Ihr kann man nicht auf den Leim gehen

23. Juli 2018 | Bild der Woche | 4 Kommentare

Auffällig ist das gesuchte weißblühende Nelkengewächs wegen seiner kugeligen Blütenform, der man eine Ähnlichkeit mit der Aussackung des Nahrungstraktes einiger Vogelarten nachsagt. Sie ist nicht selten, bevorzugt aber Trockenwiesen, Magerrasen, Böschungen, Felshänge, Schotter und Wegränder. Kalkhaltiger Boden tun ihr gut, ebenso sonnige Lage. Die gesuchte Pflanze ist mehrjährig, mit zahlreichen, über dem Boden gebogenen, aufsteigenden Stängeln und einer Wuchshöhe zwischen 20 und 50 cm. Sie besitzt kahle, blaugrüne, gegenständig wachsende, schmal geformte Blätter, welche spitz auslaufen. Die unteren Blätter sind mit fast 12 cm Länge deutlich größer als die nur noch 2 cm langen Hochblätter. Die Pflanze blüht tags und nachts in der Zeit zwischen Mai und September. Aber nur nachts entwickelt sie einen intensiven Geruch. Durch die stark duftenden Blüten werden Hautflügler und Schmetterlinge (vor allem Nachtfalter) angelockt. Der Nektar findet sich sehr tief in der Blüte, so dass sie von einigen Insekten (z.B. Hummeln) auch am Ende aufgebissen wird und ohne Bestäubungsgegenleistung des Nektars bestohlen wird. Im Wildpflanzengarten ist sie eine wichtige Futterquelle für die Nachtfalter. In der Heilkunde spielte die Pflanze nur eine geringe Rolle. Sie enthält Saponine. Die Abkochung der Wurzel diente als Seife und Waschlauge. Klebrig ist die Pflanze nicht. Die jungen Triebe verwendete man als Gemüse

(Hans Ferenz)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche:  (زهرة الاسبوع heilt alles, bis auf den Tod“) :

Gesucht war: Nigella damascena , auch Jungfer im Grünen“ genannt. Sie ist mitunter in Gärten als Zierpflanze zu finden, gelegentlich ist sie in bunten „Blumenwiesenmischungen“ enthalten. Sie gehört zur Gattung Nigella und in die Familie der Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae). Dieses mal haben wir wirklich einen „roten“ Hering“ eingebaut, und zwar in Gestalt der eng verwandten Pflanze „Nigella sativa“, dem Schwarzkümmel. „Schwarzkümmel“ ist das Zeug, mit dessen Samen diese „orientalischen Fladenbrote“ gewürzt werden, über die sich Ahmed in unserer Erzählung ärgerte, weil seiner Meinung nach der Geschmack umstritten ist.  Tatsächlich gelten die Samen mit ihrer Vielfalt an Inhaltsstoffen, darunter diverse Alkaloide und Terpene, als Allheilmittel, und nicht nur der Koran, sondern auch die gegenwärtige Esoterik lobt sie als ultimatives Therapeutikum gegen alle Geißeln der Menschheit (bis auf den Tod).

Ihre etwas hübschere kleinen Schwester, nach der wir gesucht haben, Nigella damascena, bereichert indes unsere Gärten seit der Spätrenaissance. Heilwirkungen wurden ihr weniger zugeschrieben, aber dennoch wurde sie als Küchengewürz bis in das späte 19. Jahrhundert gebraucht. Ihre Aromastoffe entfalten ein eher fruchtiges Bouquet, und so findet man ihr ätherisches Öl noch im 20. Jahrhundert in Rezepturen für künstliches Erdbeeraroma.

Wie vielen Hahnenfußgewächsen wird ihr (wie auch ihrer Schwester, dem Schwarzkümmel) eine gewisse Giftigkeit nachgesagt. Der Stoff, der etwas kritisch gesehen wird, ist das Damascenin, ein Alkaloid). Aber hier gilt der alte Satz des Paracelsus: die Dosis macht das Gift.

In einer späteren Ausgabe des 17. Jahrhunderts der Teutschen Speißkammer von Hieronymus Bock (also nicht in der Erstausgabe) von 1630 werden zwei Pflanzen verschiedener Nigella-Arten, als „Schwarz Koriander“ (was aus botanischer , heutiger Sicht Unfug ist) bezeichnet.

Bei Bosch heißt es dann,  die dritte Art, die man Nigella damascenea nennt, habe auch einen schwarzen Samen, und der sei „von keinem Geruch“. Das scheint ein Irrtum zu sein. Die Samen der Nigella damascena haben einen durchaus intensiven Geschmack, der eher ins fruchtige, erdbeerartige geht. Tatsächlich hat man Nigella-Öl früher zur Herstellung künstlicher Erdbeeraromen verwendet.

Verschiedene Nigella-Arten bei Hironymus Bock

Nigella damascena kann man jedem Gartenfreund empfehlen, besonders den Faulen unter ihnen. Denn: einmal Nigella, immer Nigella. Die Samen säen sich immer wieder selbst aus, und finden sich dann an ihren Lieblingsplätzen (warm und Trocken) jedes Jahr wieder von neuem ein. Probiert ruhig einmal die zerstoßenen Samen auf einem gesüßten süßen Joghurt: es schmeckt wie künstliche Erdbeere und Kaugummi, und mit etwas Rote-Beete-Saft bekommt man auch noch die passende Erdbeerfarbe hin.

 

(H.W.)

 

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