Im Garten der Geflüchteten bei den Thermopylen

29. August 2022 | Bild der Woche | 2 Kommentare

Ein kleines Stück weiter oberhalb der heißen Badetröge, in denen sich überwiegend arabisch sprechende Kinder vergnügen, führt der Weg weiter entlang des über vierzig Grad heißen Wasserlaufes, der  hier den Anschein eines kühlen Alpenbaches erweckt – so harmlos, wie er hier zwischen dem satten Grün der Bäume und den ihn säumenden Binsenbüschel heranplätschert. Weiterhin liegt der penetrante Geruch von Schwefel, den das schäumende Wasser verströmt, in der Luft. Das verfallende Kurhotel, das wohl in den 1950er Jahren hier errichtet wurde, kündet von dem heute verlorenen Glauben an die Heilkraft dieses Stinkewassers. Etwa hundert Meter weiter oberhalb des alten Hotelkastens quillt das Wasser als Karstquelle unmittelbar aus dem schottrigen Wassertrog empor. Der Geschmack ist salzig, erinnert etwas an Hühnersuppe und prickelt aufgrund seines Kolhlensäuregehaltes leicht auf der Zunge. Neben den mit improvisierten, zerfetzten Planen verdeckten Fensteröffnungen hängen die grauen Kästen der ehemaligen Klimaanlagen  – sie funktionieren wohl seit Jahrzehnten nicht mehr. Heute ist es eine Unterkunft für Geflüchtete, im Hinterhof hat man noch etliche Container aufgestellt, da die Kapazitäten der elenden Hotelruine zur Aufnahme dieser Menschen nicht ausreichen. Angestellte einer privaten Security-Firma patroullieren mit gelangweilter, aber wichtiger Miene zwischen den Behausungen umher. Sie haben als Wachhütte auch einen Container – er ist im Unterschied zu den anderen Wohncontainern selbstverständlich klimatisiert. Hinter einem rostigen Drahtzaun stößt man zwischen unvermittelst auf eine kleine Oase, den die Geflüchteten wohl selbst organisiert haben. In der allenfalls hundert m² umfassenden Ecke bauen sie  Gemüse an, vielleicht, um den Speiseplan wenigstens ein klein wenig um aus der Heimat gewohnte Lebensmittel zu bereichern.  Aus hohen Stängeln tragen  gefingertes, an Hanf erinnerndes Blattwerk, doch hier handelt es sich nicht um illegalen Drogenanbau. Gekrönt werden die Stängel von gelben, an Malven erinnernden Blüten, wenig unterhalb recken sich  die aus den B  zulaufender, grüner Zapfen in den Himmel.

Die gedünsteten, an Bohnen erinnernden, jungen Fruchtkörper gelten vielerorts als unverzichtbare Beilage besonders zu Lammgerichten. Wohl aus dem Hochland von Abessinien stammend, wurde das Gemüse bereits um 3000 v. Ch. in Ägypten an den fruchtbaren Ufern des Nils angebaut. Viele Kinder hassen es übrigens bis heute:  weil es so glitschig und schleimig ist. Auch wenn man in der Küche versucht, einen Teil der glitschigen Masse, die wie Tapetenkleister farblos aus den Stilansätzen quillt, durch längeres Wässern zu entfernen sucht.

Man kann es zwar – mittlerweile sogar frisch – in gut sortierten Orient-Läden kaufen, doch anders als manche ehemalige „Exoten“ wie Aubergine oder Paprika hat das grüne Glitschezeugs noch kaum Eingang in die deutsche Küche gefunden.

Und hier kommen wieder die berühmten Fragen:

Um was für eine Pflanze handelt es sich?

Neben ihrem wissenschaftliche  Namen hat sie in ihren jeweiligen Anbauländer verschiedenste, sehr unterschiedliche Bezeichnungen gefunden. Welche?
Was hat sie mit den beiden letzten Pflanzen der Woche gemein? 

Hei-Wu

Auflösung der letzten Pflanze der Woche (Trittfest und bescheiden“:) Kleinblütige Malve (Malva pusilla)

Lösung:

Ja, es ist die Kleinblütige Malve, Malva pusilla, gefunden in einem Vorgarten in Halle. An ein Dasein als „Mauerblümchen“ ist sie offenbar gut angepasst. Trockenheit und Hitze machen ihr offenbar nicht viel aus. Sie dürfte den Klimawandel gut tolerieren. Mit ihrem niedrigen Wuchs empfiehlt sie sich als Bodendecker.

(Hans Ferenz)

Noch viel mehr Pflanzen findet Ihr in unserem Archiv. Seit 2016 jede Woche ein neues Gewächs in unserem Lustgarten.

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