Pflanze der Woche, 24. Februar – 2. März 2025
In der Redaktion für die „Pflanze der Woche“ seufzte man bereits genervt: „Jetzt fängt sie schon wieder mit dem Hufeisen an!“ Gemeint war die neue Praktikantin Nixi, die stets eine besondere Vorliebe für merkwürdige Symbolie und Vergleiche Immer wieder brachte sie das Thema zur Sprache – es war fast schon zu einer Eigenheit von ihr geworden.
Der Anlass für die neuerliche Diskussion war eine vermeintlich einfache Aufgabe: Unkraut zwischen den Pflasterfugen des Hofes zu entfernen. Doch anstatt das herausgerissene Pflanzenmaterial achtlos zu entsorgen, hielt es Heino für eine gute Idee, einige Exemplare zur Bestimmung vorzulegen – vielleicht war ja eine interessante „Pflanze der Woche“ darunter.
Nach einer Stunde kehrte Fräulein Nixi mit einem Fundstück zurück. „Die Blätter sind dunkelbraun“, stellte Heino fest. „Nein, die sind rot!“, widersprach sie entschieden. „Eindeutig braun“, beharrte er. „Aber das ist doch fast dasselbe“, gab sie zurück. „Rot und Braun…“ – Heino wusste, was jetzt kommen würde. „Ja, ich weiß: die Hufeisentheorie, schon hundertmal gehört!“
„Genau!“, erwiderte sie und hielt ihre Halskette hoch, die immerwieder auffällig vor ihrer ihrer Brust baumelte. Daran hing unter anderem ein imposantes, bunt bemaltes Hufeisen. „Ist ein Glücksbringer übrigens.“
„Bei uns werden Sie damit nicht viel Glück haben“, kommentierte Heino trocken.
„Dieser Klee bringt aber Glück“, entgegnete sie schlagfertig und deutete auf die Pflanze in ihrer Hand. „Auch wenn er braun und rot zugleich ist.“
„Na, dann schauen Sie doch mal, ob Sie ein vierblättriges Exemplar finden“, forderte Heino herausfordernd.
Nach der Mittagspause erschien Fräulein Nixi triumphierend mit einem vierblättrigen Kleeblatt an seinem Schreibtisch. „Bitte sehr!“
Heino musterte es skeptisch. „Das haben Sie garantiert nicht da unten im Hof gefunden“, bemerkte er den Schwindel. „Aber gut, dann schreiben Sie doch etwas darüber. Sie scheinen es ja mit Glücksbringern zu haben.“
Sein Blick fiel dabei auf das zweite Schmuckstück an ihrer Kette: ein längliches, rötliches Hörnchen. „Das habe ich aus Neapel mitgebracht“, erklärte sie.
„Steht Ihnen gut“, befand Heino, der sich mit dem Zugewinn zum Redaktionspersonal vielleicht doch ein klein wenig erwärmen könnte, wie er fand, wenn sie nicht so auserlesend frech und vorlaut wäre. (Und dass es mit Elfriede in letzter Zeit nicht mehr so gut lief, darüber tuschelte man bereits auf dem Flur).
„Vielleicht finden Sie heraus, was das mit der Pflanze zu tun hat“, ordnete Heino in jovialem Ton an.
Nun sind wir alle gespannt, was die „Hufeisen-Nixe“ in Erfahrung bringt, denn es gilt, gleich zwei Pflanzen zu bestimmen:
- Um welche verwandten Pflanzen könnte es sich handeln?
- Ist es möglich, dass Fräulein Nixi sie wirklich im Hof gefunden hat?
- Lässt sich der zweite Talisman von Fräulein Nixi mit einer der Pflanzen in Verbindung bringen?
- Eine Pflanze ist der rote Zapfen, den sie da an der Kette baumeln hat, jedenfalls nicht. Eher etwas Tierisches. Was ist das?
Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Schlüpfriger Fehltritt in den Kröllwitzer Bergen“): Tripmadam, Felsen-Fetthenne, Sedum rupestre, Sedum reflexum.
NhuDeng schrieb: „Das über die Sedum-Arten , vorligende enthnobotanische Material deutet jedoch darauf hin, dass in trique-, tripmadam(e) ein Sexualmotiv versteckt ist, mir gefällt die andere Erklärung besser:Tripmadam stamme aus trippe madame ,dicke, klotzige Frau‘ (mit Anspielung auf die kurzen, dicken Blätter) . Gefunden in“Tripmadam
Untersuchungen zu einer genitalbezogenen Benennungsmotivation aus dem Bereich der
Dickblattgewächse“ Gesucht waren : Tripmadam, Mauerpfeffer , Felsen-Fetthenne, Sedum rupestre“. So ist es, Danke und Glückwunsch, NhuDeng
Leonhard Fuchs schrieb in seinem „New Kreüterbuch“ von 1543 über verschiedene „Mauerpfeffer“-Arten, die er sowohl Sedum als auch Sempervivum nannte. Diese Bezeichnung, die „Immerlebendes“ bedeutet, rührt daher, dass die Pflanzen durch ihre fleischigen Speicherblätter scheinbar ewig leben und auch im Winter nicht erfrieren. Heute ordnen wir sie unterschiedlichen Gattungen innerhalb der Crassulaceae (Dickblattgewächse) zu. Da Fuchs jedoch kein Genetiker war, fasste er optisch und standortbedingt ähnliche Pflanzen zusammen, darunter auch die sogenannte „kleine Hauswurz“, die wir heute als Sedum reflexum, die Tripmadam, kennen.

