Heino blätterte mal wieder in seinen alten „Hallensia“, gerade hatte er eine Sammlung alter Postkarten in der Hand. Draußen aber leuchtete die eisige Frühjahrssonne, und Elfriede schlug vor, sich die alten Motive doch besser aus der Nähe anzusehen. Ein Ungetüm von Strauchwerk im Park, vor dem Kinder einen Reigen zu tanzen schienen, hatte es ihr angetan. „Heino, lass uns doch mal raus gehn, ich will jetzt auch an die frische Luft, wie diese Kinder da auf der alten Postkarte. Einfach mal durchatmen, Luft und Sonne genießen, und den beginnenden Frühling zu erleben.“

„Ja Elfriede, und dann kommt wieder die Nummer mit dem Flatterband..“
„Das ist Rilke, und geht ganz anders!“
„Quatsch. Mörike“ entgegnet Heino, als sie bereits über die Windgepeitschte Pionierbrücke schreiten. „Dann war es eben Lenz“, entgegnet Elfriede.
„Wolltest Du nicht heute die Auflösung deiner letzten Pflanze schreiben?“, fragt Elfriede, um das Thema zu wechseln. „Deshalb bin ich ja mit rausgegangen…“.
Mittlerweile sind sie waren sie die ganze Birkenallee entlang geschlendert, stiegen die Ziegeltreppe hinab in den Park. „Da ist es, das Foto“ rief Elfriede, und Heino steuerte auf einen Busch zu, vor dem eine stattliche Anzahl von Krokussen wuchs.

“ Die Auflösung interessiert doch keine Sau, jeder weiß, wie ein Krokus aussieht, rief Elfriede. „Aber sieh Dir mal diesen Märchenwald an“.
„Kenn ich, da haben wir schon als Kinder gespielt. Keiner hat sich da rein getraut, in den Düsterwald. Da soll es gespukt haben“.
„Quatsch“
„Doch!. Schon dem Neandertaler war das Gesträuch heilig. Speere haben sie daraus geschnitzt, aber wer davon aß, war ein toter Mann. Die Geister irren da immer noch in dem dunklen Gehölz“.
„Heute wissen wir: es ist eine der giftigsten Pflanzen Nordeuropas. Doch sie wurde im Mittelalter nicht etwa wegen ihrer Giftigkeit ausgerottet: Man brauchte sie zur Kriegsführung. Sie lieferte ein besonders zähes Holz, das man brauchte, um die gefürchteten Langbogen daraus zu schnitzen“, erklärte Heino in seinem typischen Lexikon-Ton. „Und es sind die Bäume, die mit dem wenigsten Licht auskommen. Deshalb überleben sie auch im finsteren Schatten“. Als er seinen Vortrag beendet hatte, stellte er fest, dass seine Freundin verschwunden war. Längst hatte sie sich in die tiefen des dunklen Waldes verkrochen, wo ihr Elfen flüsterten und Zwerg Heino sie lockte, die schleimig-süßen „Beeren“, die keine sind, zu probieren.
Und wir sind gespannt: Wird Elfriede der Versuchung des Zwerges widerstehen, und die „Beeren“ essen?
Wird sie das überleben?
Wie heißt die Pflanze aus dem Düsterwald?
Tanzende Elfen in einem finsteren Wald: wie kommt man da in Frühlingsstimmung? Herr Botticelli hat dazu mal was gemalt. Was?
(HW)
Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Botanische Hieroglyphen“): Frühlingskrokus, Crocus vernus
Das Rätsel war etwas vertrackt – aber unsere Elfriede hat es gelöst. Wir suchten nach einem recht bekannten Boten, der das Ende des kalten Winters ankündigt: den Frühlingskrokus (Crocus vernus). Die Rahmenhandlung spielte allerdings auf den Begründer des so genannten Blütendiagramms, August Willhelm Eichler, an. Eichler hat versucht, die Blütenpflanzen der Welt nach Gattungen und Familien zu ordnen – nach dem Grundriss ihres Blütenaufbaus. Dabei ging es vor allem um Symmetrien. Ein System, das im Wesentlichen heute noch Gültigkeit hat.
