Im Düsterwäldchen

15. März 2021 | Bild der Woche | 7 Kommentare

Heino blätterte mal wieder in seinen alten „Hallensia“, gerade hatte er eine Sammlung alter Postkarten in der Hand. Draußen aber leuchtete die eisige Frühjahrssonne, und Elfriede schlug vor, sich die alten Motive doch besser aus der Nähe anzusehen. Ein Ungetüm von Strauchwerk im Park, vor dem Kinder einen Reigen zu tanzen schienen, hatte es ihr angetan. „Heino, lass uns doch mal raus gehn, ich will jetzt auch an die frische Luft, wie diese Kinder da auf der alten Postkarte.   Einfach mal durchatmen, Luft und Sonne genießen, und den beginnenden Frühling zu erleben.“

Im Düsterwäldchen.

 

„Ja Elfriede, und dann kommt wieder die Nummer mit dem Flatterband..“

„Das ist Rilke, und geht ganz anders!“

„Quatsch. Mörike“ entgegnet Heino, als sie bereits über die Windgepeitschte Pionierbrücke schreiten. „Dann war es eben Lenz“, entgegnet Elfriede.

„Wolltest Du nicht heute die Auflösung deiner letzten Pflanze schreiben?“, fragt Elfriede, um das Thema zu wechseln. „Deshalb bin ich ja mit rausgegangen…“.

Mittlerweile sind sie waren sie die ganze Birkenallee entlang geschlendert, stiegen die Ziegeltreppe hinab in den Park. „Da ist es, das Foto“ rief Elfriede, und Heino steuerte auf einen  Busch zu, vor dem eine stattliche Anzahl von Krokussen wuchs.

Die Auflösung der letzten Pflanze der Woche. Im Hintergrund lauert die aktuelle Pflanze der Woche, die es zu bestimmen gilt.

“ Die Auflösung interessiert doch keine Sau, jeder weiß, wie ein Krokus aussieht, rief Elfriede. „Aber sieh Dir mal diesen Märchenwald an“.

„Kenn ich, da haben wir schon als Kinder gespielt. Keiner hat sich da rein getraut, in den Düsterwald. Da soll es gespukt haben“.

„Quatsch“

„Doch!. Schon dem Neandertaler war das Gesträuch heilig. Speere haben sie daraus geschnitzt,  aber wer davon aß, war ein toter Mann.  Die Geister irren da immer noch in dem dunklen  Gehölz“.

„Heute wissen wir: es ist eine der giftigsten Pflanzen Nordeuropas. Doch sie wurde im Mittelalter nicht etwa wegen ihrer Giftigkeit ausgerottet: Man brauchte sie zur Kriegsführung. Sie lieferte ein besonders zähes Holz, das man brauchte, um die gefürchteten Langbogen daraus zu schnitzen“, erklärte Heino in seinem typischen Lexikon-Ton. „Und es sind die Bäume, die mit dem wenigsten Licht auskommen. Deshalb überleben sie auch im finsteren Schatten“. Als er seinen Vortrag beendet hatte, stellte  er fest, dass seine Freundin verschwunden war. Längst hatte sie sich in die tiefen des dunklen Waldes verkrochen, wo ihr Elfen flüsterten und Zwerg Heino sie lockte, die schleimig-süßen „Beeren“, die keine sind, zu probieren.

Und wir sind gespannt: Wird Elfriede der Versuchung des Zwerges widerstehen, und die „Beeren“ essen?

Wird sie das überleben?

Wie heißt die Pflanze aus dem Düsterwald?

Tanzende Elfen in einem finsteren Wald: wie kommt man da in Frühlingsstimmung?  Herr Botticelli hat dazu mal was gemalt. Was?

(HW)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Botanische Hieroglyphen“): Frühlingskrokus, Crocus vernus

Das Rätsel war etwas vertrackt – aber unsere Elfriede hat es gelöst. Wir suchten nach einem recht bekannten Boten, der das Ende des kalten Winters ankündigt: den Frühlingskrokus (Crocus vernus). Die Rahmenhandlung spielte allerdings auf den Begründer des so genannten Blütendiagramms, August Willhelm Eichler, an. Eichler hat versucht, die Blütenpflanzen der Welt nach Gattungen und Familien zu ordnen – nach dem Grundriss ihres Blütenaufbaus. Dabei ging es vor allem um Symmetrien. Ein System, das im Wesentlichen heute noch Gültigkeit hat. 

 

 

Lust auf mehr Grünzeug? In unserem Archiv findet Ihr alle „Pflanzen der Woche“, seit Juni 2016 .

Archiv: alle „Pflanzen der Woche“ von 2016-2021

 

Print Friendly, PDF & Email
7 Kommentare

Kommentar schreiben