ist posthum berühmt geworden durch die Ergebnisse seiner Kreuzungsversuche an Erbsen (später auch an anderen Pflanzen).  Und die Erbse (Pisum sativum) war unsere gesuchte Pflanze.

Mendel veröffentlichte seine Arbeiten 1866 in dem Werk „Versuche über Pflanzenhybriden“. Dabei stellte er die Gesetzmäßigkeiten fest, die später die drei Mendelschen Regeln genannt wurden und noch heute quälender Lernstoff für Schüler in der Biologie sind.

Von Chromosomen wusste er noch nichts, auch nicht von Genen, geschweige von DNA. Dennoch beobachtete er, dass Pflanzen, die sich beispielsweise in der Blütenfarbe rot und weiß unterschieden (wir setzen dabei heute voraus, dass diese reinerbig waren), in der ersten Tochtergeneration (wenn man sie also miteinander gekreuzt hatte) äußerlich sich nicht unterschieden. Bei Mendels Erbsenblüten waren diese alle rot. (Heute würde man sagen, die Blüten haben je alle ein Gen für rot und weiß. Rot ist aber dominant, d.h. ein Gen reicht aus, um genug Farbstoff zu bilden). Das war die erste Mendelsche Regel (Homogenitätsregel).

Kreuzte Mendel die Tochtergeneration wieder untereinander, so beobachtete er, dass 25% der Enkelgeneration wieder weiße Blüten trugen. Dies ist eine Aufspaltung, wie wir sie auch von den Binomischen Formeln kennen. 50 % der Erbsenblüten sind nun deshalb wieder rot, weil das rote Gen das Erscheinungsbild dominiert. In Wahrheit ist die Aufteilung 25:50:25 (rot/Gemischt/weiß). Diese Aufspaltungsregel ist die 2. Mendelsche Regel.

Mendel selbst hatte es in seiner Publikation von 1866 so dargestellt:

Heute wird das in der Schule meistens grafisch dargestellt, beispielsweise so:

Darstellung der Mendelschen Aufspaltungsregel in F1 und F2 durch Verdeutlichung der Kombination der beiden Gene der Eltern (aus Wikipedia). Das rote Gen wird als dominant vorausgesetzt.

Die Dritte Mendelsche Regel bezieht sich darauf, dass Erbmerkmale unabhängig voneinander vererbt werden können (Was aber voraussetzt, dass sie tatsächlich unabhängig voneiander auf unterschiedlichen Chromosomen sitzen – das ist nicht immer der Fall). Mendel untersuchte nämlich nicht nur Blütenfarben, sondern gleichzeitig auch die Form der Erbsensamen und deren Farbe.

Migranten brachten sie mit: die Erbse – eine der frühesten Feldfrüchte in Mitteldeutschland.

Nun aber zu den Erbsen: Sie sind eine der ältesten Feldfrüchte, die in Mitteldeutschland wuchsen. Die Wildformen stammen aus Kleinasien, und als die Bandkeramiker über die Ungarische Tiefebene als erste Bauern um 5500 hierher zogen, hatten sie bereits züchterisch bearbeitete Erbsensamen mit, die hier gut gediehen. Sie bildeten eine wichtigen Pfeiler der Ackerbauwirtschaft. Zum eine enthalten sie wichtige Eiweißstoffe für die Erbährung, zum anderen reichern sie den Boden mit Stickstoff an (wie das fast alle Leguminosen tun), durch Symbiose mit Knöllchenbakterien, deren Enzyme Luftstickstoff zu Ammonium reduzieren und damit pflanzenverfügbar machen können.
Erbsen sind eine der Ackerfrüchte, die sehr früh im Jahr in die Erde gebracht werden können. Von wegen, im Märzen der Bauer: In milden Lagen  werden Erbsen schon ab Mitte Februar gesäät. Leichte Fröste schaden ihnen nicht.

Die meisten Erbsensorten bilden Ranken aus, mit den sie sich an Kletterhilfen, anderen Feldfrüchten (Mischanbau mit Getreide) oder sich selbst stützen können. Aus den typischen Schmetterlingsblüten entwickeln sich dann die Hülsen – das müssen wir nicht beschreiben, jeder kennt das. Erbsen sind auch Grundlage eines der ältesten Fertiggerichte: der so genannten „Erbswurst“. Dies ist aber nicht eine vegane Wurst, sondern eine Rolle aus einzelnen Tabletten aus gepressten Erbsen und weiteren Zutaten, die in Wasser gekocht, eine schnelle, breiige Erbsensuppe ergeben. Die Tablettenwurst wurde 1867 von dem Koch und Konservenfabrikanten Johann Heinrich Grüneberg in Berlin erfunden.  Er verkaufte seine Erfindung  an die preußische Armee, die sie ab 1870 im Deutsch-Französischen Krieg  an ihre Soldaten ausgab. Von 1889 an übernahmen die Brüder Knorr in Heilbronn die Produktion. Zum 31. Dezember 2018 wurde sie wegen zu geringer Nachfrage eingestellt.

HW

 

 

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