Pflanze der Woche: Heilige Kultur!
Scheibenkleister, das Rätsel der Vorwoche zur flachen Erde, zur Scheibenerde, zur Erdscheibe wurde wieder rasch aufgelöst. Ja, Elfriede, richtig geraten: Es ist das Alpenveilchen (Cyclamen). Das Wilde Alpenveilchen (Cyclamen purpurascens) wird zu deutsch auch Erdscheibe oder Erdbrot genannt. Weitere Namen sind Schweinkraut oder Saubrod, da die Schweine ihre Wurzeln lieben. Auch wenn es unter Naturschutz steht. Zugegeben, die Fotos zeigen Kulturexemplare der Gattung Cyclamen persicum, einer kleinasiatischen Einwanderin. Es ist eine eine robuste und im Vergleich zur Wildart weniger zierliche Zimmerpflanze. Und trotz des schönen Namens: Nur eine einzige Art der mit 22 Gattungen reichen Familie wächst in den Alpen. Cyclamen sind auch keine Familienmitglieder der Veilchengewächse, sondern der Primelgewächse. Es duften nur manche, zudem sehr dezent.
Aber warum der Exkurs zu den Flacherdlern? Der Name Erdscheibe rührt daher, dass ihre Pflanzenknolle eine abgeplattete, scheibenförmige Verdickung der Sprossachse ist, eine sogenannte Hypokotylknolle („unter dem Keimblatt“). Diese „Erdscheibe“ (kyklos, Kreis) ist auf dem Foto unseres schon sehr alten Exemplars in seiner Ruhephase gut zu erkennen. Die Knolle enthält Saponine, also giftige, schäumende Stoffe, die Fraßschädlinge abwehren. Am Mittelmeer wurden die aufbereiteten Knollen quasi an den Angelhaken gehängt oder zumindest als giftiger Köder im Netz ausgeworfen. Während Schweine nicht darauf reagieren (- nicht mangels Schwimmfähigkeiten, die hätten sie), sind für Fische bereits geringste Konzentrationen betäubend. Beim Loup de mer an Vanille-Knoblauchbutter fragt man sich dann: Wieviele Milligramm lösen eigentlich bei mir erste Vergiftungserscheinungen aus? (Für den Exodus müssten 8 g angeboten werden). Das hauptsächlich vorliegende Triterpensaponin namens Cyclamin besitzt die stärkste bisher bekannte hämolytische Wirkung, es geht also den roten Blutkörperchen an den Kragen. (Übrigens, auch anderswo wird mit Saponinen geangelt, z.B. in Asien mit dem Gift der Seegurken).
Peitschenhieb des Obristen
Nun hatte im Jahre 1896 der Künstler Herrmann Obrist einen Wandteppichentworfen, bestickt mit schlingenden Stängeln des Alpenveilchens. Es herrschte Aufbruchsstimmung, die Belle Époque Frankreichs ließ zahlreiche künstlerische Bewegungen entstehen. So in München den Jugendstil, begrifflich abgeleitet von der Zeitschrift „Jugend“. Während einer Ausstellung fühlte sich ein Besucher mit Blick auf das dynamische Stickwerk an den Knall eines Peitschenhiebes erinnert. Der Name des Wandbehangs war besigelt, seit mehr als hundert Jahren ist der Peitschenhieb vor allem in der Metallschmiedekunst ein feststehender Begriff. Wer bei manchen Stil-Balkongeländern genauer hinschaut, kann die Zyklamen vielleicht entdecken.
Scheibenerde
Wer sich jetzt noch mit mehr Thesen zur Scheibenerde auseinandersetzen möchte: Effess hat richtig recherchiert, über Google wird man schnell (und unzählig) fündig. Nach tragenden Gegenargumenten zum Beweis der Kugelgestalt sucht man – man staune – vielleicht ein wenig länger. Empfehlen kann ich folgende Seiten:
https://www.upendo.tv/globalist/flache-erde-theorie-widerlegt-5-beweise-fuer-den-globus
http://alles-schallundrauch.blogspot.de/2016/02/warum-die-erde-keine-scheibe-ist.html
(daraus aber nur die Gegenargumente!)
https://de.wikipedia.org/wiki/Terrestrische_Refraktion
https://i.ytimg.com/vi/a6AVAsLsJ5g/maxresdefault.jpg Eine Illustration, wie die flache Erde aussehen könnte. (Gibt es vielleicht auch als Klodeckel-Motiv.)
