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In den Fängen der Schlingpflanze: ein Abenteuer mit schlappem Ausgang

Pflanze der Woche 23. – 29. Juni 2025

Heino hatte sich schließlich doch nicht mehr zurückhalten können. Nach Wochen innerer Zerreißproben, halblauter Schwüre und moralischer Selbstverpflichtung hatte er sich den Künsten Doras ergeben. Dora Ji, die feinsinnige Kollegin mit der Leidenschaft für fernöstliche Kräuterküche. Wenn Liebe durch den Magen geht, dann war Heino auf direktem Weg ins Verderben.

An jenem Abend hatte Dora ihm einen Salat serviert, zubereitet aus gedünsteten Ranken einer fremdländischen Schlingpflanze. Zunächst hatte Heino sie für eine Clematis gehalten. Doch Waldreben tragen keine Beeren. Und sie sind giftig. „Du weißt nicht, was das ist, oder?“ hatte Dora mit mildem Spott gelächelt. „Das ist viel besser als Ginseng. Macht Männer stark. Und nicht nur Männer.“

Er hatte genickt, halb interessiert, halb skeptisch. Dora glaubte an die Kraft der Pflanzen, Heino eher an die Apotheke. Trotzdem hatte er sich von der Bitterkeit der Blätter, ihrem erdigen Nachgeschmack und der merkwürdig kräftigen Wirkung beeindrucken lassen. Kurz darauf lag er in ihrem Bett, – oder vielmehr: er lag da. Und lag. Denn es war nichts zu machen.

Die Schlingpflanze, so wirksam sie laut Dora auch sei, hatte dort, wo man es sich versprochen hatte, keine Wirkung entfaltet. Im Gegenteil: es war wie ein Freibadbesuch im April. Also untenrum. „Du hast doch gesagt, die Pflanze wirkt,“ murmelte er schließlich, mehr zu sich selbst als zu ihr.

Dora schwieg. Und das Schweigen war lauter als jedes Urteil. Kurze Zeit später stand Heino im Treppenhaus, die Schuhe halb an, das Hemd falsch geknöpft, die Haare zerzaust.

Die Nacht war still, fast schon zu still. Er ging zu Fuß. Was sollte er auch tun? Zu Hause auf der Couch erwartete ihn das nächste schlechte Gewissen, das alte, das mit dem Namen Nixi. Warum nur wurde er sie nicht los? Warum diese Treue zu jemandem, die ihn nie gewollt hatte? Seine Begierde rankte sich um Nixi, er wiederum wurde Von Dora umhäkelt – und untenrum räkelte sich nichts.

Der Gedanke an die Schlingpflanze kehrte zurück. Diese zarten, fünfteiligen Blätter, das merkwürdige, fast ölige Aroma. Und das Versprechen: Kraft, Langlebigkeit, Männerstolz. Alles nur Gerüchte? Oder hatte er sich schlicht zu sehr in Gedanken an die Falsche verstrickt? Irgend ein Botaniker hatte ihr den Gattungsnamen verpasst: Frauenkranz, Frauenkrone.


Fragen für unsere Leserinnen und Leser:

Welche Pflanze war das, mit der Dora Ji ins Bett gelockt hat ?

  • Was bedeutet der Name dieser Pflanze, und warum ist die Zahl Fünf darin so wichtig?
  • Ist sie tatsächlich ein Wundermittel, oder ist alles nur Aberglaube?
  • Verleiht sie dem ganzen Körper Kraft, oder sind da auch nach der traditionellen ostasiatischen Medizin gewisse Teile ausgenommen? Helfen da nicth doch Säbelzahntigerhörner mehr?

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Eselfutter“): Saat-Esparsette, Onobrychis viciifolia

Nhu Deng hatte die Saat-Esparsette zwar erkannt – fragt sich aber, ob die wirklich in Halle wächst. Natürlich tut sie das. Sie ist Bestandteil vieler Blumenwiesen, mit denen das Grünflächenamt die die Stadt bereichert. Die Saat-Esparsette (Onobrychis viciifolia), eine seit Jahrhunderten bekannte Futterpflanze aus der Familie der Fabaceae (Hülsenfrüchtler). Der Gattungsname Onobrychis stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet sinngemäß „vom Esel gefressen“ (onos = Esel, brychein = beißen). Der Artname viciifolia verweist auf die Blätter, die denen der Wicke (Vicia) ähneln.

Die Saat-Esparsette ist ein Tiefwurzler, der trockene und magere Böden bevorzugt. Sie wurde besonders im süd- und mitteleuropäischen Raum als wertvolles Futter für Esel, Pferde und Wiederkäuer geschätzt. Ihre blütenreichen Ähren bieten zudem eine ergiebige Tracht für Wildbienen. In Halle (Saale) ist sie in verschiedenen Blühstreifen und extensiv gepflegten Wiesenbereichen zu finden – in parkähnlichen Randflächen sowie auf trockenen Wiesenstandorten.

Für den menschlichen Verzehr ist die Pflanze nicht üblich, wenngleich junge Triebe theoretisch essbar wären. Die Hauptbedeutung der Saat-Esparsette liegt weiterhin im Futterbau, besonders in der ökologischen Tierhaltung.

Weitere „Pflanzen der Woche“ findet Ihr in unserem Archiv – alle, seit 2016.

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