„Jod der Wiesen und Felder“: ein vielseitiges Kraut für Schafe und Frauen

7. Oktober 2019 | Bild der Woche | 3 Kommentare

Unsere Rätselpflanze ist allgegenwärtig in Europa. Sie wächst auf Weiden, Trockenrasen und an Wegrändern. Schafe fressen die zu den Compositen gehörige Duftpflanze offenbar gern en passant. Die weißen Blüten bestehen aus 5 Zungenblüten und Röhrenblüten, die schirmartige Trugdolden bilden. An den bis zu 60cm langen Stängeln sitzen fiederteilige Blätter. Seine unscheinbare Erscheinung kompensiert das Pflänzchen anscheinend durch häufiges Vorkommen sowie seiner Heilkraft. Davon soll schon Achilles profitiert haben, was in der Namensgebung dieser Pflanze gebührend gewürdigt wurde. Ganz in der Tradition der antiken Heilkunde empfiehlt H. Bock in seinem Kräuterbuch von 1539: „… heilet allerlei wunden und versorgungen; dreibt auß das gerunnen blut; die spulwürm und was giftig im leib ist, stiltn gemeltem brauch das bauch wee …“. Hildegard von Bingen lobt im 12. Jhdt. die verdauungsfördernde, appetitanregende und blähungstreibende Wirkung der Pflanze. Zahlreiche volkstümliche Namen spiegeln die Popularität dieser Heilpflanze wider.
In der modernen Phytomedizin ist die Rätselpflanze in Mitteln enthalten, die gegen Magen- und Darmkatarrh, gegen Leber- und Gallenproblemen und etliche weitere Beschwerden verwendet werden. Hervorgehoben wird ihre beruhigende Wirkung, die wohl auch die Römer schon kannten. Für sie war die Pflanze Symbol des Schlafes, das sie sogar auf ihren Sarkophagen darstellten.
Bekannt wurde die Pflanze im 1.Weltkrieg als Soldatenkraut wegen ihrer blutstillenden Wirkung. Bemerkenswert war deren antiseptische Wirkung bei der Wundversorgung der verwundeten Soldaten. Als Bauchwehkraut löst es Verspannungen und Krämpfe gerade im weiblichen Beckenbereich. Deshalb findet die Pflanze Verwendung in der Frauenheilkunde. Es sind wohl die Phytohormone, die hier regulierend wirken. Weitere Wirkstoffe sind Flavonoide, Saponine, Gerbstoffe , Salicylsäure u.a.. Die Pflanze enthält geringe Mengen an Furocumarinen, die bei Lichteinwirkung Hautentzündungen auslösen können.
In Skandinavien verwendete man diese Pflanze auch als Würzmittel. Sie wurde an Stelle des Hopfens beim Bierbrauen eingesetzt.
Wie heißt sie?

 

(H.J. Ferenz)

Auflösung des letzten Pflanzenrätsels „Einbürgerung nach Sex mit einer Anderen„: Gesucht war die die rotkelchige Nachtkerze, Oenothera glazioviana.

Unser Pflanzenfreund „Rati “ war der Lösung schon recht nahe gekommen – die Pflanze, die er vermutete, ist ein Elternteil der heterozygot auftretenden, also mischerbigen Art, die wir gesucht haben. Sie zeichnet sich durch einen roten Blütenkelch aus, der geht an Dich, lieber Freund Agricola.

Unsere Pflanze ist tatsächlich wohl eine Hybride  zwischen Oenothera elata subsp. hookeri und der Gemeinen Nachtkerze (Oenothera biennis). So sieht es jedenfalls die Wissenschaft, und interessanter ist, für das gemeine Volk, dass man sie essen kann. Recht nahrhaft sind die wurzeln, die, etwa eine halbe Stunde in Salzwasser gekocht und mit Butter serviert, einen leichten Hauch von Schwarzwurzeln entwickeln, doch milder als diese. Wohl bekomms. In manchen Gegenden nennt man sie „Schinkenwurzel“ was aber weniger an ihren Geschmack anspielt, sondern wohl eher auf ihr rot-weiß-geädertes „Fleisch“.

 

 

 

 

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