Lust auf mehr Grünzeug? In unserem Archiv findet Ihr alle „Pflanzen der Woche“, seit Juni 2016 .
7 comments on “Im Düsterwäldchen”
So ein Tag im Lenz, da könnte man singen“ Nun will der Lenz uns grüßen“ und fröhlich sein, wenn, ja wenn die Sonne schiene. Tut sie aber nicht. Ich will aber fröhlich sein, los Heino sing mit:“Kommt und lacht und lasst es regnen, kommt und lacht und lasst es schnei’n!
Um so früher, um so besser, um so schöner wird es sein!“
Ihr gloobts nich, Heino hat mitjebrummt un denn simmer da hin. Ph, e Fluss fließt da ooch, wemmer denn von dem jiftchen Jewächs aus’n i een l macht, kennts de Elwe sinn, isses awwer nich, ’sis de Saale, die da ziemlich driewe, ne blätschern nich, se fließt ruh’ch. So een Zinnower, da zerrt der mich hierher, im Friehlink! Wo’de alles offblieht, mr sich als Junkfer fiehlt un voller Dadendrank is un bloß wejen een Jewäggs, was’ch ooch offen Siedfriedhofe bekneisten gann. Die Eibe isses, de Zweije graziehler als wie bei enner Danne un viel grüner, also dungkelgrien. Der Boom jilt als e Dodessymbol, warde mah: Boom an der Diere zum Dod.So een Widerspruch!
Neja, Widerschbriche hatt’emah eener jesacht, das wär de Driebfeder fory de Endwigglung. VON DAHER, wie mei Onkel Bernd immer falsch sacht, es heeßt nur schlicht, ergreifend un ohne das VON, es heeßt nur DAHER sinn se also jut, die Widersprüche.
Ich bin je mah jeschbannt, wie sich unsre Endwigglung nuh jeschdaldet, zwischen Heinon un mir, ’sis ehmd ooch so widerschbrichlich, der erzählt immer alles vrgehrt. De r wollte ins Griene wejen sein‘ bleedsinnichen Rädseln, iche n i c h, ich hawwe heeme so viel ze duhn, ’sis doch Osdern da zerrt mr doch alle Jardien runger un wäscht se un mmachten Dreck weck. Oor- sori, keene Zeit nich, keene Zeit!
Un ich fresse woh jiftche Beern, hä? Das hatte woh jehofft, nee, da hatte sich jeschniddn, mich falsch daxiert. Ach ja, Taxus sachen se ooch zur Eibe, wenn sie ausländsch quatschen, de Jelehrten. 🙂
De N A D E L N sinn graziehler , nich de Zweije…!! Die sinn weecher un schtacheln nich so.
Die roten Beeren hätte Elfriede ruhig naschen können, denn sie sind, so viel ich weiß, nicht giftig. Und ob ihr “ Primavera“ in dem Eibenbestand begegnet ist, bezweifle ich.
Meiner, in’n Beern sinn och Gerne drinne un die sinn jiftch! Eenmah im Lehm kammer die naschen wie ooch jiftche Bilze, awwer denn nie mehr. Bass off, lass de Dalbschen von so e Zeich!
So wie ich die Rosinen aus der Stolle pople, habe ich die Samen der Eibenfrüchte auch immer vor dem Verzehr entfernt. Liebe Elfriede, ich käm nie auf die Idee sowas zu essen, ich bin übrigens eine“ Meine“. Viele Grüße .
@Nhu Deng, die Früchte habe ich als Kind auch gegessen, nachdem mir mein Vater erzählt hat, dass nur die Samen giftig sind ( kein verantwortungsvolles Elternteil würde sowas heute machen, aber damals gab es ja viele Kinder). Also Beeren gepflückt, ausgelutscht und die Samen ausgespuckt. Bäh! An den Geschmack erinnere ich mich noch gut: schleimig, sehr süß,aber irgendwie fad, ohne Aroma, ohne Säure. So wie Maulbeeren mit Tapetenkleister.
Meine, warum enne vrkleidstn dich denn so mitten Nahm‘? Da muss unsereens doch an Wjetnamm odder Jabban denkn, wemmer das list!? Jans scheene raffiniert, e kleenes Ahst, wie mr hallisch sachen werde! 🙂