Die Herkunft der vielfältigen, teils anrüchigen Namen von Dickblattgewächsen ist komplex. Es geht dabei keineswegs nur um weibliche Sexualität, wie der Name „Knabenkraut“ zeigt, den Fuchs für Tripmadam verwendete. Eine spannende Untersuchung hierzu bietet Jørgensen Brøndegaards Publikation aus dem Jahr 1986: Tripmadam: Untersuchungen zu einer genitalbezogenen Benennungsmotivation aus dem Bereich der Dickblattgewächse (Sudhoffs Archiv, Bd. 70, H. 2, 1986, S. 235-238). (Einen Link gibt es hier: https://www.bing.com/ck/a?!&&p=ef22a6d3be727aeb767522e44f66c963139a20cd292904aaeaae35a5780bf2adJmltdHM9MTc0MDA5NjAwMA&ptn=3&ver=2&hsh=4&fclid=19e9f1cb-388a-62fb-27a9-e451393c6339&u=a1aHR0cHM6Ly93d3cua3NsYS5zZS93cC1jb250ZW50L3VwbG9hZHMvMjAyMS8wNi9UcmlwbWFkYW0ucGRm&ntb=1)
Anbau und Pflege von Tripmadam
Tripmadam wird häufig als Zierpflanze in Steingärten kultiviert, kann aber auch im heimischen Kräutergarten wachsen. Die Pflanze ist anspruchslos, ausdauernd und winterhart. Sie vermehrt sich vegetativ durch kriechende Wurzeln und bevorzugt sonnige Standorte mit sandigen, nährstoffarmen Böden. Der Anbau erfordert keine besonderen Vorkehrungen, doch dichte, lehmige Böden sollten vermieden werden. Samen können ab März im Garten oder in großen Blumenkästen ausgesät werden. Die Ernte erfolgt durch Pflücken der Blätter und zarten Triebspitzen, vor allem zwischen Juni und August.



Verwendung in der Küche
Trotz ihrer leichten Giftigkeit wird Tripmadam in der französischen Küche als Salatgewürz geschätzt. Ihr leicht säuerlicher Geschmack passt zu Eintöpfen, Kartoffelgerichten und Wildkräutersalaten. Sie eignet sich zudem zur Herstellung von Kräuteressig, oft in Kombination mit Zitronenmelisse, Estragon oder Thymian. Auch für Kräuterquark und Remouladen wird sie in Frankreich genutzt. Tripmadam sollte frisch oder tiefgefroren verwendet werden, da sie getrocknet schnell ihr Aroma verliert. Beim Kochen empfiehlt es sich, die Blätter erst am Ende der Garzeit zuzugeben.
Tripmadam als Heilkraut
Im Mittelalter wurde Tripmadam zur Behandlung von Skorbut, Bluthochdruck und Harnbeschwerden eingesetzt. Sie wirkt harntreibend und ist reich an Vitamin C. Enthaltene Gerbstoffe könnten zudem die Behandlung von Arterienerkrankungen unterstützen. Teilweise wird ihr eine Wirkung gegen Warzen nachgesagt, wobei oft unklar bleibt, ob dies auf die scharfe Mauerpfeffer-Art Sedum acre oder die hier beschriebene Sedum reflexum zutrifft. In historischen Quellen, etwa bei Hochstätter (1831), wird Tripmadam primär als Würzkraut und nur selten als Heilpflanze genannt.
Weitere Pflanzen der Woche findet Ihr in unserem Archiv – seit 2016, ohne Auslassung, jede Woche eine.
4 comments on “Hufeisen und andere Glücksbringer”
Hornsauerklee, Oxalis Corniculata, ein rotblättriger sehr hartnäckiger Klee, mit zauberhaften gelben Blüten , den könnte Fräulen Nixi auch im Winter im Hof finden.
Aus der gleichen Familie stammt der Glücksklee, Oxalis tetraphylia. Hier handelt es sich um eine Zimmerpflanze, die nur im Sommer im Freien gedeiht. Um den Hals baumelt ein Tigerzahn und keine Paprika.
Allerdings eine Ähnlichkeit kann man selbst bei den Samen der Oxalis corniculata beobachten, sie sehen aus wie kleine Hörner, was uns der lateinische Name schon verrät.
Hornsauerklee hat nur 3 Blätter und Glücksklee, so wie der Name sagt“tetraphylia “ also 4.
Das scheint mir kein Tigerzahn zu sein. Warst Du mal in Neapel? Viele halten diese Glücksbringer für Chilies, es sind aber Cornicelli, die, wie so viele Glücksbringer, durchaus auch einen sexuallen Hintergrund haben: https://www.italienkompass.de/2021/05/cornicello-was-es-mit-dem-italienischen.html#:~:text=Seine%20Herkunft%20hat%20der%20merkw%C3%BCrdige%20Talisman%20in%20der,ab%20und%20bedeutet%20so%20viel%20wie%20%22kleines%20H%C3%B6rnchen%22.
Ja, ich war in Süditalien und auf meinen Fotos von den Ständen in Neapels berühmter Krippenstraße entdecke ich auch diese roten Hörnchen.