Heilbringende Hohlköpfe

8. Juni 2020 | Bild der Woche | Ein Kommentar

Die Pflanze, die wir heute suchen, gehört wohl zu einem der ältesten Heilmitteln. Die Herkunft ihres Namens liegt im Dunkeln, er soll aus dem Griechischen abgeleitet sein, wo er „niedrig wachsender Apfel“ bedeutet. In der Tat wächst unsere Pflanze eher niedrig, aber sie trägt keine Früchte, die irgenwie etwas mit Äpfeln zu tun haben. Genutzt werden die Blüten, die zur Zeit (im Juni) überall zu finden sind, und zwar auf trockenem Ödland, wo sie gerne mit Klatschmohn vergesellschaftet sind. Der Duft ist etwas streng und hat eine gewisse „Krankenhausnote“. Das liegt daran, dass man  gelegentlich eine Abkochung der getrockneten Blüten hospitalisierten Patienten als Getränk verabreicht. Die Inhaltsstoffe sollen vor allem entzündungshemmend wirken, aber auch verdauungsfördernd und beruhigend wirken.

Als man Ende des Mittelalters begann, aus Heilpflanzen aromatische Wässerchen und sogar ätherische Öle zu destillieren, erlebten die Apotheker ein blaues Wunder: das Öl, das man durch Wasserdampfdestillation aus den getrockneten Blütenköpfen erhielt, war intensiv blau gefärbt. Dabei enthält die Pflanze überhaupt keine blauen Farbstoff. Chemiker sagen, die Substanz, die das Öl blau färbt, sei aromatisch.  Das ist allerdings keine Geschmacksfrage, denn die selben Leute finden auch das überaus stinkende und giftige Benzol „aromatisch“. Die Heilpflanze wird heute zur Gewinnung von Kräuterdrogen und Tees angebaut, früher schickte man im Sommer Schulklassen los, um die Blüten einsammeln zu lassen.   Allerdings: der Sammler darf die Blüte nicht mit ähnlich aussehenden Verwandten der Pflanze verwechseln. Die enthalten nämlich nicht die gesuchten heilsamen Wirkstoffe, sondern auch noch Substanzen, die Allergien auslösen. Das wichtigste Merkmal, wie man die gesuchte Heilpflanze von unwirksamen „Falschen“ Arten unterscheiden kann: Die „Echte“ hat einen hohlen Blütenkopf, was man leicht erkennt, wenn man ihn senkrecht durchschneidet.

Und hier sind unsere Fragen:

Wie heißt die gesuchte Pflanze?

Wie heißt der blaue Inhaltsstoff, und warum finden Chemiker ihn „aromatisch“?

(HW)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Blühfreudige, unterkühlte Schönheit“). Camelie, Camellia japonica.

Einbeck wusste es .  War auch nicht schwer zu erraten. Wenn ihre üppige Blütenpracht andauert, begeistert dieses Teepflanze immer wieder. Dank (?) der Klimaveränderung übersteht sie die Winter vielleicht im heimischen (Winter-)Garten problemloser. Meine Fotos stammen von Kamelia-Büschen im Gruga-Park in Essen. Tief beeindruckt hat mich im Frühjahr vor vielen Jahren die üppige Kamelienblüte am Lago Maggiore. Inzwischen erscheint die aber auch dort schon einige Wochen früher als üblich.

(Hans Ferenz)

Pflanze verpasst? Alle „Pflanzen der Woche“, seit Juni 2016, finden Sie hier in unserem virtuellen Hebarium.

Archiv: alle „Pflanzen der Woche“ von 2016-2020

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