Wissenschaftlich bewiesen ist: Die Erde ist im Denken vieler Menschen noch immer eine flache Scheibe
In einer Studie (Deutschland, 2010) wurde gezeigt, dass die meisten Menschen (- naja, abgeleitet von den Studienteilnehmern) kognitiv noch immer davon ausgehen, die Erde sei NICHT rund. Erst wer persönlich Erfahrungen mit der Erdkrümmung gesammelt hat, kann sein Gedankenmodell anpassen. „Schiffe beobachten macht klug.“ Das ist vielleicht die interessanteste Erkenntnis aus unserem Wochenpflanzenbeitrag. http://www.experimental-psychology.de/ccc/docs/pubs/Carbon2010c.pdf
Auf dass die Erde sich weiterdrehen wird! Unser knapp 4,6 Milliarden alter Planet, auf der der Mensch so Vieles an Kultur hervorgebracht hat…
(A.S.)
KULTUR – unsere neue Wochenpflanze
(23-29. Januar)
Der Begriff Kultur in der deutschen Sprache seit Ende des 17. Jahrhunderts leitet sich ab von der Bewirtschaftung des Bodens und der Pflege geistiger Güter. (Ups, Komponisten wie Heinrich Schütz oder Henry Purcell agierten somit also noch „vorkulturell“?) Kant hat dem Begriff seinen kategorischen Imperativ aufgesetzt und mit moralischen Aspekten von der reinen Zivilisation abgegrenzt. Dass die Definition des Begriffs vielschichtig ist, bringt vielleicht der Kulturphilosoph Egon Friedell am besten auf den Punkt: „Kultur ist Reichtum an Problemen.“ Stopp, bevor wir wieder abschweifen: Einigen wir uns auf die uns eigene Dichotomie Kultur und Natur, ohne das genauer darzustellen. Es dürfte also keine Schnittmenge zwischen beiden Begriffen geben – und dennoch suchen wir eine Kulturpflanze…(?) Jedoch nicht auf den ersten Blick, manch einer wird sie nämlich für ein Unkraut halten. Und sie ist giftig (- was wiederum ihre vielfältige Nutzung erahnen lässt).Kaum eine Pflanze wurde so gut untersucht. Ihr Name sagt etwas über ihre Vermehrung aus. In der mittelalterlichen Edda und bei den neuzeitlichen Anthroposophen spielt sie eine Rolle – und eigentlich in allen Kulturen. An manchen Orten stellt diese Pflanze indirekt auch einen Wirtschaftsfaktor dar. Eigentlich lebt sie im Freien, zu manchen Zeiten aber dekorieren wir mit ihr unsere Räumlichkeiten. Ach, es wird immer skurriler: Auch mit Beethoven und dem Luftverkehr gibt es einen Zusammenhang (- hier könnte mal User @ronny beitragen!). Diese Pflanze hat etwas, was alles verbindet. Was ist das?
Wir wollen also wissen:
Von welcher Pflanze sprechen wir (Gattung)?
Warum spannen wir einen Bogen über den Kulturbegriff?
Wer kann das verbindene Element benennen?
(A.S.)
7 comments on “Heilige Kultur!”
Diesesmal kann ich selber mitraten, der/ die AutorIn hat mir nix verraten. Hm. Mistel ist es nicht, die ist nicht giftig.
Sieht aus wie ein leckeres Gewürz von der jungen Firma rezeptgewuerze.de aus Heide-Süd. Nur die schöne Keramikdose fehlt.
Auf dem zweiten Bild im Artikel sehe ich Trichomen! Nicht dass die Staatsanwaltschaft hier einreitet😣
Hinter den Axtschen Alpenveilchen versteckt sich etwas anderes? 😉
Etwas, was alles verbindet, könnten Seile sein. Oder Kleber, wie in der Mistel. Aber die isses ja nicht.
Es gibt ja unterschiedliche Meinungen dazu, wer „vergiftet“. Bezüglich der von dir angesprochenen Mistel: Die Giftzentrale Bonn gibt an, dass alles bis auf die Beere gering giftig ist. Das BfR veröffentlichte, dass alles giftig ist, auch die Beere. Aha.
Anderswo steht: „Gegenüber früheren Einschätzungen: Nicht giftig. “ Das gilt für Stängel, Blätter. Bei Beeren besteht noch Unsicherheit.
Weißt du da mehr? 🙂
Nö, ich lese die selbe Lektüre wie Du, glaub ich. Zur Giftigkeit von Cannabis gibt es, wie zur Mistel, sehr unterschiedliche Auffassungen, obwohl zu Cannabis sicher mehr Erfahrungsberichte von Konsumenten existieren dürften 🙂
Cannabistote sind m.E. ebensowenig nachgewiesen wie Misteltote ( Es sei denn, der Druide fällt beim Mistelschneiden vom Baum 🙂 )