Kinderfreuden an der Uferpromenade

13. Mai 2019 | Bild der Woche | 2 Kommentare

Hassan würgt den mächtigen Pflanzenstängel in die Maschine, wirft halbierte Zitronen mit in den Trichter, der alles zermalmt. Seine mobile Pressvorrichtung hat er an der Promenade des Flusses aufgebaut, der in wenigen hundert Metern von hier in den Atlantik münden wird. Über die Mündung des Flusses wacht eine mächtige „Kashba“. Auf der gegenüberliegenden Fluss-Seite ist ein Wohnviertel für die Reichen und Schönen dieses Landes entstanden, Hassan gehört ebenso wenig dazu, wie seine Kunden. Hassans Maschine spuckt auf ihrer Rückseite eine Unmenge faseriges Material aus. Immer, wenn die Maschine stockt, rührt er hastig im Tresterbehälter herum, damit der Saft seinen Weg in die Auslauftülle nimmt, die wiederum in einen Becher mit Eisstücken mündet. Eltern und Kinder stehen an diesem sonnigen Maitag Schlange, 3 Dirham, etwa 30 Cent, kostet ein Glas des Getränkes.

Der Saft.

Es macht Kinder froh, und Erwachsne ebenso, wie es eine altbekannte Werbung formuliert. Es ist gelblich mit einem leichten Grünstich, schmeckt süß, ein wenig säuerlich, was von der Zitrone herrührt, ist sehr erfrischend, mit einer unverkennbaren „Grasnote“.

Er hängt auch in der Produktionskette mit drin

Unsere Pflanze hat der Region einst ungeheuren Reichtum beschert, und noch mehr den Händlern, die sie nach Mitteleuropa brachten. Sie produziert in Unmengen eine Substanz, die heute noch einen enormen Wirtschaftsfaktor darstellt. Eine Substanz, die halt sinnesfreudige Menschen, vor allem Kinder, Frauen, und auch (meistens heimlich) Männer zutiefst beglückt.

Wie sie den europäischen Kulturkreis erreichte, weiß man nicht so ganz genau. Vermutet wird die Herkunft im tropischen Asien, aber schon in der Antike wird beschrieben, wie sie am südlichen Rande des Mittelmeerraums, also in Afrika, angebaut wird. Die sehr wärmeliebende Pflanze wächst in unseren Breiten nicht, wurde aber, nach der Kolonisation Amerikas, auf dem südamerikanischen Kontinent angebaut, mit Hilfe von Sklaven, die man aus Afrika verschleppte. Die Geschichte unserer Pflanze, die eigentlich bereitwillig ihr Produkt anbietet, ist eng verbunden mit diesem dunklen Kapitel der Geschichte der Neuzeit. Auf dem Wege durch drei Kontinente hat sie somit ziemlich blutige Spuren hinterlassen.

Was hier die Kunden anstürmen lässt, ist auch nicht „ohne“.

Unsere Fragen:

– Der Schriftsteller Stefan Zweig hat dem Anbau der Pflanze einen Bericht gewidmet: welchen?

– Sein Leben und Sterben dort wurde verfilmt. Wie heißt der Titel?

– Wie heißt unsere Pflanze?

– Seit dem 19. Jahrhundert ist Europa „autark“, was das Produkt dieser Pflanze betrifft. Sie war einmal „Pflanze der Woche“. Wann war das und wie heißt sie?

– Aus unserer Pflanze werden in ihren Anbaugebieten ziemlich geistreiche Genussmittel hergestellt. Wie heißen die?

-Wer hat das Verfahren zu Herstellung dieser Genussmittel erfunden, und deren Genuss anschließend verboten?

Wo könnte das Bild von Hassans Saftfabrik entstanden sein?

(HW)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche

Zu erraten beim letzten Rätsel war die Gewöhnliche Lorbeer-Kirsche, Prunus  laurocerasus.  Sie blüht gerade häufig in unseren Vorgärten. Die schnellwüchsige, immergrüne Pflanze wird kaum von Schädlingen befallen, eignet sich als Sichtschutz, Hecke und als Versteck für Vögel. Unserer Natur nützt die giftige Pflanze nicht.

(Hans Ferenz)

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